von Christian Tschurtschenthaler<BR /><BR />Mit dem Kriegseintritt Italiens am 23. Mai 1915 rückte das Bergdorf Sexten ins Zentrum des Frontverlaufs an der österreichisch-ungarischen Südgrenze. Schon im Juli fielen erste Granaten – Ziel der italienischen Truppen war die Eisenbahnlinie in Innichen, die militärischen Nachschub sicherstellte. Die Bevölkerung lebte in Angst, Anfang August ordnete das K&K-Kommando die Evakuierung an. In der Nacht vom 3. auf den 4. August mussten die Menschen ihr Dorf verlassen und nur mit den allernotwendigsten Habseligkeiten in Nachbardörfer fliehen.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1202772_image" /></div> <BR /><BR />Der ganze Ernst der Lage zeigte sich am Nachmittag des 12. August, als italienische Brandgaranten in die Pfarrkirche einschlugen und auch die umliegenden Häuser in Flammen setzten – 23 Gebäude verbrannten. Unter Lebensgefahr retteten Standschützen und Kaiserjäger noch Musikinstrumente, Fahnen und Heiligenbilder, der Rest wurde zerstört.<BR /><BR />Zeitzeugen berichten von einem Inferno: Carl Franz Rose, Hauptmann des Deutschen Alpenkorps, schilderte, wie das Feuer „Haus um Haus“ erfasste, bis schließlich der Kirchturm mitsamt den Glocken zusammenstürzte. Ein Kriegsberichterstatter schrieb von „zersplitterten Balken, halb geborstenen Dächern“ und „drinnen in der reinlichen Stube stehen noch die Betten frisch gemacht“. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1202775_image" /></div> <div class="img-embed"><embed id="1202778_image" /></div> <BR /><BR />Bereits Ende Juli hatte der Beschuss der beiden österreichischen Festungen Haideck und Mitterberg durch italienische Truppen vom Kreuzberg erste Opfer gefordert: Granaten trafen das Haus von Bürgermeister Josef Kiniger, dessen Ziehtochter ums Leben kam, seine Frau verlor ein Bein. Tags darauf traf eine Granate das Gasthaus „Post“ am Sextner Hauptplatz und tötete zwölf Soldaten im Speisesaal. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1202781_image" /></div> <BR /><BR />Den ganzen August rollte die italienische Offensive mit schwerem Artilleriefeuer, ohne Geländegewinne zu erzielen. Am 6. September wurde die Sextner Fraktion Moos von einer 28-Zentimeter-Granate getroffen – die gesamte Ortschaft brannte nieder.<BR /><BR />An eine schnelle Rückkehr in die Heimat war nicht zu denken. Der Krieg weitete sich aus, fraß sich im Gebirge an der Dolomiten-Front fest und brachte Tod, Leid und Zerstörung. Ob es jemals wieder Frieden geben würde, war für die Menschen in Sexten und ganz Tirol damals ungewisser denn je.