Die geplante militärische Aufrüstung des Westens hält der Theologe für ein „friedenspolitisch verheerend falsches Signal“.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="745814_image" /></div> <BR />Dass westliche Staaten angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine angekündigt haben, militärisch wieder aufzurüsten, hält der aus Aldein stammende Moraltheologe Martin Lintner „friedenspolitisch für ein verheerend falsches Signal“. Er hoffe vielmehr, „dass sich die getroffenen Sanktionen außen- wie innenpolitisch schon sehr bald derart negativ auf Putin und sein Gefolge auswirken werden, dass in Zukunft jeder gewarnt ist, solche Kriege vom Zaun zu brechen“.<BR />Lintner äußerte sich im Interview mit der Kirchenzeitung „Katholisches Sonntagsblatt“. <BR /><BR />Aus moraltheologischer Sicht gehe es seitens der Ukraine um Selbstverteidigung gegen einen Aggressor, „die als soziale Notwehr zu werten ist“. Das Fünfte Gebot – „Du darfst nicht töten“ – werde durch den russischen Angriffskrieg verletzt, „und zwar unabhängig davon, dass Putin völlig verantwortungslos unerfahrene 20-/21-jährige Soldaten in den Krieg schickt und deren fast sicheren Tod in Kauf nimmt“, so Lintner. Allerdings komme es bei solchen Kriegen fast unausweichlich zu Kriegsverbrechen auf beiden Seiten. „Die Weste keiner der beiden Seiten wird weiß bleiben“, so der Theologe.<h3> Sind Waffenlieferungen gerechtfertigt?</h3>Zur Frage, ob die Waffenlieferungen an die Ukraine gerechtfertigt sind, meinte Lintner, dass diese Frage unter normalen Umständen klar zu verneinen. In der dramatischen aktuellen Situation gehe es aber darum, „dass sich die Ukraine gegen einen übermächtigen Gegner verteidigt, von dem sie völkerrechtswidrig überfallen worden ist“, so der Theologe, und weiter: „Waffenlieferungen sind hochproblematisch. Sie verlängern den Konflikt, und es nicht kontrollierbar, in wessen Hände die Waffen letztlich gelangen. Doch ebenso problematisch wäre es, die Ukraine sich selbst zu überlassen. Auf das pazifistische Ethos der Gewaltfreiheit kann ich mich berufen, wenn ich selbst Opfer von Aggression bin, aber es kann kein Vorwand sein zuzusehen, wie andere Opfer von Gewalt werden.“<BR /><BR />Die Geschichte lehre, „dass Menschen eher bereit sind, für ihre Freiheit zu kämpfen und zu sterben, als in Unfreiheit und Unterdrückung zu leben“. Lintner erinnerte daran, dass in der Ukraine allein bei den von Stalin bewusst provozierten Hungersnöten in den 1930er-Jahren Millionen Menschen starben. Das habe sich in das kollektive Gedächtnis vieler Ukrainer wie ein Trauma eingebrannt.<BR /><BR /> Lintner: „Eltern fragen sich, in was für einem Land ihre Kinder aufwachsen: in einer Diktatur mit unterdrückten Menschenrechten und der Verfolgung von Andersdenkenden und Minderheiten oder in einer freien Demokratie westlichen Musters, für die bereits bei der Maidan-Revolution 2014 Ukrainer ihr Leben verloren haben.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-53249547_quote" /><BR /><BR /><BR />Für sie käme eine Kapitulation nur infrage, wenn sie nachher die Garantie hätten, nach ihren Wertvorstellungen, in Freiheit, auch in freier Wahl der christlichen Konfession leben zu können, so der Theologe: „Vergessen wir nicht, dass es zur Zeit des Sowjetkommunismus zu Zwangskonversionen von anderen christlichen Konfessionen zur Russisch-orthodoxen Kirche kam, sodass sich viele Christen nach dem Zerfall der Sowjetunion vom Moskauer Patriarchat abgewandt haben.“<BR /><BR />Die neue unabhängige Orthodoxe Kirche der Ukraine werde deshalb auch vom Moskauer Patriarchat vehement abgelehnt und nicht zuletzt deshalb habe der Patriarch von Moskau die Invasion der Ukraine ideologisch befürwortet. <BR /><BR />Das sei freilich „eine Katastrophe für die christliche Ökumene“, so Lintner: „Während Papst Franziskus den Krieg scharf verurteilt und ein sofortiges Ende fordert, rechtfertigt der Moskauer Patriarch Kyrill den Krieg als 'spirituellen' und 'metaphysischen' Kampf gegen die Mächte des Bösen und gegen die westlichen Werte.“<BR />