<b>Von Karl Tschurtschenthaler und Brigitta Willeit</b><BR /><BR />Dem Kranken- und Hauspflegedienst, der regelmäßig bei den Kühbachers ein- und ausging, ist nichts von Schwierigkeiten in der Familie bekannt.<BR /><BR />Was hat sich am Samstagabend vor der schrecklichen Bluttat in der Wohnung der Familie Kühbacher in der St.-Korbinian-Straße Nr. 6 zugetragen? Niemand weiß das. Vielleicht war es zu einem Streit gekommen, der dann die Situation zum Überlaufen gebracht hat. Vielleicht hatte ein lautes Wort das andere ergeben – und plötzlich war dann eine Waffe im Spiel gewesen. Und es folgte eine Tat im Affekt. Oder es war eine Tat aus Mitleid und Überforderung, die zu einem Amoklauf durch das Haus und zu Schüssen vom Balkon auf alles, was sich vor dem Gebäude bewegte, geführt hat. <BR /><BR />Das sind alles nur Vermutungen. Oder Erklärungsversuche, die vielerorts im Dorf und im Land angestellt werden. Antworten gibt es keine. Zumindest noch nicht.<BR /><BR />Die Situation in der Familie Kühbacher soll aber keine einfache gewesen sein, das hört man dieser Tage oft in Innichen, zumindest hinter vorgehaltener Hand. Auch wenn die Familie, wie es mehrfach geheißen hat, sehr zurückgezogen gelebt haben soll, so wollen doch viele im Dorf von durchaus problematischen Verhältnissen gewusst oder zumindest gehört haben. <h3> „Sohn hat sich sehr um seinen Vater bemüht“</h3>Das alles soll aber lange Zeit zurückliegen. Dem Personal des Kranken- und Hauspflegedienstes, das in den vergangenen Jahren regelmäßig in der Dachgeschosswohnung in der St.-Korbinian-Straße Nr. 6 vorbeigeschaut hat, ist dergleichen weder bekannt noch habe es Anzeichen dafür gegeben, erklärt Sonja Tschurtschenthaler, die Koordinatorin des territorialen Pflegedienstes im Oberen Pustertal.<BR /><BR /> Der Krankenpflegedienst sei ein Mal pro Woche vorbeigekommen, der Hauspflegedienst jede zweite Woche. Hermann Kühbacher sei ein älterer, aber nicht intensiv pflegebedürftiger Mann gewesen. „Er brauchte Unterstützung und Hilfe, war aber nicht bettlägerig“, sagt Tschurtschenthaler. <BR /><BR />Zumindest nach dem Tod der Frau und Mutter Martha, die 2019 im Alter von 78 Jahren einem Herzinfarkt erlegen ist, hat sich hauptsächlich Ewald um seinen Vater gekümmert. Die beiden lebten gemeinsam in der Wohnung im 4. Stockwerk. <h3> „Freundlich und hilfsbereit“</h3>„Ewald Kühbacher hat sich sehr um seinen Vater bemüht und wir haben ihn unterstützt“, sagt Sonja Tschurtschenthaler. „Er wird von allen, die ihn getroffen haben, als sehr freundlicher und hilfsbereiter Sohn beschrieben.“ Er habe sich immer sehr kooperativ gezeigt, „und die Situation in der Wohnung wurde immer als sehr angenehm empfunden“, berichtet Tschurtschenthaler. „Wir können es nicht anders sagen: Ewald Kühbacher hat es – bis zu dem, was am Samstag und Sonntag geschehen ist – gut gemacht.“ <BR /><BR />Am Montag nach der Gewalttat habe es eine Teambesprechung gegeben und dort sei erneut darauf verwiesen worden, dass es keine Auffälligkeiten in der Familie gegeben habe. Auch von einer Pflegeüberforderung könne man nicht sprechen. „Wenn uns hier etwas aufgefallen wäre, hätten wir reagiert und die Unterstützung durch Kranken- und Hauspflege verstärkt“, sagt die Koordinatorin. Im Team der betreuenden Fachkräfte werde man den Fall noch genau aufarbeiten, auch dort herrsche derzeit große Betroffenheit.