Wo die Wölfe leben, wie viele und welche von ihnen regelmäßig durch Südtirol streifen: ein Überblick.<BR /><BR /><BR /><BR />Zu sehen ist die Wolfspräsenz in Südtirols Nachbarprovinz auf einer Karte, entnommen dem Bericht über große Beutegreifer der dortigen Landesregierung aus dem Jahr 2020: Mindestens 17 Rudel waren es 2020, jedes ist auf der Karte nummeriert und einem Gebiet zugeordnet. „Es ist wahrscheinlich, dass die Zahl der Rudel inzwischen angestiegen ist“, sagt Benedikt Terzer vom Südtiroler Jagdverband.<BR /><BR />Jeder hellblaue Punkt (siehe untenstehende Karte) steht für Wölfe, die in dem Gebiet gesehen oder anhand ihrer Hinterlassenschaften identifiziert wurden. Die große Dichte solcher blauer Punkte gerade an den Grenzen zu Südtirol mag Wanderern ein klammes Gefühl bescheren – gerade angesichts der jüngsten <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/trentiner-landesregierung-will-abschuss-von-woelfen" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Attacke eines Wolfsrudels, das den Hund eines Spaziergängers im Trentino vor dessen Augen zerfleischte.</a> Auch der Mann konnte die wilden Tiere erst abschütteln, als ihm herbeigerufene Einsatzkräfte zu Hilfe kamen: Förster, Rettungskräfte, Feuerwehrmänner.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="726611_image" /></div> <BR />Je mehr Rudel es in der Nachbarprovinz gibt, desto größer wird auch der Druck auf Südtirol. Besonders 4 der Trentiner Wolfsrudel sind für Südtirol potenziell ein Problem: das Rudel am Roen, jenes am Oberen Deutschnonsberg, das im Ultner Gebiet und jenes in Fassa. Sie alle wechseln regelmäßig nach Südtirol über. Immer wieder reißen sie Wild- und Nutztiere. Nicht jeder Vorfall wird bekannt. Aber die Anwesenheit des Wolfes hat in Südtirol Spuren hinterlassen.<BR /><BR /><b>In Südtirol auch Gruppen von Wölfen unterwegs</b><BR /><BR /> „Im Jahr 2020 wurden vom Amt für Jagd und Fischerei 140 Nachweise in der Datenbank archiviert. Diese Daten stammen von 199 direkten oder indirekten Einzeldaten von einem sicheren oder wahrscheinlichen Vorkommen der Art Canis lupus in der Provinz Südtirol“, heißt es auf der Webseite des Amtes für Land- und Forstwirtschaft. Südtirolweit hätten im Jahr 2020 15 verschiedene Wölfe genetisch erhoben werden können. Davon seien 5 männliche und 10 weibliche Tiere. „Von den 15 erhobenen Wölfen wurden bereits 5 Tiere im Jahre 2019 bestätigt. Hinsichtlich der Anzahl von Wölfen kann in Südtirol im Jahr 2020 von einer Mindestzahl von 18 bis 22 Individuen ausgegangen werden.“<BR /><BR /> „Keine eindeutigen Nachweise auf eine erfolgreiche Reproduktion“ habe es gegeben: Das heißt, noch gibt es in Südtirol kein eigenes, heimisches Rudel. „Anhand der gesammelten Nachweise können jedoch einige Zonen von Gruppierungen von Wölfen (2 bzw. mehrere Tiere) ausgewiesen werden. Diese fallen ins Gebiet von Deutschnonsberg, hinteres Ultental und die Provinzgrenze im südlichen Pustertal zu Belluno“, schreibt das Amt für Land- und Forstwirtschaft.<BR /><BR /><b>Terzer: „Wölfe vermehren sich exponentiell“</b><BR /><BR />Schaue man sich das exponentielle Wachstum der Rudel in der Nachbarprovinz Trient an, sei es einfach, sich auszumalen, auf welche Lage auch Südtirol zusteuere, mahnt Benedikt Terzer. „Trient ist uns in der Entwicklung 8 Jahre voraus: 2011 haben sich die ersten Wölfe bei den Monti Lessini niedergelassen.“ Wie sich die Lage entwickelt habe, sei bekannt.<BR /><BR />Ein Blick auf die Statistik aus Trient zeigt, wie schnell das geht:<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="726614_image" /></div> <BR />Für Deutschland habe man errechnet, dass sich der Wolfsbestand alle 3 Jahre verdopple. Darum glaubt Terzer, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis auch in Südtirol Rudel nachgewiesen werden könnten. <BR /><BR />Diese Ansicht teilt Günther Unterthiner, Direktor der Landesabteilung für Forstwirtschaft: „Die Ausbreitung der Wolfspopulation, der Druck kommt vom Süden her. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich bei uns Rudel festsetzen.“ Zumindest, solange es keine Möglichkeit des Management gebe: „Wir haben nur die Möglichkeit vorbeugend einzugreifen, zum Beispiel mit Herdenschutz. Aber das Management ist leider Gottes noch immer in weiter Ferne.“<BR /><BR /><BR /><b>Immer wieder dieselbe Forderung: Regulierungsmaßnahmen</b><BR /><BR /><BR />Alarmiert ist nun hierzulande wie im Trentino alles. Landeshauptmann Maurizio Fugatti sagte: „Es ist entscheidend, den eingeschlagenen Weg bei der Wildbeobachtungsstelle ISPRA und dem zuständigen Ministerium zu Ende zu gehen, um die Wölfe in unserem Gebiet besser kontrollieren und sie auch abschießen zu können, um Sicherheit zu garantieren.“<BR /><BR />Auch der Präsident des Südtiroler Wirtschaftsdienstleisters IDM, <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/wolfsabschuesse-muessen-ermoeglicht-werden" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hansi Pichler</a>, und der Obmann des Südtiroler Bauernbundes, <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/die-bauern-haben-die-schnauze-voll" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Leo Tiefenthaler</a>, mahnen die Gefahr an, die vom Wolf ausgeht. Nun sei die Politik gefordert.<BR /><BR />Bereits in der vergangenen Woche haben Südtiroler und Trentiner Vertreter auf technischer Ebene bei der Staatlichen Wildbeobachtungsstelle ISPRA vorgesprochen, um ein Management zu erreichen, berichtet Günther Unterhiner: „Aber es ist nicht einfach.“ Selbst der Techniker der ISPRA sei der Meinung, dass die Nutzung des ländlichen Raumes in Frage gestellt sei, wenn parallel zu Vorbeugemaßnahmen wie dem Herdenschutz nicht auch Managementmaßnahmen möglich seien. „Auch für den Schutz der Spezies Wolf und ihrer Akzeptanz in der Bevölkerung möchten wir es möglich machen, Ausreißer zu entnehmen“, erklärt Unterthiner.<BR /><BR />„Wir haben 2020 konkret um die Entnahme auffälliger Raubtiere in Villnöß angesucht. Das wurde verneint, weil in unserer Dokumentation zu wenig erklärt worden sei, dass der Wolfbestand in Südtirol ausreichend groß sei.“ Dabei, so erläutert Unterhiner, müsste das Einzugsgebiet des Wolfes nicht allein auf Südtirol bezogen werden, sondern auf ein viel größeres, etwa das Trentino und Friaul.<BR /><BR />Dass die jüngste Attacke auf den Wanderer und seine Hunde im Trentino etwas bewege, das hoffe er: „Es ist traurig, dass erst etwas weitergeht, wenn Vorfälle passieren, die gravierender sind als jene, die wir bisher hatten. Bei Hunden ist die Gesellschaft offenbar sensibler als bei Weidetieren.“ Ein Fenster scheine sich aufzutun, meint Unterthiner: „Aber in Enthusiasmus kann ich noch nicht verfallen.“<BR /><BR /><BR />Bis eine Entnahme von Problemwölfen möglich ist, wird freilich noch viel Zeit vergehen. Die Frage ist, wie viel Zeit Südtirol noch bleibt.