<b>Sie haben sich mit der Entwicklung von Demenzerkrankungen befasst. Was kommt auf die Gesellschaft zu?</b><BR />Markus Falk: Die Alterswelle kommt und es wird sich Dramatisches abspielen. Derzeit gibt es in Südtirol zwischen 12.000 und 15.000 Demenzkranke, das ist noch eine relativ bescheidene Zahl. Man muss von einer Verdoppelung der Fälle ausgehen. Bis 2040 liegt der Anteil der über 80-Jährigen noch wie jetzt bei etwa 6 Prozent, mit 2050 gibt es einen Riesensprung auf 11 Prozent. Der Höhepunkt wäre 2060 mit 12 Prozent erreicht. Es gibt nicht nur mehr Ältere, sondern mehr andere Ältere: mehr Singlehaushalte, 80-Jährige ohne pflegende Angehörige. Das muss heute in der Planung berücksichtigt werden.<BR /><BR /><b>Inwiefern?</b><BR />Falk: Vorauszuschicken ist, dass es in Südtirol kaum gesammelte Dokumentationen über Demenzerkrankungen gibt. Wichtig wäre eine Beobachtungskohorte in Südtirol von etwa 1000 Menschen, die man über längere Zeit beobachtet. So etwas braucht man, will man wissen, was sich in der eigenen Bevölkerung tut. Und daraus kann man dann Entscheidungen für die Zukunft ableiten.<BR /><BR /><b>Was ist da gefragt?</b><BR />Falk: Wir wissen heute, wie viele Demenzkranke pro Jahr krankenhauspflichtig werden. Aber wenn man das für die Zukunft hochrechnen will, braucht man strukturierte Zahlen, eine Aufschlüsselung nach Alter, Lebensgeschichte, Geschlecht. Dann kann man daraus schließen, wie groß die Strukturen in Zukunft sein müssten und wie viele Humanressourcen benötigt werden. Stelle ich fest, dass die derzeitigen nicht reichen, muss man entweder jetzt schon aufstocken oder das Angebot reduzieren. Wir haben noch Zeit, bis wir den Gipfel erreichen. Japan etwa ist derzeit mitten im Gipfel drinnen. Dort gibt es schon länger einen Geburtenrückgang und eine Überalterung. Und Japan kommt jetzt an die Grenzen der Belastbarkeit.<BR /><BR /><b>Dem muss man vorbauen...</b><BR />Falk: Ja, man muss auch alternative Modelle andenken. So wird das betreute Wohnen unheimlich wichtig. Da gibt es gute Beispiele in den Niederlanden und Deutschland. Demenzkranke Menschen können – je nach Phase – vieles noch selber machen, sie brauchen aber Unterstützung und Betreuung.