Die Seiser Alm zu Füßen des Schlern liegt auf einer Höhe von 1680 bis maximal 2350 Metern. Damit liegt sie nahezu gänzlich unterhalb der heutigen Waldgrenze in Südtirol, würde also ohne den Eingriff des Menschen völlig zuwachsen. <BR /><BR />In Südtirol schwankt die natürliche Waldgrenze nämlich aktuell zwischen 1900 und 2200 Metern. An klimatisch günstiger gelegenen Südhängen geht es weiter hinauf, an Nordhängen ohne vergleichbare Unterstützung der Sonne grob gesagt etwas weniger weit. Bäume können vereinzelt in besonders günstigen Lagen auch etwas höher wachsen, deshalb gibt es den Begriff Baumgrenze, die bei uns im Regelfall bei 2500 Metern liegt. <BR /><BR />Und deshalb wachsen auch keine Bäume auf dem Schlernplateau, denn dieses liegt gänzlich über der Waldgrenze und größtenteils über der Baumgrenze. Das Gebiet zwischen Wald- und Baumgrenze nennt man übrigens Kampfzone des Waldes. Die kurzen Vegetationszeiten in dieser Höhe bremsen das Baumwachstum stark ein. Ab der Waldgrenze gibt es deshalb keine geschlossene Vegetationsdecke mehr, nur noch vereinzelt schaffen es Bäume, sich durchzusetzen.<h3> Höhere Temperaturen, höhere Waldgrenze</h3>Wald- und Baumgrenze sind keine Fixgrößen. Sie hängen vom aktuellen Klima ab. Wird es wärmer steigen sie, wird es kälter sinken sie. Und die Schwankungen im Klima sind über die Zeit durchaus beachtlich. Als vor rund 11.700 Jahren die Eiszeit endete und sich Eis und Schnee aus Europa zurückzogen, wurden auch die Alpen von ihrem Eispanzer befreit.<BR /><BR />Nach etwa 1000 Jahren dieser Entwicklung war es dann ungefähr so warm wie heute. Aber die Temperaturen stiegen in den nächsten 1000 Jahren weiter an. Die meiste Zeit bis heute war Europa mit einem wärmeren Klima gesegnet, als wir es heute haben.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="950689_image" /></div> <BR /><BR />Erst vor ungefähr 4500 bis 3000 Jahren sanken die Temperaturen wieder und pendelten sich dann ungefähr im heutigen Bereich ein. Ziemlich genau zu jenem Zeitpunkt übrigens, als der berühmte Ötzi in den Ötztaler Alpen am oberen Ende des Schnalstales vor ca. 3500 Jahren starb. Wald- und Baumgrenze lagen in der Zeitspanne von vor rund 9700 bis eben 4500 Jahren in Südtirol aufgrund der höheren Temperaturen teilweise wesentlich höher als heute. <BR /><BR />Äußerst spannend ist in diesem Zusammenhang eine wissenschaftliche Untersuchung dieser Vorgänge durch Hanspeter Staffler von der Abteilung für Brand- und Zivilschutz der Autonomen Provinz Bozen sowie Kurt Nicolussi und Gernot Patzelt von der Universität Innsbruck.<BR />Die Forscher aus Bozen und Innsbruck untersuchten subfossile Holzreste und Brandhorizonte in den Tiroler Bergen. Daraus konnten sie Rückschlüsse auf die Waldgrenze in vergangenen Zeiten gewinnen. Für die Untersuchungen wählten sie die Ötztaler Alpen, die sich ja über das gesamte Gebiet zwischen Inntal und Vinschgau erstrecken, also auf beiden Seiten der Staatsgrenze. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="950692_image" /></div> <BR /><BR />Die meisten Probenentnahmen wurden entlang des Alpenhauptkamms vorgenommen. Das Ergebnis ist hochspannend: Vor und 9700 Jahren bildete laut den Wissenschaftlern die Zirbe auf rund 2500 Metern die Waldgrenze, welche sich dort mit kleinen Unterbrechungen 5 Jahrtausende lang hielt. Ziemlich exakt die Höhe des Schlerngipfels. Das Schlernplateau liegt zwischen ungefähr 2200 (Moarbodnalm) und rund 2400 Metern (Schlernhaus).<h3> Schlernplateau Jahrtausende lang bewaldet</h3>2500 Meter betrug also die Waldgrenze über Jahrtausende in den Südtiroler Bergen. Eine spektakuläre Zahl, denn dies bedeutet, dass der Wald lange Zeit um bis zu unfassbare 300 Höhenmeter weiter hinauf in unsere Bergen reichte. Und die Baumgrenze musste noch weitaus höher gelegen haben, vermutlich jenseits der 3000 Meter. Also höher als die meisten Gipfel in Südtirol. Jedenfalls weitaus höher als der Schlern in Höhenmetern auf die Waage bringt. <BR /><BR />Die einstige Baumgrenze lag in günstigen Lagen vielmehr auf einer Höhe wie jene des Gipfels des Langkofels. Das Schlernplateau dürfte damals also komplett bewaldet gewesen sein. Von der Seiser Alm ganz zu schweigen.<BR /><BR />