Alle Details zu den psychiatrischen Einschätzungen der Amtsgutachter und jener der Verteidigung lesen Sie hier.<BR /><BR /><BR />Die Gutachter bleiben über Benno Neumairs Zurechnungsfähigkeit uneins. <BR /><BR />Ein Mensch, der manipuliere und Lügen erzähle, der immer wieder gescheitert sei und der sich in der Familie als schwarzes Schaf gesehen habe: So haben gestern die psychiatrischen Amtsgutachter Benno Neumair charakterisiert. Seine Schilderung des Mordes an seinem Vater Peter Neumair und seiner Mutter Laura Perselli erachteten sie indes als glaubwürdig. <BR /><BR />Benno Neumairs Erklärung sei durchaus plausibel. Dem Mord an seinem Vater seien 2 Meinungsverschiedenheiten vorausgegangen. Nach der ersten habe sich Benno Neumair in sein Zimmer zurückgezogen. Der Vater sei hereingekommen, um vom Sohn einen höheren Mietbeitrag einzufordern. Da habe Benno Neumair die Kontrolle verloren, er habe seinen Vater „zum Schweigen bringen wollen“. <BR /><BR />Der Kontrollverlust fuße auf einer schweren narzisstischen Persönlichkeitsstörung mit aggressiven Zügen, befanden die Amtsgutachter Dr. Eraldo Mancioppi, Marco Samory und Isabella Merzago. Der Ausnahmezustand habe aber nicht so lange angehalten, bis seine Mutter heimgekommen sei: Deshalb sei Benno Neumair beim ersten Mord nur teilweise, beim zweiten völlig zurechnungsfähig gewesen. Es handele sich somit nicht um eine einzige Tat, sondern um 2 unterschiedliche Morde. <BR /><BR />Die Gutachter beschrieben Benno Neumair als einen Menschen, der sowohl im Arbeits- als auch im Privatleben gescheitert sei. In der Familie habe er sich selbst in der Rolle des schwarzen Schafes erlebt – im Unterschied zu seiner Schwester Madè, auf die er zutiefst eifersüchtig gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft war mit der Einschätzung von Benno Neumairs Zustand zur Tatzeit nicht einverstanden. Ihren Gutachtern Renato Ariatti, Stefano Zago und Dr. Ilaria Rossetto zufolge sei Benno Neumair bei beiden Morden voll zurechnungsfähig gewesen. Die Persönlichkeitsstörung habe sich nicht auf die Einsichts- und Willensfähigkeit des 30-Jährigen ausgewirkt. Auch gebe es keine objektiven Beweise, wonach es den Streit mit dem Vater überhaupt gegeben habe. In seinem ersten Geständnis sei der Streit nicht erwähnt worden. So sahen es auch die Sachverständigen Claudio Rago und Dr. Anna Palleschi, die die Hinterbliebenen hinzugezogen hatten. Der Tathergang – die Opfer waren mit einem Seil stranguliert worden – sei nicht mit einem Verbrechen aus einem plötzlichen Impuls heraus vereinbar. <BR /><BR />Für die Gutachter der Verteidigung, Dr. Giuseppe Sartori, Pietro Pietrini und Dr. Cristina Scarpazza, war Benno Neumair hingegen beim Mord an seinem Vater völlig unzurechnungsfähig, beim Mord an seiner Mutter nur teilweise. Einen klaren Kopf habe er erst wieder während der ihm vorgeworfenen Leichenbeseitigung gehabt. <BR /><BR />Nach diesem Schlagabtausch der Sachverständigen hat U-Richterin Carla Scheidle das Beweissicherungsverfahren abgeschlossen. Die Fallakte geht an die Staatsanwaltschaft, die entscheiden muss, wie es mit Benno Neumair, der im Bozner Gefängnis einsitzt, weitergeht.