Müller steckt das Geschehen heute noch in den Knochen, auch und gerade 50 Jahre danach. Und auch der damals 7-jährige Georg Stecher erinnert sich im Gespräch mit s+ zurück an jenen „schwarzen Tag“.<BR /><BR />Vor 50 Jahren kam es im Zerzertal zu einem Lawinenabgang mit fatalen Folgen. Am 12. Februar 1972 waren Truppen des italienischen Heeres bzw. die 49. Kompanie des 5. Alpiniregiments von der Oberdörfer Alm bei St. Valentin aus zu einer Übung aufgebrochen. Die Wetterbedingungen waren alles anderes als gut, es hatte geschneit und auch die Lawinengefahr war gestiegen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="734993_image" /></div> <BR />Dennoch war die Truppe in der Früh gestartet, dann aber wurde nach kurzer Zeit der Rückzug befohlen. Dann geschah das Schreckliche: Eine Nachhut wurde von einer Lawine verschüttet, 18 Soldaten wurden mitgerissen. Einige davon konnten sich selbst aus dem Schnee befreien, andere konnten befreit werden. Für 7 Soldaten sei jedoch jede Hilfe zu spät gekommen: 6 seien unter der Lawine gestorben, einer beim Abtransport vom Unglücksort. Die Namen der Toten waren Domenico Marcolongo (21), Romeo Bellini (21), Duilio Saviane (27), Davide Tognella (21), Gianfranco Boschini (21), Valdo del Monte (21) und Luigi Corbetta (21). Sie stammten allesamt aus dem oberitalienischen Raum. <BR /><BR />Einer, der das hautnah miterleben musste, war <Fett> <Honorar>Heinrich Müller</Honorar> </Fett> aus Schlanders. Er war damals 27 Jahre alt, Unteroffizier beim Heer und wurde nach der Lawine von seinem Vorgesetzten, Leutnant Gianluigi Palestro, nach St. Valentin geschickt, um Hilfe zu holen. Müller steckt das Geschehen heute noch in den Knochen, auch und gerade 50 Jahre danach. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="737027_image" /></div> <BR /><BR />„Aus heutiger Sicht hätte das alles nie passieren dürfen“, sagt Müller. Man habe keine richtige Ausrüstung gehabt, keine Funkverbindung nach draußen, keine Lawinenschaufeln, kein Rettungskonzept, sagt er. So ein Unterfangen wäre heute nie möglich. <BR /><BR />Es stimme, dass die Wetterbedingungen samt Schneefall, Sturm und Wärmeeinbruch eigentlich gegen den Marsch gesprochen hätten. Man habe sich daher noch im Dunkeln mit Leutnant Palestro abgesprochen – und alle hätten sich dagegen ausgesprochen. Da die Schlanderser Artillerie sich aber von der Bruggeralm aus bereits in Bewegung gesetzt hatte – dorthin hatte man Funkkontakt – fragte der Leutnant dort nach.<BR /><BR />Es habe dann geheißen, dass das Wetter voraussichtlich besser werde und dass man daher den Marschbefehl des Oberkommandos ausführe. Daher habe auch Leutnant Palestro den Befehl zum Abmarsch gegeben – er wollte damit auch große Soldatenansammlungen vermeiden, wie sich Müller zurückerinnert.<BR /><BR />Die Truppe sei dann losmarschiert, an einer Lawinenschnur und im 10-Meter-Abstand. Der bereits zuvor angelegte Steg in Richtung Übergang Watles sei dann verschneit gewesen, das Fortkommen schwierig. Zudem war man mitten im Schneesturm, sagt Müller weiter. Beim Rückweg sei dann die Lawine abgegangen mit den fatalen Folgen.<BR /><BR />Heinrich Müller stand damals nicht an der Spitze der Befehlskette, aber er hat sich oft gedacht, dass man das Ganze hätte verhindern müssen – irgendwie. Man habe sich ja dann für den Rückzug entschieden, „aber leider zu spät“. Zudem habe niemand von der Truppe an die große Gefahr von Lawinen gedacht, er selbst habe keine Lawinenerfahrung gehabt, sondern habe einfach nur Skifahren können. Daher wurde er von seinem Vorgesetzten auch zu Tal geschickt, um Hilfe zu holen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="734999_image" /></div> <BR /><BR />Nach nunmehr 50 Jahren blickt Heinrich Müller betrübt auf diesen Tag zurück. Junge Menschenleben seien ausgelöscht worden, das wäre bei Einhaltung aller Sicherheitsbestimmungen heute nicht mehr möglich. Er hatte in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach an Jahrtags-Gedenkveranstaltungen teilgenommen, wobei dies immer sehr traurige Momente waren. Heinrich Müller selbst hat den 12. Februar 1972 überlebt, mit viel Glück, wie er selbst sagt. „Dafür bin ich einfach nur dankbar“. <BR /><BR /><b>„Schwarzer Tag für St. Valentin“</b><BR /><BR />„Der 12. Februar 1972 war ein schwarzer Tag für Hoad“, sagt Georg Stecher. Er war 7 Jahre alt, als an diesem Wintertag 7 Alpini im Zerzertal von einer Lawine verschüttet wurden und am Abend der Malser Arzt Karl Stampfer bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam.<BR /><BR />„Das Wetter war damals ähnlich wie heute“, erinnert sich Georg Stecher. Es gab viel Neuschnee und Wind und es war bitterkalt. Trotz dieser unwirtlichen Bedingung war eine Gruppe Alpini aus der Malser Kaserne für eine Winterübung im Zerzertal. <BR /><BR />Am 12. Februar 1972 wollten die Soldaten in das Schlinigtal übergehen. Sie wählten den Wanderweg, der aber durch einen Lawinenstrich führt. In der Nähe der Oberdörfer Alm löste sich eine Lawine und begrub 7 Soldaten unter sich.<BR /><BR />Erst Stunden später konnte Heinrich Müller aus Schlanders Alarm schlagen. „Damals gab es kein Weißes Kreuz und keine Bergrettung“, erzählt Georg Stecher. <BR /><BR />So wurde sein Vater Hubert Stecher verständigt. Er war Kommandant der Feuerwehr. „Er wollte die Sirene auslösen, um die Wehrleute zu alarmieren.“ Doch die habe keine Ton von sich gegeben, weil sie eingefroren war. „Also musste mein Vater mit dem Feuerwehrauto durchs Dorf fahren und die Leute alarmieren“, erzählt Georg Stecher. Die Hoader Feuerwehr teilte sich in 2 Gruppen: Eine fuhr mit dem damaligen Korblift bis auf die Haider Alm und dann mit Skiern in Richtung Unglücksort. Die andere versuchte mit einer Schneekatze über Gstoder zur Oberdörfer Alm zu gelangen. Doch umgestürzte Bäume versperrten den Weg und so mussten die Wehrleute zu Fuß weiter.<BR /><BR />„Mein Vater hat erzählt, dass die überlebenden Soldaten völlig geschockt waren und es nicht gewagt hatten, nach ihren verschütteten Kameraden zu suchen“, sagt Georg Stecher. Diese traurige Aufgabe blieb den Hoader Wehrmännern.<BR /><BR />Am Nachmittag seien die Toten ins Dorf und dann zurück in die Malser Kaserne gebracht worden. „Ich erinnere mich noch wie heute, dass die Straße für den Militärkonvoi gesperrt wurde.“<BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="735002_image" /></div> <BR /><BR />Die Angehörigen der Toten hielten den Kontakt in den Obervinschgau. Sie kamen regelmäßig im Sommer zu einem Gedächtnisgottesdienst an der Unglücksstelle und ließen in Erinnerung an die tödlich verunglückten Soldaten eine Kapelle errichten. „Da sind einige hundert Leute aus dem Raum Oberitalien gekommen“, berichtet Georg Stecher. Die Coronapandemie hat diese Tradition unterbrochen. Doch ist man zuversichtlich, sie bald wieder fortführen zu können. <BR />