Ab heute Prozess gegen Benno Neumair: Das ist der Weg bis zum Urteil - Chronik

Bereits heute wird die Verteidigung ihren Antrag auf ein verkürztes Verfahren erneuern, der in der Vorverhandlung abgelehnt worden war. Die Entscheidung liegt in Händen des Schwurgerichtes. Nach umfangreichen Ermittlungen und 2 Beweissicherungsverfahren beginnt heute am Bozner Landesgericht der Schwurgerichtsprozess gegen Benno Neumair, der sich wegen des Mordes an seinen Eltern Peter Neumair und Laura Perselli verantworten muss. Das Bozner Schwurgericht tritt um 14 Uhr zusammen. Den Vorsitz hat Richter Carlo Busato inne, beisitzender Richter ist Ivan Perathoner. Die 6 Geschworenen, die vor 2 Wochen ernannt wurden, sind ausnahmslos weiblich, zu Ersatzgeschworenen wurden 2 Frauen und ein Mann ernannt. Letztere verfolgen das ganze Verfahren mit, an der Urteilsfindung nehmen sie aber – sollte kein Geschworener ausfallen bzw. ersetzt werden müssen – nicht teil. Knapp 100 Zeugen benannt Bis zur Urteilsfindung dürfte es aber noch eine Weile dauern. Wie berichtet, sind insgesamt knapp 100 Zeugen benannt, die für Anklage, Verteidigung und Nebenkläger aussagen sollen. Den Anfang machen die Carabinieri, die im Mordfall ermittelt haben, dann dürften die Spurensicherer des RIS angehört werden, der Rechtsmediziner, der die Autopsie an den Mordopfern durchgeführt hat und wohl auch die psychiatrischen Gutachter. Zwar wurde die Expertise über Benno Neumairs psychische Verfassung zum Tatzeitpunkt bereits in einem Beweissicherungsverfahren erstellt, damit hätte dieses Gutachten Beweiskraft und die Experten müssten nicht mehr zwingend aussagen. Allerdings setzen die Rechtsanwälte Flavio Moccia und Angelo Polo bei der Verteidigung von Benno Neumair einen Schwerpunkt auf die Zurechnungs- bzw. Schuldfähigkeit ihres Mandanten. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass auch die Gutachter in den Zeugenstand gerufen werden dürften. Wie berichtet, waren die 3 Amtssachverständigen zum Schluss gekommen, dass Benno Neumair nur teilweise zurechnungsfähig war, als er seinen Vater Peter Neumair tötete, voll zurechnungsfähig hingegen beim Mord an seiner Mutter Laura Perselli. Die Gutachter der Verteidigung haben ihn hingegen bei beiden Morden als nur eingeschränkt zurechnungsfähig eingestuft. In diesem Fall könnte Benno Neumair ein verkürztes Verfahren beantragen, wodurch ihm eine Reduzierung des Strafmaßes um ein Drittel zugestanden würde. Heute wird die Verteidigung ihren Antrag auf ein verkürztes Verfahren, der in der Vorverhandlung abgelehnt worden war, erneuern, die Entscheidung liegt in Händen des Schwurgerichtes. Die Geschworenen für den Doppelmord-Prozess wurden am 14. Februar ernannt. Sie werden über ein mehrstufiges Verfahren ermittelt. Alle 2 Jahre erstellen bzw. aktualisieren Südtirols Gemeinden die Liste jener Bürger, die die Voraussetzungen für das Geschworenenamt erfüllen. Wie jemand Geschworener wird Die Betreffenden müssen im Alter zwischen 30 und 65 Jahren und italienische Staatsbürger sein sowie einen guten Leumund bzw. eine anständige Lebensführung haben (der Strafauszug wird später überprüft). Erforderlich ist der Abschluss der Mittelschule (für Schwurgerichte) bzw. der Matura (für Berufungsschwurgerichte ) und – bei uns – der Zweisprachigkeitsnachweis. Die Liste der Gemeinden wird dem Landesgericht übermittelt, dort werden daraus zunächst 500 Namen ausgelost, und aus diesen wiederum 50 für die engere Auswahl. Die ersten 30 bis 35 Personen in der Reihenfolge der Ziehung werden dann vorgeladen. Die Berufsrichter klären mit jedem einzelnen ab, ob es Vereinbarkeitsprobleme geben könnte – beispielsweise, falls der Geschworene mit dem Angeklagten verwandt oder bekannt ist oder Kontakte zu den Rechtsanwälten im Verfahren pflegt. Das Amt als Geschworener ist übrigens Bürgerpflicht, es kann also nur mit einer stichhaltigen Begründung abgelehnt werden (mehr über die Ernennung der Geschworenen erfahren Sie hier ).