<b>Herr Bauer, Bürgermeister Dario dal Medico sagt, das Projekt Zarenbrunn wurde nie diskutiert. Und Sie?</b><BR />Reinhard Bauer: Der Bürgermeister wusste Bescheid, denn ich habe das Konzept im Juni 2023 im MIND vor dem vollständigen Stadtrat umfassend vorgestellt. Dabei wurde das Projekt nicht nur befürwortet, sondern als sehr wichtig für Meran betrachtet. Dabei sah das Konzept neben Maria Ward, St. Valentin und der alten Krankenpflegeschule auch Zarenbrunn als mögliche Destination vor. Daher kann ich das Bremsen der Civica nicht nachvollziehen. Landesrätin Rosmarie Pamer und Landeshauptmann Arno Kompatscher präsentieren uns das Projekt, das uns keinen Cent kostet, auf dem Silbertablett. Der Finanzstadtrat müsste vor Freude jubeln.<BR /><BR /><b>Warum braucht es ein Chancenhaus?</b><BR />Bauer: Das Konzept wurde von Profis erarbeitet, einer davon ist Florian Prinoth, Direktor der Sozialdienste der Bezirksgemeinschaft. Wir haben ein gutes Netzwerk, aber wir haben leider auch Lücken.<BR /><BR /><b>Zum Beispiel?</b><BR />Bauer: Was sagen wir einer Frau, die mit ihren 3- und 5-jährigen Kindern vor dem Sozialsprengel steht und obdachlos ist? Entweder wird sie weggeschickt oder in einem Hotel auf Kosten des Steuerzahlers untergebracht. Frauen, in solchen Situationen, kommen wöchentlich. Besonders im Winter ist die Situation eklatant. Das ist die Schattenseite von Meran. Zur Zeit haben sie wenig Perspektive.<BR /><BR /><b>Es sind aber bereits Bedenken der Anrainer aufgetaucht, dass dort Flüchtlinge, Suchtkranke oder gewaltbereite Menschen unterkommen könnten?</b><BR />Bauer: Das ist völlig aus der Luft gegriffen. Dafür gibt es andere Einrichtungen. Hier sollen unsichtbare Wohnungslose einen Platz finden, die nicht unter der Brücke schlafen, sondern einmal bei Bekannten, Verwandten und dann wieder bei der Familie unterkommen. Sie aufzufangen, kostet den Steuerzahler auf lange Sicht weniger als deren Obdachlosigkeit. Und abgesehen von Übergangswohnungen für Frauen in Gewaltsituationen, die aus dem Frauenhaus kommen, braucht es auch Übergangswohnungen für Männer in Trennungssituationen. Es gibt Männer, die in ihren Autos übernachten. Der Großteil all dieser Menschen in Not sind Einheimische.<BR /><BR /><b>Wie geht’s jetzt weiter?</b><BR />Bauer: Prinzipiell stellt sich die Frage, was ist das Koalitionsabkommen Wert ist? Ich hoffe nicht, dass auf dem Rücken dieser Menschen in Not Wahlkampf gemacht wird. Und wo kommen wir hin, wenn wir solche Geschenke nicht annehmen.<BR /><BR />Int.: Luise Malfertheiner <h3> „Bauchweh, wenn ich an die Gemeindewahlen denke“</h3>Schlechtes Klima im Meraner Stadtrat: Während Vizebürgermeisterin Katharina Zeller und Sozialstadtrat Stefan Frötscher mit Entschiedenheit hinter einem Chancenhaus in der Villa „Katarina“ stehen, kritisieren die Koalitionspartner, Bürgermeister Dario dal Medico und Stadtrat Nerio Zaccaria, die Vorgangsweise des Landes. „Von Meran gibt es keine Zustimmung“, sagte Dario Dal Medico. „Die braucht es auch gar nicht“, kam postwendend die Antwort von Katharina Zeller.<BR /><BR /> In einem ersten Moment hatte Dal Medico erklärt, dass „der Stadtrat das Projekt Chancenhaus nicht befürwortet“. Davon war gestern am Rande der Stadtrats-Pressekonferenz nicht mehr die Rede. Allerdings gebe es Zweifel am Standort. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass die italienischen Koalitionspartner dort lieber Polizeikräfte untergebracht sähen. Und die weitere Vorgangsweise? „Reden wir darüber“, so Dal Medico.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1066410_image" /></div> <BR /><BR />Indessen stellte Stadtrat Stefan Frötscher gestern erneut klar, „dass es verrückt wäre, gegen dieses Projekt zu sein. Zumal der Standort Zarenbrunn immer ein Thema war. Ich habe Druck gemacht, dass man hier weitermacht und beispielsweise für Frauen in Notsituationen ein Obdach schafft. Und das für 0 Euro. Schade, dass über eine so positive Geschichte der Schleier der Parteilichkeit geworfen wird und ich kriege Bauchweh, wenn ich an die Wahlen denke“, meinte Frötscher vor den beiden Koalitionspartnern. Sollte das Projekt Chancenhaus kippen, ist nicht ausgeschlossen, dass es die Stadtratskoalition mitreißt.<BR /><BR />Nerio Zaccaria, Chef von Alleanza per Merano, hüllt sich in Schweigen: „Ich rede nicht vor den Medien, sondern nur wenn wir zu dritt als Koalitionspartner sind.“<BR /><BR />Indessen betont Soziallandesrätin Rosmarie Pamer, dass „das Verhältnis mit ihrem Kollegen Christian Bianchi nicht getrübt ist“. Man wolle Meran das Projekt demnächst gemeinsam vorstellen. „Und ich wiederhole: Meran kostet das Chancenhaus nichts.“