Am Ende fand sie die richtige Therapie. Heute ist sie wieder völlig gesund – und gibt Ratschläge, was Betroffenen helfen kann.<BR /><BR /><b>An welcher Coronavirus-Variante sind Sie Anfang Februar 2021 erkrankt?</b><BR />Prof. Stephanie Risse: Es war die britische Variante, die dann neutraler Alpha-Variante benannt wurde. Es gab damals bereits eine Impfung und ich hatte schon einen Termin. Als Lehrpersonal waren wir prioritär relativ weit vorne gereiht. Etwa 3 bis 4 Wochen vor dem Impf-Termin hat es mich erwischt. Vorher hatte Covid vor allem die Lunge angegriffen. Wir zählten dann zu den ersten, bei denen auch andere Organe angegriffen wurden – in meinem Fall der Kopf – das zentrale Nervensystem. Atmen war für mich kein Problem. Aber ich hatte unglaubliche Kopfschmerzen – bis zur Ohnmacht. Auch Schmerzmittel halfen nicht. Ich war gefühlt so krank, wie ich es noch nie in meinem Leben gewesen war.<BR /><BR /><b>Wie ging es dann weiter?</b><BR />Risse: Ich war relativ lange – 5 Wochen lang – Corona-positiv, mit weiterhin unglaublichen Kopfschmerzen. Im März 2021 habe ich dann wieder eine Woche gearbeitet und gemerkt: Das geht gar nicht. Ich bekam plötzlich wahnsinnige Herzbeschwerden und wurde mit dem Rettungswagen ins Spital gebracht. Dort fand man aber nichts heraus. Später folgte dann ein Fatigue-Anfall: Ich wollte vom Plose-Parkplatz zur Schatzer-Hütte wandern. Am ersten Tag ging das noch, am zweiten Tag wollte ich noch einmal dorthin, bin ein paar Schritte gegangen und habe dann aber gemerkt: Ich kann nicht mehr gehen. Ich kam keinen Schritt mehr weiter. Es war, als ob meine gesamte Lebensenergie aus mir herausgelaufen wäre – aus irgend einem Leck. Ich ging wieder zurück ins Auto, bin losgefahren. Kurz vor St. Andrä hatte ich dann einen richtigen „Crash“ und dachte: Jetzt kann ich nicht einmal mehr meine Augen offen halten. Ich habe eine Vollbremsung gemacht und bin rechts ran gefahren. Es ist, als ob dir jemand eine ganz starke Narkose-Spritze reinrennt und du verstehst nicht, wo das herkommt. Der ganze Körper wurde plötzlich runtergefahren. Das ist eine der ganz typischen Anzeichen für eine Fatigue: Der Körper kann die Energie nicht halten. Heute weiß ich, was das ist – damals nicht. Man bekommt da auch einen ganz unrhythmischen Puls. Nach dem heutigen Stand der Forschung sagt man: Das ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Das Immunsystem läuft quasi Amok. Es ist bekannt, dass bestimmte schwere Viruserkrankungen wie auch das Pfeiffersche Drüsenfieber oder die Schweinegrippe das schwere Fatigue-Syndrom auslösen können. <BR /><BR /><b>Wie viele Long-Covid-Erkrankte leiden unter dem chronischen Fatigue-Syndrom?</b><BR />Risse: Die Hälfte der Long-Covid-Patienten erfüllt die Kriterien für das chronische Fatigue-Syndrom. Dazu gibt es etwa 4500 CFS-Kranke in Südtirol, die bereits vor der Pandemie daran erkrankt sind. Ein Großteil der Patienten wird relativ stark in die Psycho-Ecke geschoben: Depression, Burnout, Stress. Dann wird es heikel: Denn womöglich erhalten diese Patienten dann Psychopharmaka, aber diese können den Zustand verschlechtern. Fatigue ist keine psychiatrische Erkrankung – das scheint aber noch nicht bei allen angekommen zu sein.<BR /><b><BR />Bei Ihnen ist dann noch eine Übersensibilität für akustische und optische Reize dazugekommen. Könnten Sie uns diese beschreiben?</b><BR />Risse: Ich konnte über Stunden nur mehr mit einer schwarzen Augenklappe im Bett liegen. Abends, wenn es dunkel wurde, ist es mir dann besser gegangen. Das Fenster blieb geschlossen, damit es ruhig war. In ein Café-Haus konnte ich nicht gehen – das wäre wie eine Folterhölle für mich gewesen. Ich habe alles gleich laut gehört – das führt dann zu einer totalen Überlastung und zu einer Überreizung. <BR /><BR /><b>Was hat Ihnen am Ende geholfen?</b><BR />Risse: : Letztendlich geholfen hat mir die Ionen-Zyklotron-Resonanz-Therapie – eine anerkannte Therapie, die man unter anderem bei schweren neurologischen Erkrankungen einsetzt. In Mailand wurde diese Therapie entwickelt und zufälligerweise hatte ein Brixner Hausarzt sich dieses Gerät angeschafft. Ich habe damit im Februar 2022 begonnen – ein Jahr nach der Erkrankung. Nach 2 Monaten und 20 Sitzungen bin ich vollkommen gesund geworden. Da begann ein richtiger Heilungsprozess. Ich konnte seit Ostern 2022 wieder richtig arbeiten, bin aber langsam eingestiegen. Heute geht es mir wieder gut.<BR /><BR /><b>Was raten Sie Betroffenen?</b><BR />Risse: Es gibt eine sehr gute Web-Seite der deutschen Gesellschaft ME/CFS. ME steht für Myalgische Enzephalomyelitis. Man kennt es vor allem unter CFS – die drei Buchstaben stehen für Chronisches Fatigue-Syndrom. Auf dieser Web-Seite gibt es sehr viele Hinweise. Zudem hat die Charité in Berlin aufgrund der Pandemie sehr viele Tipps und Handreichungen online gestellt – für Ärzte und Betroffene. Diese sind auch für Ärzte sehr hilfreich. Für Kinder und Jugendliche hat die Technische Universität München eine Spezialabteilung aufgebaut – die haben auch sehr viel auf die Web-Seite gestellt. Weiters hat mir die Selbsthilfegruppe sehr geholfen. Selbsthilfegruppen sind weltweit sehr gut vernetzt. Man muss seinen eigenen Weg finden. Es ist wichtig, nicht aufzugeben. Mein Appell an die Angehörigen lautet: Lasst diese Menschen nicht allein. <BR /><BR /><b>Sie planen ein Forschungsprojekt mit Ärzten..</b><BR />Risse: Ja – damit solche Krankheiten besser kommuniziert und diagnostiziert werden können.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />