Kinder mit ADHS, also einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung stehen im Alltag und besonders in der Schule vor großen Herausforderungen. Aber nicht nur sie stehen vor Schwierigkeiten, sondern auch ihre Eltern. Aus diesem Grund hat Judith im Juli in Bozen eine neue Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen. Bereits das erste Treffen war ein voller Erfolg: „Gewisse Dinge verstehen immer nur die, die es selber durchmachen. Daher tut es gut, sich mit anderen auszutauschen“, erzählt die Initiatorin. Sie ist Mutter von zwei Kindern und ihr 10-jähriger Sohn lebt mit der Diagnose ADHS. <BR /><BR />Das Familienleben erfordert viel Struktur und Planung: „Man muss seinen Alltag nach den Kindern ausrichten“, erzählt Judith. Bereits am Vortag plant sie den Ablauf des nächsten Tages, um das Kind möglichst wenigen Reizen auszusetzen und so viel Struktur wie möglich zu bieten. Das liegt daran, dass Kinder mit ADHS sehr sensibel sind und besonders stark auf Reize reagieren. Sie tun sich schwer, das Wichtige vom Unwichtigen zu trennen und sind sehr impulsiv. Gleichzeitig sind sie sehr kreativ, begeisterungsfähig und empathisch.<h3> „Jeder Tag ist unberechenbar“</h3>Mit der Diagnose sei jeder Tag unberechenbar: „Wenn es ihnen gerade gut geht, haben sie ein sehr hohes Leistungsniveau, aber das kann sich bereits in der nächsten Sekunde vollkommen ändern“, meint die Mutter. Die Störung tritt in unterschiedlichen Ausprägungen auf. Trotz der Unterschiede gibt es dennoch viele Parallelen zwischen den Kindern. „Es ist kräftezehrend, sich um sie zu kümmern und umso wertvoller ist es, wenn man sich mit anderen austauschen kann, die sich den selben Herausforderungen stellen müssen“, so Judith. <BR /><BR />Elf Personen waren beim ersten Treffen der Selbsthilfegruppe anwesend und sie nahmen zum Teil weite Wege aus verschiedenen Landesteilen Südtirols auf sich, um dabei sein zu können. Der Bedarf sei generell groß, viele Eltern hätten sich gemeldet, um der Selbsthilfegruppe beizutreten. Sie sei derzeit die einzige ihrer Art, für ADHS-Betroffene gebe es mehrere, bisher aber keine für ihre Eltern. <h3> „Man muss alternative Methoden ausprobieren“</h3>Solche Hilfsangebote seien für Judith besonders wichtig: „Bei Kindern mit ADHS kann man sich nicht auf die Schulmedizin oder die Psychologie verlassen, man muss alternative Methoden ausprobieren. Es handelt sich um keine Krankheit, die man therapieren kann, deshalb muss man selbst herausfinden, was funktioniert.“ <BR /><BR />Der Austausch sei vor allem wichtig, weil die Störung aufgrund des Mangels an Wissen mit vielen Vorurteilen behaftet sei. Auch in der Schule gebe es häufig Probleme: „Eigentlich wären die Lehrpersonen dazu angehalten, darauf einzugehen, wenn man ihnen die Diagnose meldet, das ist aber leider häufig nicht der Fall“, schildert sie. Dazu gehört beispielsweise ein reduziertes Programm für Betroffene oder weniger Hausaufgaben. <BR /><BR />Nicht zuletzt betrifft die Situation auch die Geschwisterkinder, die ebenfalls lernen müssen, mit den besonderen Herausforderungen des Familienalltags umzugehen. „Es wird besser, wenn sie älter werden, weil sie dann die Situation verstehen. Dafür braucht es aber viele Gespräche“, so Judith. Geschwister kämen häufig zu kurz, da der Alltag zum Großteil lediglich auf das Kind mit ADHS ausgelegt wird. <BR /><BR />Interessierte können sich zur Eltern-Selbsthilfegruppe entweder telefonisch (0471/18 88 110) oder per E-Mail (selbsthilfe@dsg.bz.it) anmelden.