Im Interview spricht sie über die aktuelle Situation, die größten Probleme und darüber, wie man den Verein unterstützen kann.<b><BR /><BR />STOL: Frau Benin, welche positiven Entwicklungen gibt es bei Ihrer Arbeit und wo gibt es weiter Probleme?</b><BR />Stephanie Benin: Die Suche nach Arbeitsplätzen für die Frauen, die wir bei uns aufnehmen, ist leichter geworden. Lange waren sowohl die Arbeits- als auch die Wohnungssuche die größten Probleme. Mittlerweile hat sich das geändert. Wir finden inzwischen meist recht schnell Arbeitsplätze – auch solche, die familienfreundlich sind. Es braucht zwar noch immer viele Anrufe und viel Arbeit im Hintergrund, aber diese Bemühungen tragen jetzt Früchte. Die Kinder werden gut betreut, und wir finden oft auch eine erfüllende Arbeit für die Frauen. Es geht nicht nur darum, irgendeinen Job anzunehmen, um finanziell eigenständig zu werden, sondern eine Tätigkeit, die auch Genugtuung gibt.<BR /><BR /><b>STOL: Wie viele Anfragen erhält das Haus der geschützten Wohnungen pro Jahr?</b><BR />Benin: In diesem Jahr sind es bisher 73. Ich schätze, dass es bis Ende des Jahres etwa 100 sein werden. Davon können wir mit unseren sieben Wohnungen das ganze Jahr über etwa ein Viertel abdecken. Derzeit dürfen wir sieben Frauen und 15 Kinder bei uns aufnehmen. Diese Zahlen sind das ganze Jahr über stabil.<BR /><BR /><b>STOL: Steigt die Gewalt gegen Frauen oder gibt es ein größeres Bewusstsein bei Frauen dafür, dass es konkrete Hilfe gibt?</b><BR />Benin: Meiner persönlichen Meinung nach ist das Bewusstsein bei Frauen gestiegen. Absolute Gewissheit gibt es aber nicht. Die intensive Sensibilisierungsarbeit der vergangenen Jahre zeigt in der Gesellschaft Wirkung. Auch die Netzwerkarbeit der Gemeinde Bozen hat sich in den vergangenen beiden Jahren gut entwickelt. Es wurden viel Geld und Arbeit investiert. Auch der Austausch unter den Netzwerkmitgliedern wurde gestärkt und findet regelmäßiger statt. Je enger wir zusammenarbeiten, desto schneller kommen die Frauen zu jenen Diensten, die ihnen helfen können.<BR /><BR /><b>STOL: Wenden sich Frauen direkt an das Haus der geschützten Wohnungen?</b><BR />Benin: Die meisten Anfragen erhalten wir von unseren Netzwerkpartnern – etwa von den anderen Frauenhausdiensten, vom Sozialdienst oder von den Sicherheitskräften. Es erreichen uns auch Anfragen von den Frauen selbst sowie aus dem Umfeld der Betroffenen.<BR /><BR /><b>STOL: Werden die aufgenommenen Frauen vom Haus der geschützten Wohnungen auch kontinuierlich betreut und begleitet?</b><BR />Benin: Ja. Eine Psychologin und eine Sozialassistentin sind im Frauenbereich tätig, eine Psychologin arbeitet mit den Kindern. Während des Aufenthalts bei uns arbeiten wir stark daran, den Frauen aus ihrer eigenen Geschichte heraus Warnsignale aufzuzeigen, damit sie lernen, dem Partner gegenüber frühzeitig Stopp zu sagen und ihm klare Grenzen zu setzen.<BR /><BR /><b>STOL: Wie sehr behindert das Wohnungsproblem die Arbeit des Vereins?</b><BR />Benin: Das ist nach wie vor ein großes Problem. Manche Familien sind über einen längeren Zeitraum in einer Gefahrensituation, bei anderen geht es schneller. Das Problem ist, dass diese Frauen zwar unsere Unterkünfte verlassen könnten, dann aber keine Bleibe finden. Dadurch können wir andere Frauen und Kinder, die in Gefahr sind und unsere Hilfe bräuchten, nicht aufnehmen. Wenn also die Frauen, die unsere Hilfe nicht mehr benötigen, schnell eine Unterkunft finden könnten, wären wir in der Lage, mehr Frauen und Kindern in Gefahr zu helfen.<BR /><BR /><b>STOL: Frauen bleiben zwischen sechs und zwölf Monaten im Haus der geschützten Wohnungen. Wohin gehen sie dann?</b><BR />Benin: Erfüllen die Frauen die Voraussetzungen, füllen wir die Wobi-Anträge aus. Wer die Voraussetzungen nicht hat, muss auf dem freien Wohnungsmarkt nach einer Unterkunft suchen. Das ist seit Jahren das schwierigste Thema. Hier helfen meist nur persönliche Kontakte.<BR /><BR /><b>STOL: Wie finanziert sich das Haus der geschützten Wohnungen?</b><BR />Benin: Großteils durch die öffentliche Hand, aber auch durch Spenden. Wir nehmen an Ausschreibungen des Betriebes für Sozialdienste Bozen teil. Gewinnen wir diese Ausschreibung, können wir den Verein für einen Zeitraum von drei Jahren und einer anschließenden Verlängerung für drei weitere Jahre führen. Dadurch können wir über einen längeren Zeitraum planen und arbeiten. Mit den Spenden werden zum Beispiel Sprachkurse für die Frauen in unserer Obhut finanziert oder bei einem Umzug in eine Wohnung eine Waschmaschine bezahlt oder kleinere Freuden zu Nikolaus, Weihnachten oder Ostern ermöglicht.<BR /><BR /><b>STOL: Was würde dem Verein bei seiner Arbeit weiterhelfen?</b><BR />Benin: Ich würde mir wünschen, dass Besitzer von Wohnungen auf dem freien Markt sensibler gegenüber alleinerziehenden Frauen mit Kindern werden, die aus schwierigen Beziehungen heraus versuchen, autonom zu werden. Es wäre hilfreich, wenn mehr Wohnungseigentümer diesen Schritt unterstützen würden und sich nicht abschrecken ließen von nur einem Gehalt und mehreren Kindern. Diese Frauen werden durch Mietbeihilfen unterstützt. Die Miete ist also sicher.