2015 stand ganz im Zeichen der Flüchtlingshilfe. Auf einer Medienkonferenz am Montag blickten Soziallandesrätin Martha Stocker und der Direktor der Landesabteilung Soziales Luca Critelli auf das zu Ende gehende Jahr zurück. Zugleich stellten sie, zusammen mit Johanna Mitterhofer, Forscherin an der Eurac, eine neue Broschüre vor: „Asyl und Flüchtlinge in Südtirol“ soll kurz und verständlich die breite Öffentlichkeit zum Thema aufklären. Hier die gängigsten Fragen – samt Antworten.1. Werden wir von Flüchtlingen überrannt? Nur relativ wenige Asylsuchende schaffen es nach Europa. Der Großteil der Menschen bleibt in ihrer Region und hofft auf eine baldige Rückkehr in ihre Heimat. Die Länder, die aktuell die meisten Flüchtlinge beherbergen, sind daher nicht etwa Deutschland oder Schweden, sondern die Türkei, Pakistan, Libanon, Iran und Äthiopien. Im Vergleich zu Südtirol, wo derzeit weniger als 900 Asylbewerber untergebracht sind, leben in Nordtirol ungefähr 4500 Flüchtlinge in Aufnahmeeinrichtungen.2. Wie viele Asylbewerber kommen zu uns nach Südtirol? Südtirol nimmt 0,9 Prozent der Asylbewerber in Italien auf. Dieser Prozentsatz, kalkuliert auf Basis eines staatlichen Aufteilungsschlüssels, entspricht dem Bevölkerungsanteil Südtirols an der staatlichen Gesamtbevölkerung.3. Wie viele Asylbewerber befinden sich in Südtirol?In Südtirol befinden sich derzeit circa 900 Asylbewerber in insgesamt 14 Aufnahmeeinrichtungen. Weitere Einrichtungen sind geplant.4. Sind die meisten Flüchtlinge nicht eigentlich Wirtschaftsflüchtlinge?Religions- und Bürgerkriege, Terroranschläge und blutige Konflikte treiben Menschen aus den verschiedensten Ländern in die Flucht. Ob ein Anrecht auf Asyl besteht, wird für jeden Menschen im Rahmen des Asylverfahrens bewertet.Es darf allerdings nicht verschwiegen werden, dass auch wirtschaftliche Überlegungen (zum Beispiel Armut und Perspektivlosigkeit) ein Grund für die Migration sein können und ein bedeutender Anteil der Asylsuchenden letztendlich kein Asyl erhält. Da das Asylverfahren derzeit so gut wie die einzige Möglichkeit ist, legal in Europa einzureisen, beantragen auch Menschen Asyl, die in Europa eine Möglichkeit suchen, sich bzw. ihre Familie zu erhalten.5. Woher kommen die in Südtirol anwesenden Asylsuchenden?Die zurzeit in Südtirol anwesenden Asylsuchenden kommen hauptsächlich aus Zentralafrika (Gambia, Mali, Senegal, Nigeria, Ghana und ähnliche) sowie einigen asiatischen Staaten wie Irak, Afghanistan, Pakistan und Bangladesch.6. Kommen mit den Flüchtlingen auch Kriminelle und Terroristen?Viele Asylsuchende sind selbst vor dem islamistischen Terror und Vertreibung in ihrer Heimat geflohen. Man kann gewiss nicht ausschließen, dass es unter den Flüchtlingen auch solche gibt, die sich kriminellen oder terroristischen Vereinigungen angeschlossen haben. Aus Angst vor diesen wenigen sollten wir aber nicht unsere humanitären Verpflichtungen gegenüber Tausenden unschuldiger Menschen vergessen. Ein weitaus größeres Problem für Europa ist die Radikalisierung der eigenen Bevölkerung.7. Warum kommen so viele Männer?Weltweit sind die Hälfte aller Flüchtlinge Frauen. Viele bleiben allerdings in Flüchtlingslagern in den Nachbarländern ihres Heimatlandes, da die Flucht nach Europa teuer und gefährlich ist. In der Regel nehmen daher junge Männer den Weg nach Europa auf sich, um dann gegebenenfalls, bei positivem Asylbescheid, ihre Familie im Rahmen der Familienzusammenführung nachzuholen.8. Wie lange bleiben die Asylbewerber in den Aufnahmeeinrichtungen?Asylbewerber können so lange in der Aufnahmeeinrichtung bleiben, wie ihr Asylantrag behandelt wird. Durchschnittlich beträgt der Aufenthalt in den Aufnahmeeinrichtungen circa 15 bis 20 Monate. Wird ihrem Asylantrag stattgegeben, können die Menschen weitere 6 Monate in den Einrichtungen bleiben, bei negativer Entscheidung noch weitere 30 Tage bzw. bis zu Entscheidung über den eventuellen Einspruch gegen die negative Entscheidung.9. Wieso haben alle Flüchtlinge ein Smartphone?Das Smartphone ist oft der wichtigste Gegenstand, den die Flüchtlinge besitzen und die einzige Möglichkeit, bezahlbar den Kontakt mit Daheimgebliebenen aufrecht zu erhalten. Das Smartphone dient auch als Computerersatz: Übersetzungsprogramm, Stadtpläne und andere Apps können das Leben in Europa ungemein erleichtern. Die meisten Smartphones sind übrigens vereinfachte und billige Varianten der Modelle, die in Europa erhältlich sind.10. Wieso arbeiten Asylsuchende eigentlich nicht?Seit Ende September 2015 dürfen Asylbewerber laut italienischem Gesetz in der Regel ab dem 3. Monat nach Stellen ihres Asylantrags arbeiten. Die oft geringe Kenntnis der deutschen und italienischen Sprache bedeutet in diesen ersten Monaten eine große Hürde für die Aufnahme einer regulären Beschäftigung. Gemeinnützige Tätigkeiten und freiwillige Arbeitseinsätze sind den Asylsuchenden jedoch von Anfang an erlaubt.11. Wie geht es mit dem Asylantrag weiter?Das Asylverfahren kann folgende Ergebnisse haben:a) Anerkennung des Flüchtlingsstatus bzw. des subsidiärer Schutzes: Höchste Stufen der Anerkennung, die Personen sind grundsätzlich italienischen Staatsangehörigen gleichgestelltb) Humanitärer Schutz: Aufenthaltsrecht auf dem Staatsgebiet, aber ohne Gleichstellung mit italienischen Staatsangehörigen, zeitbegrenzte Gewährung, auf Antrag verlängerbarc) Ablehnung des Antrages: Die Personen verlieren das Aufenthaltsrecht im Staatsgebiet und können somit auch kein reguläres Arbeitsverhältnis abschließen oder eine Wohnung mieten. Viele bleiben allerdings trotzdem in Italien oder in anderen europäischen Staaten, viele sind dann obdachlos12. Und nach dem Asylantrag?Erfahrungsgemäß bleibt nach Verlassen der Aufnahmeeinrichtungen nur ein relativ kleiner Teil der Menschen in der Gemeinde, in der sie aufgenommen wurden. Dies gilt besonders für kleine und mittlere Gemeinden – in größeren Gemeinden ist auch der Anteil der Flüchtlinge, die längerfristig dort bleiben, deutlich größer._________________________________________________________________Die Fragen und Antworten sind nur einige jener Fragen, die in der Infobroschüre „Asyl und Flüchtlinge in Südtirol“ aufgelistet werden. Die Broschüre steht hier zum Herunterladen bereit. Informationsbroschüre Flüchtlinge und Asyl 109,55 kB