Bis vor ein paar Jahren ging er noch, dieser politische Brandstifter. Bei fast jeder Debatte war er mit dem Feuerzeug zur Stelle, schnell wurde es brenzlig. Es war der sogenannte „disagio“, also das Unbehagen der italienischen Sprachgruppe in unserem Land. Wobei „Unbehagen“ eine etwas schmale Übersetzung ist, denn bei diesem Gefühl war eine gute Portion Zorn und Enttäuschung mit dabei. Kurzum, das nagende Gefühl, hier nicht erwünscht und nie recht daheim zu sein. <BR /><BR />Ist dieser Begriff tatsächlich in der Schublade der Unwörter abgelegt? Wer sich so umhört, hat bald schon den Eindruck, dass dieses Unbehagen nicht mehr – wie damals – vor allem in Städten, sondern landesweit unterwegs ist. Vorerst noch eher heimlich und leise. Aber es könnte bald mal sichtbarer und lauter werden. Bei Wahlen zum Beispiel, wo sich Populisten damit aufblasen könnten. Beispiele aus anderen Ländern gibt es genug. <BR /><BR />Es ist das Gefühl von Südtirolerinnen und Südtirolern, dass sie in diesem Land ins Eck gedrängt werden. Das beginnt bei den Renten und Gehältern, die im Hochpreisland schnell und restlos im Loch der Lebenshaltungskosten verschwinden. <BR /><BR /><embed id="dtext86-72198899_quote" /><BR /><BR />Das geht weiter über die Wohnungsnot, während halbe Dörfer und mittlerweile auch Bauernhöfe als Geldanlage und Luxusimmobilien für wenige Wochen im Jahr aufgekauft werden. Das reicht bis zur Beobachtung, dass Jahr für Jahr ein weiteres Stück unserer noch unberührten Natur in den Häcksler der Geldmacherei geworfen wird. <BR /><BR />Wie geschrieben: Noch geht dieses Gespenst nicht bei hellem Tageslicht um. Da tauchen mal Slogans gegen den Übertourismus im Land auf, da brodelt es in Gasthäusern und bei Diskussionsabenden, da sammeln rechtspopulistische Parteien auch bei uns mehr und mehr Stimmen.<BR /><BR />Die Landesregierung bemüht sich nach Kräften, Südtirol für möglichst viele lebenswert und leistbar zu machen. Bettenstopp, strengere Regeln in der Raumordnung, Kraftakt im Wohnbau, Aufbesserung von Renten, Konkretes für den Klimaschutz. Allerdings wird jedes starke Brett mit Maßnahmen sofort von Lobbys angebohrt, zurechtgesägt und durchlöchert. Hauptsache, für die eigene Klientel schaut was raus.<BR /><BR /> Ob andere und die Allgemeinheit davon schlussendlich den Schaden haben, spielt keine Rolle. Weniger laut herumjammern, fordern oder gar einmal zurückstecken, das geht schon gar nicht, schließlich will man vor der eigenen Gruppe nicht als schwache Vertretung dastehen. <BR /><BR />Nichts gegen das Abwägen von Interessen und den Einsatz für die Rechte einer Gruppe. Aber dieser organisierte Gruppenegoismus zerstört das Land und frisst die Heimat auf. Allen muss klar sein: Auf Dauer geht es uns nur gut, wenn es möglichst vielen Menschen in diesem Land gut geht. <BR /><BR /> <a href="mailto:martin.lercher@athesia.it" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">martin.lercher@athesia.it</a>