Beim Durchstreifen des 2500 Quadratmeter großen Gemüseackers etwas unterhalb des Dorfkerns von Aldein kommt man unweigerlich ins Staunen. Dabei drängt sich die Frage auf: Besticht hier mehr das außergewöhnliche Konzept oder doch eher die selbstsichere Bestimmtheit, mit welcher der überaus junge Ideator hier sein Vorhaben verwirklicht hat. <BR /><BR />Es ist wohl eine Mischung aus beidem, die den meisten Besuchern imponiert und so manche Gleichgesinnte dazu animiert, hier mit anzupacken und sich selbst weiterzubilden. Sich weiterzubilden und zu lernen von Alex Dadò, der erst vor 2 Jahren seine Matura an der Landwirtschaftlichen Oberschule in Auer abgeschlossen hat und daraufhin ruckzuck sein ganz persönliches Ding durchgezogen hat. <BR /><BR />An die 40 verschiedene Arten und 400 Sorten von Gemüse baut der 21-jährige Montaner auf einem idyllischen Plätzchen an, bis zu 400 Menschen pro Woche kann er damit versorgen. Die allermeisten Beete weisen die gleichen Maße auf, von Salaten über Karotten bis hin zu Zwiebel und Zucchini ist alles vorhanden, was man auch in „gängigen Supermärkten“ findet, sagt Alex. Im Vorbeigehen zeigt er ein sogenanntes Indianerbeet mit Mais, Bohnen und Kürbis her, dahinter folgt ein Getreidestreifen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="801269_image" /></div> <BR />Beim Anbau beherzigt er die Prinzipien der Permakultur, achtet penibel auf die Versorgung und Entwicklung der Böden, verzichtet komplett auf Maschinen sowie chemische und tierische Düngemittel und strebt ein autarkes Landwirtschaftsmodell an. „Wichtig ist mir, meine Vorstellungen von einem alternativen Leben umzusetzen und dabei mit der und nicht gegen die Natur zu wirtschaften“, erklärt er seinen inneren Antrieb. <h3>Schonender Umgang mit dem Boden</h3>Dabei orientiert er sich am Leitgedanken der minimalistisch anmutenden Anbaumethode des „Market Garden“ bzw. der Marktgärtnerei, einem ressourcenschonenden Gemüseanbau mit Direktvermarktung. „Es handelt sich um biointensiven Anbau auf kleinen Flächen, zu den Kennzeichen zählen die sehr enge Bepflanzung, die schonende Lockerung der obersten Erdschicht mit einer speziellen Grabgabel und eine sorgfältige Planung“, erläutert Alex das Konzept, das bereits im 18. Jahrhundert in Frankreich ersonnen wurde und neuerdings vor allem in den USA immer mehr Anhänger findet. In Südtirol dürfte er mit dieser Anbaumethode wohl mehr oder weniger allein auf weiter Flur sein, weshalb er hierzulande auch kaum Tipps oder Erfahrungen austauschen könne. <BR /><BR />Weitere elementare Bausteine sind der effiziente Einsatz von Handtechnik bei gleichzeitigem Verzicht auf schwere Maschinen und das bedingungslose Vertrauen in den pflanzlichen Kreislauf. „Der Boden wird jedes Jahr besser, indem ich ihn nur lockere statt ihn umzugraben und im Herbst pflanzlichen Kompost einrechne“, beteuert Alex und kommt auf allerlei Details wie das Zusammenspiel von Schädlingen und Raubnützlingen oder die Abfolge zwischen Starkzehrern und Schwachzehrern zu sprechen. <BR /><BR />Man merkt schnell: Der Bursche versteht sein Handwerk, er ist geradezu beseelt von seiner Mission. „Der Kerngedanke“, fährt Alex fort und zeigt eine Handvoll Pflanzenkompost her, „besteht darin, dass man beständig das Bodenleben verbessern will und deshalb die Bodenorganismen fördert anstatt nur das Endergebnis im Blick zu haben.“ Mit Endergebnis meint er das erntereife Gemüse.<h3> Maschinen, Treibstoffe und Düngemittel sind tabu</h3>Die bemerkenswerte Theorie ist das eine, die Umsetzung aber nochmals eine andere Kategorie. Zunächst einmal fragt man sich, wie der Bursche mit dem sonnigen Gemüt denn bloß zu dem Grundstück kommt? „Früher gab es hier mal ein Gasthaus, danach wurde das Grundstück zum Verkauf freigegeben und daraufhin hat es mein Vater erworben“, erklärt Alex. Somit konnte er sich hier am Pigleider Hof ein ideales Experimentierfeld schaffen – im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei kommt er auf die niedrigen Investitionen zu sprechen, ein weiterer vorteilhafter Aspekt der Marktgärtnerei. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="801272_image" /></div> Zu den Anschaffungen zählen einige Folientunnels, Handwerkzeuge sowie Vorrichtungen für das Waschen und Abpacken des Gemüses, jedoch seien diese Investitionen geringer ausgefallen als wenn er sich beispielsweise einen Traktor hätte kaufen müssen. <BR /><BR />Der 21-Jährige zählt auf: „Schau, ich brauche hier keine Maschinen, keine fossilen Brennstoffe und muss keine Düngemittel von außen zukaufen. Auch in den kommenden Jahren trägt sich das alles mit kleinen Investitionen, weil wir hier eben alles selbst machen. Dann möchte ich auch den pflanzlichen Kompost herstellen und selbst die Samen ziehen.“ Mit „Wir“ verweist Alex auf seine beiden Helfer – einen Praktikanten und eine Teilzeitkraft vom Dorf. Gerade diese Selbstgenügsamkeit betont er immer wieder, nur so könne man die Ressourcen schonen und einen Beitrag im Sinne der Klimabilanz leisten.<h3> Ausgeklügelte Planung ist das A und O</h3> Ein maßgebliches Erfolgskriterium in diesem System nennt er nicht explizit, aber es zeigt sich in all seinen Überlegungen: Cleverness. <BR />Ohne intelligente Anbauplanung mit zu erwartenden Erträgen, der genauen Berechnung von Pflanz-, Aussaat und Kultivierungszeitpunkten sowie der Nutzung der Beete und der geschickten Einteilung all der zu verrichtenden Arbeiten wäre er wohl schnell auf verlorenem Posten.<BR /><BR /> Doch Alex wirkt völlig entspannt, all die Tätigkeiten dürften detailliert durchdacht sein. Der 21-Jährige hat zwar haufenweise Arbeit um die Ohren, aber er strahlt die Selbstgewissheit und Gelassenheit eines erfahrenen Haudegen aus, der genau weiß, was er will.<BR /><BR />Und so gelingt es dem versierten Gemüseanbauer, mit einem minimalen Einsatz an Mitteln das Maximum herauszuholen, also an die 400 Menschen mit frischem Gemüse zu versorgen: Alex hat einen Stand auf den Bauernmärkten in Kaltern und Neumarkt, darüber hinaus beliefert er mehrere Gastronomiebetriebe der Umgebung und kann auf über ein Dutzend Abnehmer von Gemüsekistln zählen. Diese führt er eigenhändig aus oder stellt sie am Markt für Selbstabholer bereit. <BR /><BR />Ursprünglich sah sein Plan 80 Abokistln vor, aber dafür brauche es eben etwas Anlaufzeit. Klarerweise klappt nicht alles wie gedacht, er lerne immer neu dazu. Doch nervös wird er deswegen nicht, sein Konzept habe sich bereits bewährt. Und er befindet sich auch erst im zweiten Jahr, habe bereits viel Erfahrung gesammelt und möchte am liebsten den Kreislauf vollständig schließen – also künftig auch die Samen selbst ziehen. „Momentan beziehe ich viel Saatgut vom Verein Arche Noah und weiteren Tauschbörsen aus Österreich, die autochthonen Sorten sind die allerbesten, weil sie so resistent sind“, sagt er. <h3> Alte Nutztierrassen runden das Konzept ab</h3>Nutztiere spielen in den Überlegungen des „wiffen“ Unterlandlers vorerst eine Nebenrolle. Jedoch fügt sich auch die Tierhaltung in seine Philosophie ein, indem er auf alte, fast vergessene und schützenswerte Rassen setzt. In einem abgezäunten Stück Wiese hinter dem Gehöft kommen 4 junge Mangalitza-Schweine dahergerannt, während neben den bearbeiteten Flächen 2 Dutzend Hühner entweder herumpicken oder sich ein Sonnenbad gönnen. Auch bei den Hühnern erkennt man schnell, dass man es mit ausgefallenen und teils vom Aussterben bedrohten Rassen zu tun hat. <BR /><BR />„Ich möchte dazu beitragen, die alten Gene und Nutztierrassen zu erhalten, sie sind sehr resistent gegen Krankheitserreger“, vervollständigt er das Bild seines alternativen Weges. Als Zeichen dafür holt er sich ein Huhn unter dem mobilen Anhänger hervor und setzt es sich kurzerhand auf seine Schulter. Beide halten locker die Balance, durchaus taugt es als erfrischendes Sinnbild für ein intaktes ökologisches Gleichgewicht. <BR /><BR />