Damit der Tunnel seine volle Wirkung zeigt, also den Verkehr entlang der Brennerachse entschärft, müssen jedoch auch die Zulaufstrecken, Umfahrungen & Co. schnellstmöglich errichtet werden. Der BBT-Experte erläutert den Stand der Dinge.Eine Tunnellänge von 56 Kilometern mitten durch die Berge der Alpen, 21,5 Millionen Kubikmeter Gestein werden hierfür ausgebrochen – das entspricht rund acht Cheops-Pyramiden. Die Fahrtzeit zwischen München und Verona soll sich auf 2 Stunden und 28 Minuten verkürzen, jene zwischen Bozen und Innsbruck nur mehr 45 Minuten dauern. Auf dem Brennerbasistunnel lastet große Hoffnung: Er soll nicht nur den Personenverkehr auf ein neues Level bringen, sondern gleichzeitig den Schwerverkehr von der Straße auf die Schiene verlagern.<BR /><BR />Umso erfreulicher zu hören, dass man in Südtirol bei den BBT-Bauarbeiten rasch vorankommt, wie Martin Ausserdorfer informiert. „Seit über einem Jahr sind diesseits des Brenners sowohl die beiden Haupttunnelröhren als auch der Erkundungsstollen fertig ausgebrochen“, weiß er. Was den Erkundungsstollen anbelangt, ist es heute auch auf Nordtiroler Seite so weit. „Der Durchbruch des Erkundungsstollens ist ein Meilenstein. Erstmals sind Österreich und Italien unterirdisch durch einen Tunnel verbunden“, freut sich Ausserdorfer.<BR /><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1214391_image" /></div> <BR /><BR />Doch wie geht es nun weiter? „In Österreich werden die Haupttunnelröhren fertig ausgebrochen“, so Ausserdorfer. „Parallel dazu leiten wir die Ausschreibung für die Installation der gesamten Bahntechnik in die Wege.“ Der Direktor der BBT-Beobachtungsstelle rechnet mit Beginn der Errichtung von Schienennetz, Belüftungsanlagen, Stromversorgung und allem Drum und Dran im Jahr 2028.<h3>Innsbruck als Vorreiter bei den Zulaufstrecken</h3>Damit der Brennerbasistunnel die großen Hoffnungen, die auf ihm lasten, erfüllt, müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen – und damit Zulaufstrecken, Umfahrungen, Terminals & Co. „Die mittlerweile knapp 160 Jahre alte Brennerbahnlinie wird Schritt für Schritt modernisiert und ausgebaut“, erklärt Ausserdorfer. „Mit der alten Strecke allein ist die Eisenbahn nicht wettbewerbsfähig.“ Bei jenen Abschnitten, die wegen ihrer hohen Steigung oder enger Kurven den Einsatz von Schnell- und Güterzügen erschweren – auf der Brennerbahnlinie keine Seltenheit – müssen neue Lösungen her. Der BBT selbst ist hier das größte Projekt, aber nur eines von vielen: Entlang der gesamten Brennerbahnlinie werden Neubauten geplant und umgesetzt.<BR /><BR />Vorreiter ist die Stadt Innsbruck. „Bereits vor den Anfängen der BBT-Bauarbeiten hat man dort die Unterinntaltrasse, also eine größtenteils unterirdische Umfahrung der Stadt, errichtet“, weiß Ausserdorfer. Künftig soll sie als Zulaufstrecke für den BBT dienen, doch auch heute ist sie schon in Betrieb und lenkt einen großen Teil des Zugverkehrs – in erster Linie Güterzüge – um Innsbruck herum. Weiters wird in Nordtirol bereits am Zulauf Kufstein-Radfeld gebaut. In Bayern hinkt man hingegen hinterher. „Die Deutsche Bahn hat bereits einen Plan für die BBT-Zulaufstrecke ausgearbeitet, er wurde jedoch noch nicht genehmigt“, weiß Ausserdorfer. In naher Zukunft soll der Plan aber im Bayerischen Landtag behandelt werden.<BR /><BR />Die prioritären Baulose in Südtirol sind indes die Zulaufstrecke Franzensfeste-Waidbruck und die Umfahrung von Bozen. „Erstere befindet sich bereits in der Bauphase, die Bozner Umfahrung soll noch dieses Jahr genehmigt werden“, sagt der Direktor der BBT-Beobachtungsstelle. „Die Zulaufstrecke bei Franzensfeste soll gleichzeitig mit dem Brennerbasistunnel in Betrieb genommen werden, Bozen unmittelbar danach.“ In einem zweiten Moment folgen die Zulaufstrecken Waidbruck-Blumau und Branzoll-Salurn. „Im Herbst wird der Bauleitplan zu diesen Projekten eingetragen und die Umweltprüfung durchgeführt“, so Ausserdorfer. „Alle Zulaufstrecken in Südtirol sollen unterirdisch bzw. in Tunneln verlaufen.“<BR /><BR />Blickt man weiter südlich, wird ebenso schon fleißig gebaut: an der Umfahrung in Trient. Genauso wie für Bozen soll auch für die Trentiner Landeshauptstadt eine Umfahrung errichtet werden, damit Güterzüge Zeit sparen und nicht unnötig den Regionalverkehr belasten. „Dasselbe gilt für Rovereto. Dort wird derzeit der ideale Trassenverlauf ermittelt“, so Ausserdorfer. Etwas weiter ist man indes bei der neuen Einfahrt in die Brennerbahnlinie bei Verona – diese befindet sich bereits in der Phase der Genehmigung.<BR /><BR />Hier sehen Sie den Stand der Dinge dargestellt in einer interaktiven Grafik:<BR /><BR /> <div class="embed-box"><div class="container-wrapper-genially" style="position: relative; min-height: 400px; max-width: 100%;"><img src="https://img.genial.ly/5fd380c29270490f70f47a03/f30fb79b-ab39-43a4-b16e-6acb3b0565c8.jpeg" class="loader-genially" style="position: absolute; top: 0; right: 0; bottom: 0; left: 0; margin-top: auto; margin-right: auto; margin-bottom: auto; margin-left: auto; z-index: 1;width: 80px; height: 80px;"/><div id="68cbd73715eafe42c5604f69" class="genially-embed" style="margin: 0px auto; position: relative; height: auto; width: 100%;"></div></div><script>(function (d) { var js, id = "genially-embed-js", ref = d.getElementsByTagName("script")[0]; if (d.getElementById(id)) { return; } js = d.createElement("script"); js.id = id; js.async = true; js.src = "https://view.genially.com/static/embed/embed.js"; ref.parentNode.insertBefore(js, ref); }(document));</script></div> <h3>Das passiert mit der alten Brennerbahnlinie</h3>Trotz dieser ganzen Neubauten hat auch die alte Brennerbahnlinie noch ihren Nutzen. „Schnell- und Güterzüge werden Zulaufstrecken passieren. Der Regionalverkehr läuft hingegen weiter über die alte Bahnlinie“, erklärt Ausserdorfer. So entsteht viel mehr Platz für die Regionalzüge. „Zurzeit kommt es hier immer wieder zu Engpässen, doch in Zukunft sind viel mehr Trassen frei.“ Man sei flexibler. Falls nötig, könne der Regionalzug auch den BBT nutzen.<BR /><BR />Während die Kosten für den Brennerbasistunnel im Jahr 2002 auf rund 4,5 Milliarden Euro angesetzt wurden, hat sich diese Prognose im Laufe der Jahre erhöht – Stand 2023 auf 10,5 Milliarden Euro. „Zwischen Teuerung, Pandemie und Ukraine-Krieg haben unvorhersehbare Ereignisse die Kosten in allen Lebensbereichen in die Höhe getrieben – genauso beim Brennerbasistunnel“, sagt Ausserdorfer. Im Rahmen der Prognose von 10,5 Milliarden Euro werde es nun aber bleiben. <BR /><BR />Während man in Bayern noch auf größeren Widerstand trifft, ist hierzulande die Kritik am BBT über die Jahre hinweg verstummt, meint Ausserdorfer. „Viel mehr fragen sich die Leute heutzutage, wann das Projekt endlich fertig ist, anstatt es zu kritisieren.“ Der Direktor der BBT-Beobachtungsstelle blickt nach dem heutigen Meilenstein jedenfalls positiv in die Zukunft. „Der Tunnel ist ein Jahrhundertprojekt für ganz Europa. Ich bin froh, dass wir diese Chance genutzt haben“, sagt Ausserdorfer. Noch ist etwas Geduld gefragt, in sieben Jahren dürfte das Bauwerk aber vollendet sein: Der längste Eisenbahntunnel der Welt verläuft dann durch Südtirol.