Experte Harald Reiterer erklärt, wer beim Kostenvergleich zwischen „Verbrenner“ und „Stromer“ besser davonfährt, was beim Aufladen des E-Autos zu berücksichtigen ist und warum die „Reichweitenangst“ bald der Vergangenheit angehören sollte. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Herr Reiterer, wie wird der Verbrauch bei einem Elektroauto überhaupt berechnet?</b><BR />Harald Reiterer: Der Verbrauch wird in Kilowatt-Stunden pro 100 Kilometer (kWh/100 km) angegeben. Die Werksangaben der Autohersteller werden in der EU seit dem 1. September 2017 gemäß dem Prüfzyklus WLTP ermittelt. Die realen Verbrauchswerte liegen allerdings meist 10 bis 25 Prozent über den Werksangaben. <BR /><BR /><b>Wie hoch ist der Verbrauch im Durchschnitt?</b><BR />Reiterer: Je nach Fahrzeuggröße, Gewicht und Karosserieform schwanken die Verbrauchsangaben zwischen 13 kWh pro 100 km und 25 kWh pro 100 km. Ein Kleinwagen wie der neue Fiat 500e verbraucht im Durchschnitt ca. 16 kWh/100 km, ein Mittelklasse-Auto wie Teslas Model 3 ca. 20 kWh/100 km und ein großer SUV wie der Audi e-tron ca. 25 kWh/100 km. Wie bei einem klassischen Auto mit Verbrennungsmotor hängt der Verbrauch aber sehr stark von der persönlichen Fahrweise ab. Außerdem hat man in Südtirol einen kleinen zusätzlichen Vorteil, der durchaus relevant ist: Beim Abwärtsfahren wird Energie zurückgewonnen („rekuperiert“) und die Batterie somit wieder aufgeladen.<BR /><BR /><b>Wie hoch ist eine Batteriekapazität? Wie viele Kilometer schafft das E-Auto vollgetankt?</b><BR />Reiterer: Kleinwagen und Stadtflitzer haben Batteriekapazitäten von ca. 20 bis 40 kWh. Etwas größere Fahrzeuge – grob beziffert – zwischen 50 und 75 kWh, große Sport- und Geländewagen 80 bis 100 kWh. <BR />Die Reichweite hängt, abgesehen von der Batteriegröße, auch von der Fahrweise – Geschwindigkeit und Beschleunigung –, vom Gelände und von der Außentemperatur bzw. den Zusatzverbrauchern – Heizung und Klimaanlage – ab. Pauschal kann man sagen, dass neue Kleinwagen bzw. Stadtautos Reichweiten von ca. 150 bis 200 Kilometer haben, die restlichen Fahrzeugklassen realistisch zwischen 250 und 450 Kilometer. Batteriegröße und Reichweite muss man sich aber bei jedem E-Auto individuell anschauen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-50270719_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Um wie viel günstiger ist das „Tanken“ von Strom im Vergleich zu Benzin bzw. Diesel?</b><BR />Reiterer: Einen guten Vergleich ermöglichen die Kosten für 100 gefahrene Kilometer. Vergleicht man 2 Fahrzeuge derselben Klasse wie den VW ID.3 und den Golf 8, kommt man auf folgende Werte: <BR /><BR />Verbrauch (laut WLTP)<BR />VW ID. 3: 15,4 kWh/100km<BR />VW Golf 8 TDI: 4,4 l/100 km<BR /><BR />Treibstoffkosten<BR />VW ID. 3: 0,2 € (Heimladung); 0,4 € (öffentliche Ladung) pro kWh<BR />VW Golf 8 TDI: 1,5 € pro l Diesel<BR /><BR />Kosten pro 100 km<BR />VW ID. 3: 3,08 € (Heimladung); 6,16 € (öffentliche Ladung)<BR />VW Golf 8 TDI: 6,6 €<BR /><BR />Auf 100 Kilometer ist ein Diesel- oder Benzinfahrzeug also ca. doppelt so teuer, als wenn man den Großteil seiner Stromladevorgänge zu Hause macht. An öffentlichen Ladesäulen ist der Kostenvorteil beim Kraftstoff hingegen eher gering. Aber man darf keinesfalls vergessen, dass ein E-Auto nicht nur beim Verbrauch, sondern auch sonst im laufenden Betrieb um einiges günstiger ist als ein klassisches Auto mit Verbrennungsmotor. So ist man unter anderem 5 Jahre lang von der Autosteuer befreit, im Anschluss zahlt man nur rund ein Fünftel der klassischen Steuer. Zudem ist die laufende Wartung kostengünstiger, weil bei einem E-Auto viele klassische Verschleißteile wie etwa Zündkerzen, Ölfilter oder Auspuff fehlen. Gleichzeitig braucht man auch keinen Ölwechsel. Meistens ist auch noch die Versicherung um einiges günstiger.<BR /><BR /><b>Wie viele öffentliche Ladestationen gibt es in Südtirol zurzeit, wie viele Schnell-Ladestationen?</b><BR />Reiterer: Momentan gibt es in Südtirol ca. 200 öffentliche Ladestationen, davon ca. 30 Schnell-Ladestationen mit 50 kW oder mehr. Das Lade-Netz wächst ständig. Die Südtiroler Transportstrukturen AG (STA) wird in Zusammenarbeit mit dem Energieanbieter Neogy und dem Konsortium ARO innerhalb des nächsten Jahres weitere 22 superschnelle „Hypercharger“ installieren, die eine Ladeleistung bis zu 150 kW ermöglichen.<BR /><BR /><b>Wie finde ich die öffentlichen Ladestationen am besten?</b><BR />Reiterer: Es gibt verschiedene Online-Karten und Apps, die die öffentlichen Ladestationen darstellen. Einen Überblick über einige öffentliche Ladestationen in Südtirol gibt es unter https://charge.greenmobility.bz.it. <BR /><BR /><b>Wie wird in der Regel bezahlt? Gibt es einheitliche Tarife?</b><BR />Reiterer: Leider gibt es kein einheitliches Tarifsystem, eher noch einen Tarifdschungel. Geladen werden kann an den öffentlichen Ladesäulen entweder mit der Ladekarte oder der App des jeweiligen Betreibers bzw. auch jener eines anderen Betreibers, sofern dieser ein Abkommen abgeschlossen hat oder Mitglied im selben Ladenetz ist. Oft kann man auch direkt per Kreditkarte bezahlen. Das ist aber meistens teurer.<BR /><BR /><b>Was ist zu beachten, wenn man mit dem E-Auto ins Ausland fährt?</b><BR />Reiterer: Grundsätzlich ist es bei einer Fahrt ins Ausland ratsam, etwas Zeit in die Routenplanung zu investieren. Wenn man im Vorfeld schon einige günstig gelegene Ladesäulen als Zwischenstopps einplant, kann man die sogenannte „Reichweitenangst“ großteils vermeiden. Viele europäische Ladesäulen-Anbieter, darunter auch die lokalen Anbieter, haben sich in Netzwerken zusammengeschlossen und ermöglichen dadurch das Laden an vielen Ladesäulen in ganz Europa mit einem einzigen Vertrag. Aber Achtung: Beim Laden an Ladesäulen eines anderen Anbieters können „Roamingkosten“ anfallen. <BR />Es gibt auch einige Anbieter, die länderübergreifende Netze aufgebaut haben. Es kann somit sinnvoll sein, verschiedene Ladekarten zu besitzen. <BR />Meistens kann man an den Ladesäulen auch mit Kreditkarte bezahlen – wiederum mit Zusatzkosten.<BR /><BR />UNSER TIPP:<BR />Wie fährt sich ein E-Auto? Ivo Zorzi und Elisabeth Scrinzi vom Stol-Team haben den Mercedes EQA und EQC getestet. Mit vollgeladenen Batterien kurvt Lissi mit dem EQA durch die Stadt und Ivo testet die Sportfunktion des EQC auf dem Furkelpass. <a href="https://www.stol.it/video/media/stol-auto-test-ivo-und-lissi-go-elektro" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hier ist das Video!</a><BR />