Rund ein Prozent der Südtiroler im Alter zwischen 60 und 64 Jahren lebt mit der Diagnose Demenz – das entspricht etwa 300 Personen. Doch nur selten wird die Krankheit in diesem Alter als solche erkannt. Weder die Betroffenen selbst noch die Ärzte ziehen eine Demenzerkrankung in Betracht und vermuten zunächst andere Ursachen wie Burnout, Depressionen oder Schizophrenie. Diagnosetests erfolgen daher oft erst spät. <h3> Folgen sind gravierend</h3>Die Folgen einer frühzeitigen Erkrankung sind gravierend: Der Austritt aus dem Berufsleben erfolgt kurzfristig, das Einkommen sinkt und die Familienangehörigen sind mit enormen Belastungen konfrontiert – sowohl finanziell als auch emotional.<BR /><BR />„Wir müssen dort ansetzen, wo die öffentliche Hand nicht hinkommt“, erklärte ASAA-Präsident Ulrich Seitz. Um diese Lücke zu schließen, hat sich der Verein im Jahr 2020 den deutschsprachigen Alzheimer- und Demenz-Organisationen, kurz DADO, angeschlossen. Ziel sei es, Erfahrungswerte und Ideen auszutauschen und gemeinsam Perspektiven zum Thema Demenz zu entwickeln, so Seitz.<BR /><BR />Ein Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt auf Demenz mit Beginn vor dem 65. Lebensjahr. In diesen Fällen spielt Vererbung eine größere Rolle als bei später Erkrankten. Wenn eine Demenz vor dem Rentenalter diagnostiziert wird, stellt das Betroffene und ihre Familien vor zahlreiche Herausforderungen. Benötigt wird neben finanzieller Absicherung auch gesellschaftliche Teilhabe und unterstützende Angebote für Familienangehörige. „Dies ist schon längst nicht mehr ein sozio-sanitäres Thema. Wie wir mit den Menschen mit Demenz umgehen, daran misst sich der Wert unserer Gesellschaft“, betonte Seitz.<BR /><BR />Neben der medizinischen Perspektive war auch der Umgang mit Vielfalt ein zentrales Thema. Um Betroffene besser zu verstehen, brauche es Personal mit interkulturellen Kompetenzen, erklärte ASAA-Vizepräsidentin Edith Moroder. Länder wie Luxemburg würden bereits zeigen, wie Betreuung in einem multikulturellen Umfeld gelingen könne. Südtirol könne solche Ideen aufnehmen und sie ebenfalls zur Realität machen.<h3> Blick über die Grenzen zeigt andere Wege</h3>Ein Blick über die Grenzen zeigt auch neue Wege in der finanziellen und nicht finanziellen Unterstützung der häuslichen Pflege auf. Im österreichischen Burgenland etwa wurde eine Genossenschaft beauftragt, pflegende Angehörige direkt anzustellen. Was mit 28 Personen begann, hat sich zu einem erfolgreichen Modell mit mittlerweile über 600 Angestellten entwickelt. Seitz schlug in diesem Zusammenhang auch ein Akkreditierungssystem für Pflegekräfte vor. Angesichts der baldigen Pensionierung zahlreicher erfahrener Fachkräfte werde es auch in Südtirol neue Lösungen brauchen. „Die Probleme in Europa sind gleich, Südtirol muss das Rad nicht neu erfinden, nur die Realität nach Südtirol bringen“, erklärte Seitz. <BR /><BR />Auch Soziallandesrätin Rosmarie Pamer reagierte auf die Wünsche des Vereins an die Landesregierung. Ziel sei es, pflegende Angehörige zu entlasten und gleichzeitig neue Versorgungsstrukturen für Menschen mit Demenz zu schaffen. Derzeit arbeite man an innovativen Wohnkonzepten und am Ausbau von Tagespflegeplätzen. Auch die Rentenabsicherung für pflegende Angehörige solle gestärkt werden – dafür brauche es jedoch gezielte Aufklärung über bestehende Möglichkeiten.<BR /><BR />„Demenz ist nicht nur ein medizinisches Problem, sondern auch ein soziales und gesellschaftliches“, betonte Landesrat Hubert Messner. In Südtirol sind derzeit rund 13.000 Personen an Demenz erkrankt, 70 Prozent davon werden im familiären Umfeld oder über Hilfskräfte betreut. Messner rechnet damit, dass sich diese Zahl bis 2050 verdoppeln werde – eine Entwicklung, die neue Maßnahmen und mehr Unterstützung für Betroffene und Angehörige erfordert.