Ob die Haftprüfung stattfinden kann, war allerdings vorerst unsicher. Ihren Pflichtverteidigern Giovanni Guarini und Nicola Canestrini zufolge sei die 61-Jährige in einem völlig verwirrten Zustand – deshalb habe sie bei einer ersten Einvernahme durch die Staatsanwältin von Rovereto, Viviana Del Tedesco, auch von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Aussage zu verweigern. <BR /><BR />Wie Rechtsanwalt Guarini gegenüber der Tageszeitung „l'Adige“ erklärte, werde seine Mandantin im weiteren Verlauf der Ermittlungen alles klären, sobald sie im entsprechenden psychischen Zustand dazu sei. „Alles, was ich im Moment sagen kann, ist, dass wir es mit einer absolut beklagenswerten Gesamtsituation zu tun haben: Vor diesem Hintergrund hat sich diese Familientragödie ereignet.“<h3>24 Stunden lang bei dem Leichnam ausgeharrt</h3>Am Samstag um 5.30 Uhr war bei den Carabinieri ein Anruf eingegangen: Die Frau am Telefon bat die Ordnungshüter, sofort zu kommen, da ihre Mutter tot sei. Als die Carabinieri in der kleinen Wohnung im letzten Stock des Mehrfamilienhauses in der Via Deledda 7 eintrafen, fanden sie Francesca Rozza auf einem Sessel neben dem Bett ihrer Mutter vor. Für die 92-Jährige, deren Kopf auf einem blutigen Kissen lag, kam jede Hilfe zu spät. Die Tochter wurde in Gewahrsam genommen. Zuerst wurde sie ins Frauengefängnis nach Spini di Gardolo gebracht, dann aber aufgrund ihres prekären psychischen Zustands ins Krankenhaus. <BR /><BR />Im ersten Moment gingen die Ermittler davon aus,dass sich die Bluttat erst wenige Stunden zuvor ereignet hatte. <BR /><BR />Doch dann stellte sich heraus, dass der Tod Maria Skvor bereits am Freitag in den Morgenstunden ereilt hatte. Bisherigen Erkenntnissen zufolge soll Francesca Rozza ihrer schlafenden Mutter mehrmals mit einer Lampe auf den Kopf geschlagen haben – ein Tathergang, der auf einen Ausraster aufgrund von Müdigkeit und Verstörung hindeutet und nicht auf eine vorbedachte Tat. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1135776_image" /></div> <BR /><BR />Und auch Francesca Rozzas darauf folgendes Verhalten lässt auf Verwirrung und Verzweiflung schließen: Sie soll versucht haben, sich das Leben zu nehmen, indem sie sich mit einem Messer mehrere Schnitte zufügte, doch offenbar hatte sie nicht mehr die Kraft, ihr Vorhaben zu Ende zu bringen. So setzte sie sich neben den leblosen Körper ihrer Mutter und harrte fast 24 Stunden lang aus, bis sie schließlich Samstag früh die Carabinieri alarmierte. <BR /><BR />Nachdem die Spurensicherer die Wohnung untersucht und die Ermittler mit allen Anrainern gesprochen hatten, kristallisierte sich schon bald ein mutmaßlicher Tathintergrund heraus.<BR /><BR />Die im Jahr 1933 aus Zagreb (Kroatien) gebürtige Maria Skvor lebte bereits seit Jahrzehnten im Trentino. Sie war seit 8 Jahren Witwe, seit damals wohnte sie zusammen mit ihrer Tochter Francesca Rozza in der 2-Zimmer-Wohnung in Riva. Mehrere Nachbarn erklärten, sie hätten die 92-Jährige kaum mehr zu Gesicht bekommen, ihre Tochter habe einen zurückhaltenden und eher schüchternen Eindruck gemacht.<h3>Kranke Mutter seit 8 Jahren allein gepflegt </h3>Seit dem Tod ihres Vaters Sergio Rozza hatte Francesca Rozza ihr Leben ausschließlich der Pflege ihrer Mutter gewidmet. Zuvor hatte sie im Ausland in einem Angestelltenverhältnis gearbeitet. Zwischen der schwer kranken Mutter und ihrer Tochter soll eine fast schon symbiotische Verbindung bestanden haben. In der Wohnung gibt es zwar 2 Schlafräume, doch Francesca Rozza soll neben ihrer Mutter geschlafen und sich rund um die Uhr allein um sie gekümmert haben. <BR /><BR />Rechtsanwalt Canestrini brachte es auf den Punkt: „Meine Mandantin befindet sich in einem Zustand extremer Erschöpfung, und es werden eingehende Untersuchungen zu ihrer Zurechnungsfähigkeit erforderlich sein.“ Zweifellos sei die Beziehung zu ihrer Mutter von einem langen und belastenden Zusammenleben geprägt gewesen, in dem die fortschreitende Verschlechterung des Zustands der Mutter die Bewältigung des Alltags immer schwieriger gemacht habe. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1135779_image" /></div> <BR /><BR />„Es wird von entscheidender Bedeutung sein, zu verstehen, ob wir es mit einem Drama zu tun haben, das ein umfassendes Überdenken der Grenze zwischen Hilfe, Verzweiflung und strafrechtlicher Verantwortung erfordert“.