Es ist heimelig: Nadiia hat Kuchen gebacken und stellt ihn – einladend – auf den Tisch. Dazu schenkt sie Grünen Tee ein. „Abends wird in der Ukraine immer Tee getrunken“, erzählt die dreifache Mutter in sehr passablem Italienisch. Heute kommt noch ein Grund zum Feiern dazu: Die Familie Baranov hat offiziell einen Mietvertrag und somit auch den Wohnsitz in Andrian erhalten.<BR /><BR />Davon hätte sie vor 2 Jahren nicht zu träumen gewagt. Denn damals, im Juli 2022, als die Baranovs wegen des schrecklichen Krieges aus Odessa am Schwarzen Meer flüchten mussten und in Bozen strandeten, gingen sie einer völlig ungewissen Zukunft entgegen. „Angst haben wir gespürt, richtige Angst“, erinnert sich Uliana, die 23-jährige Tochter. Der Verein Volontarius vermittelte die Familie nach Andrian, und schon wenige Tage nach dem Einzug in die von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Wohnung wich die Angst einer gewissen Zuversicht. „Die Leute waren nett und halfen uns“, sagt Nadiia, die in Odessa 30 Jahre lang als Krankenschwester gearbeitet hatte.<BR /><BR />Nadiia fand bald eine Saisonstelle in einer Gärtnerei in Moritzing. Ihr Mann ist Seemann, und Tochter Uliana hat ein abgeschlossenes Studium der Önologie. Beide arbeiten mittlerweile auch in einer Gärtnerei und fahren täglich mit dem Bus nach Gargazon. Die zweite Tochter, Sophia, kehrte hingegen in die Ukraine zurück, wo sie geheiratet hat und für die Baranovs den Kontakt zur Heimat hält.<h3> Beispiel guter Integration</h3>Uliana fühlt sich in Andrian sehr wohl. Von der Großstadt Odessa ins kleine Dorf zu ziehen machte ihr nichts aus. Im Gegenteil. Sie kann Italienisch und möchte nun auch Deutsch lernen. Ihr Bruder Tymofii hat mit Deutsch längst kein Problem mehr. Im Dialekt erzählt der 11-Jährige und Jüngste der Familie, dass er nun die 1. Klasse der Mittelschule in Terlan besucht. <BR /><BR />Timo, so nennen ihn alle, hat als Deutsch-Ukrainisch-Übersetzer eine Schlüsselrolle in der Familie. In der Grundschule in Andrian fand er – trotz anfänglicher sprachlicher Barrieren – schnell Freunde. War er in der Ukraine noch begeisterter Sänger und spielte Klavier und Gitarre, so führt inzwischen nichts mehr an Fußball vorbei. Mittlerweile gehört er der Spielgemeinschaft Etschtal an. <BR /><BR />Die Familie Baranov ist ein gutes Beispiel dafür, wie Integration gelingen kann. Ihr Wunsch, Teil der Dorfbevölkerung zu sein, hat sich erfüllt – auch weil sich die Baranovs immer wieder einbringen. So bereitete sie zum Beispiel für die allgemeine Adventfeier ukrainische Spezialitäten zur Verkostung zu.<BR /><BR />Sonntags pflegt die Familie ein wichtiges Ritual. Sie besucht die orthodoxe Messe in Meran und betet mit den anderen orthodoxen Gläubigen für den Frieden. Timo ist dort Ministrant, was ihn nicht daran hindert, in der Schule am Religionsunterricht teilzunehmen. <h3>Sind froh und dankbar</h3>Die Baranovs sind froh und dankbar, in Andrian einen Zufluchtsort und ein neues Zuhause gefunden zu haben. Sie wurden mit offenen Armen aufgenommen. „Die Leute hier sind wie eine zweite Familie. Alle grüßen, sind freundlich und unterstützen uns“, betont Nadiia, <BR /><BR />Viel Hilfe komme auch von der Gemeinde. Der neue Mietvertrag ist für alle eine Erleichterung. „Wir können nun mit etwas mehr Gelassenheit nach vorne blicken“, sagt Nadiia. Schließlich wisse niemand, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauert und was danach kommt.