Für viele Menschen meiner Generation war es ein äußerst unsanftes Erwachen. Gefühlt so, als hätte man uns den Inhalt eines Eiswasser-Kübels ins Gesicht geschleudert – in Erinnerung an einen Online-Hype Mitte der 2000er Jahre. Wir, die wir den Krieg nur vom Hörensagen kennen, von den Erzählungen der Eltern und Großeltern. Oder von Bildern aus Ländern, die wir nicht kennen und in die wir nie wollten. <BR /><BR />Gut, Krieg hat es immer gegeben, könnte man nun einwerfen, aber in meiner Wahrnehmung weit weg, doch nicht bei uns, doch nicht in Europa, ein paar Autostunden entfernt von Bozen. <BR /><BR />Gerne vergessen wir dabei die Balkankriege der 1990er Jahre, die brutal geführt wurden, mit schlimmsten Kriegsverbrechen auf allen Seiten.<BR /><BR />Aber irgendwie setzte sich bei mir der Gedanke durch: Unsere westlichen Armeen, die braucht es wohl vor allem in extremen Notlagen für den Zivilschutz, um bei Überschwemmungen Sandsäcke zu stapeln oder Behelfsbrücken zu bauen, meinetwegen auch, um Corona-Tests und -Impfungen logistisch zu begleiten. Aber doch nicht, um Krieg zu führen, um auf Menschen zu schießen. <BR /><BR />Diese Unsummen an Geld, dachte ich, die eine moderne Armee verschlingt, die könnte man doch viel besser anderweitig verwenden: für Bildung, für Arbeit, für Infrastrukturen, für soziale Zwecke.<BR /><BR /><embed id="dtext86-53424068_quote" /><BR /><BR />Diese Haltung hat sich nach dem Überfall der Putin-Truppen auf die Ukraine wohl nicht nur bei mir geändert. Als der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz vor knapp 3 Wochen in einer Sondersitzung des Bundestages verkündete, 100 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr bereitstellen zu wollen, gab es stehenden Applaus über fast alle Parteien und Fraktionen hinweg. Andere europäische Länder wollen nun nachziehen und haben angekündigt, ihren Militärhaushalt in den kommenden Jahren ebenso aufzustocken.<BR /><BR />Nun kann man dies klarerweise auch kritisieren, Milliarden über Milliarden für Waffen und Technologien auszugeben, die Tod und Zerstörung bringen anstatt Frieden und Wohlstand. Andererseits, und dies zeigt uns die Geschichte nicht erst seit Wladimir Putin, wird es immer irgendwo einen rücksichtslosen Despoten geben, der das archaische Recht des Stärkeren für sich in Anspruch nimmt, um andere Länder und Menschen mit Waffengewalt zu unterdrücken.<BR /><BR />Wenn der Preis der Freiheit in Waffen aufgewogen werden muss, dann klingt das zwar paradox, aber dann muss es wohl so sein. <BR /><BR />Dem römischen Politiker und Philosophen Cicero wird vor über 2000 Jahren der Satz zugeschrieben: Si vis pacem para bellum. Zu Deutsch: Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg. Daran hat sich wohl nichts geändert.<BR /><BR />