Dottoressa Giulia Ferrari, Wissenschaftlerin an der Forschungseinheit für Angewandte Ökologie der Stiftung Edmund Mach in San Michele all'Adige, erläutert im Interview ihre Erkenntnisse. Sie hält am 11. Juni um 18 Uhr einen Vortrag über ihre Forschungen im Bozner Naturmuseum. <BR /><BR /><b>Dottoressa Ferrari, Sie erforschen die Auswirkungen von Extremwetterereignissen und Klimawandel auf alpine Ökosysteme und bedrohte Tierarten. Welche Erkenntnisse haben Sie bisher gesammelt?</b><BR />Giulia Ferrari: Seit einigen Jahren führen wir ein europäisches Forschungsprojekt durch, insbesondere im Gebiet des Parks Paneveggio Pale di San Martino im östlichen Trentino. Wie Sie bereits erwähnt haben, geht es um die Bewertung der Auswirkungen von extremen klimatischen Ereignissen, etwa die Wechselwirkungen des Sturms Vaia Ende Oktober 2018. Dabei werden sowohl wildlebende Arten berücksichtigt als auch Arthropoden-Vektoren wie Zecken. Unser Hauptaugenmerk liegt auf der Bewertung der Risiken und Schäden, die infolge der geänderten klimatischen Verhältnisse auftreten und Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1177086_image" /></div> <BR /><b>Sprechen Sie von Gesundheitsrisiken für Menschen?</b><BR />Ferrari: Ja, darauf weisen unsere vorläufigen Ergebnisse hin. Wir haben beispielsweise festgestellt, dass Vektoren wie Zecken in diesen beschädigten Waldgebieten ein größeres Angebot an Wirten vorfinden – also Nagetiere oder Huftiere wie Hirsche und Rehe. Aber es nimmt nicht nur die Verbreitung der Zecken zu, sie sind auch gefährlicher, weil sie vermehrt mit Bakterien, Parasiten und Viren infiziert werden. Dies wirkt sich wiederum aus auf die Krankheiten, die von Zecken auf Menschen übertragen werden können. Um es kurz zu sagen: Das Infektionsrisiko steigt. Vor allem für jene Menschen, die sich viel im Freien aufhalten. Umso wichtiger ist frühzeitiges Erkennen der Gefahren und Monitoring von Gebieten mit endemischem Potenzial. <BR /><BR /><b>All das zeigt, wie sensibel der Wald im Alpenraum und seine Bewohner auf die klimatischen Veränderungen reagieren, oder?</b><BR />Ferrari: Das ist zutreffend. Bei vielen Waldbewohnern haben wir es mit hochspezialisierten Arten zu tun, diese sind sehr empfindlich gegenüber Veränderungen in ihrem Lebensraum. Diese beeinflussen ihre Nahrungsgewohnheiten, Fortpflanzung, Wandergewohnheiten und letztlich ihr Überleben. Natürlich gibt es auch Arten, die von Schadereignissen profitieren. Dies zeigt sich beim Specht, der in den betroffenen Waldgebieten mehr Möglichkeiten des Unterschlupfs vorfinden konnte.<BR /><BR /><b>Was kann man tun, um das diese sensiblen alpinen Gebiete besser zu schützen?</b><BR />Ferrari: Diese Extremwetterereignisse sind kaum vorhersehbar. Grundsätzlich sollten wir alle notwendigen Vorkehrungen treffen, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen, also Ressourcen sparen und die Umwelt nicht ausbeuten. Wenn ein Ökosystem von einem Ereignis betroffen ist – so wie bei Vaia – dann muss man Maßnahmen für seinen Schutz setzen. Wie wir sehen, gehört dazu vor allem eine gute Waldbewirtschaftung, etwa indem der Borkenkäfer, ein wirklich schlimmer Schädling, bekämpft wird.