„Ich erinnere mich an einen Jungen, der nur mit seinen Eltern sprach. Nach 6 Stunden Tiergestützter Intervention begann er plötzlich mit uns zu reden“, erinnert sich Dal Negro.<BR /><BR />Im Interview erklärt er die Vorteile und Möglichkeiten Tiergestützter Interventionen und erinnert sich an einen besonders eindrucksvollen Fall.<BR /><BR /><b>Was versteht man unter Tiergestützter Intervention?<BR /></b>Dal Negro: Bei Tiergestützten Interventionen wird auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen eine wertschätzende Beziehung zwischen Mensch und Tier aufgebaut. Diese erfüllende Bindung stärkt das psychische, emotionale und physische Wohlbefinden der betreuten Person.<BR /><BR /><b>Mit welchen Tieren arbeiten Sie und aus welchem Grund?<BR /></b>Dal Negro: Wir als Organisation arbeiten aktuell hauptsächlich mit Hunden, aber auch einige Katzen sind Teil unseres Teams. Die emotionale Feinfühligkeit von Hunden und Katzen ist sehr stark ausgeprägt, daher sind sie sehr empathisch und können sich hervorragend in ihr Gegenüber hineinversetzen. Diese Feinfühligkeit ermöglicht es Mensch und Tier, Schritt für Schritt Vertrauen aufzubauen -in einem für beide angebrachten Tempo.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69193186_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Wo kommen Ihre Therapiehunde- und Katzen zum Einsatz?<BR /></b>Dal Negro: Da wir mit Tieren arbeiten, die einfach zu transportieren sind, erreichen wir die zu betreuenden Personen direkt vor Ort. Rund 70 Prozent unserer Interventionen spielen sich an Schulen ab. Wir arbeiten hauptsächlich mit Kindern und Jugendlichen, die von Autismus, Verhaltensstörungen oder sozialer Isolation betroffen sind. Darüber hinaus sind wir auch in Altenheimen oder sozialen Einrichtungen mit unseren Vierbeinern im Einsatz. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69201062_listbox" /><BR /><BR /><BR /><b>Gibt es einen Fall, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?<BR /></b>Dal Negro: Ich erinnere mich noch gut an eine verzweifelte Mutter, die uns vor Jahren um Hilfe bat. Anfangs war sie sehr skeptisch und teilte uns dies auch offen mit. Sie hatte sich an uns gewandt, weil ihr 9-jähriger Sohn nur zu Hause sprach - in der Schule, selbst in Anwesenheit von Lehrern, die er seit Jahren kannte, schwieg er wie ein Grab. Einer unserer Hunde und dessen Halter haben daraufhin eine Intervention mit dem Buben gestartet. Nach dem sechsten Treffen sprach der Junge plötzlich mit uns. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1146510_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie sieht eine Intervention aus?<BR /></b>Dal Negro: In der Regel betreuen wir eine Person über einen Zyklus von etwa 6 Interventionen, die jeweils maximal eine Stunde dauern und einmal pro Woche stattfinden. Zu Beginn wird ein Ziel festgelegt, das sich nach den individuellen Bedürfnissen und Herausforderungen der zu betreuenden Person richtet. Die Interventionen entstehen spontan aus der Interaktion zwischen Tier und Mensch, wobei das Tier oft Aktivitäten wie Ballspielen, Spazierengehen oder Streicheln vorschlägt. Der Halter gibt gegebenenfalls Anweisungen zum richtigen Umgang, bleibt jedoch meist in einer beobachtenden Rolle. Bei den Interventionen mit dem Jungen, der nur zu Hause sprach, lag der Fokus auf dem Aufbau von Selbstvertrauen. Dies wurde erreicht, indem der Bub eigenständig Verantwortung für den Hund übernahm, in einem Umfeld frei von Urteilen und Etiketten: Er kümmerte sich um den Hund, kuschelte mit ihm und führte ihn an der Leine auf kurzen Spaziergängen.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69201001_quote" /><BR /><b><BR /><BR />Wie häufig werden Ihre Dienste in Anspruch genommen?<BR /></b>Dal Negro: In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach unseren Interventionen stark gestiegen, die psychischen Leiden haben zugenommen und sind stärker geworden. Gleichzeitig hat sich mit der Intensivierung dieser Leiden auch die Sensibilität gegenüber Tieren erhöht.<BR /><BR /><BR /><b>Wie finden Hilfesuchende zu Ihnen?<BR /></b>Dal Negro: Unsere Arbeit wird vor allem durch Netzwerke unterstützt. Wir arbeiten mit der Sanität und den Sozialdiensten zusammen, die unsere Organisation weiterempfehlen. Auch ehemalige Klienten empfehlen uns weiter. Da wir mittlerweile hier im Land bekannt sind, wenden sich auch viele Hilfesuchende direkt oder nach einer Internetrecherche an uns. Eines haben jedoch alle gemeinsam: Oft sind wir ihre letzte Anlaufstelle.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-69201006_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Mit welchen Tieren können tiergestützte Interventionen durchgeführt werden?<BR /></b>Dal Negro: Laut Gesetz sind in Italien 5 Tierarten für Tiergestützte Interventionen zugelassen: Esel, Pferde sowie Hunde, Katzen und Hasen. Die Tiere sollten ausgewachsen sein, eine enge Bindung zu ihrem Halter haben und gerne in menschlicher Gesellschaft sein.<BR /><BR /><b>Wer darf tiergestützte Interventionen anbieten?</b><BR />Dal Negro: Auch die Ausbildung der Tierhalter ist gesetzlich geregelt. Unsere Mitarbeiter müssen mindestens 197 Ausbildungsstunden absolvieren, die sich aus einem Einführungsmodul, einem Basismodul sowie einem fortgeschrittenen Modul und einem Praktikum zusammensetzen. Danach erfolgt eine schriftliche Arbeit und eine Eignungsprüfung, bevor die Absolventen schließlich in das staatliche Verzeichnis „Digital Pet“ aufgenommen werden.