Auch mit der Gestaltung der Landschaft lasse sich die gesundheitliche Gefahr durch Hitze eindämmen, unterstreicht Dr. Hermann und erklärt, was das zum Beispiel für den Hitzekessel von Bozen bedeutet. <BR /><BR /><b>Sie sind am Freitag, 24. März, Referent bei der Tagung „Destination Landschaft“ in Bozen – als Erster Vorsitzender der Allianz Klimaschutz und Gesundheit KLUG. Was hat das miteinander zu tun?</b><BR />Dr. Martin Herrmann: Landschaft ist die Umgebung, die uns umgibt. Wie sie gestaltet ist, hat Einfluss auf unser Leben – und auf das Mikroklima ebenso wie auf das Weltklima. Wir sind nicht nur abhängig von ihr, wir sind auch verantwortlich für sie. <BR /><BR /><b>Womit wir beim Klimaschutz bzw. Klimawandel wären?</b><BR />Dr. Herrmann: Ja. Und nun kommt es darauf an, dass wir sehr schnell unsere Lebensweise ändern. Denn wir sind dabei, die Erde unbewohnbar zu machen. <BR /><BR /><b>Was steht uns bevor?</b><BR />Dr. Herrmann: Zunehmend häufigere Naturkatastrophen, allen voran Trockenperioden, die zu Wasserknappheit führen, Massen-Migration aus unbewohnbar gewordenen Gegenden, damit einhergehend gewaltsame Konflikte, sinkende Biodiversität, weitere Pandemien wie die Corona-Pandemie, auch weil wir den Wildtieren notgedrungen immer näher auf den Pelz rücken. Wenn weite Teile der Erde unbewohnbar sind, dann landen wir sozusagen in deren Wohnzimmer – und die Wahrscheinlichkeit, dass Krankheiten auf den Menschen überspringen nimmt zu. Und dann natürlich die Hitze an sich, diese Gefährdung wird leider unterschätzt.<BR /><BR /><embed id="dtext86-58816898_quote" /><BR /><BR /><b>Hitze hat also direkten Einfluss auf die menschliche Gesundheit?</b><BR />Dr. Herrmann: Hitze stellt die größte Bedrohung für die Gesundheit dar. Allein während der Hitzewelle im Jahr 2003 starben in Deutschland rund 9500 Menschen, in den Jahren 2018 bis 2020 kam es erstmals in 3 aufeinander folgenden Jahren zu einer signifikanten Übersterblichkeit durch Hitze mit insgesamt fast 20.000 Todesfällen. Im Sommer 2022 sind nach Schätzungen des Robert Koch Institutes in Deutschland 4500 Menschen durch die Hitze gestorben, in Frankreich waren es sogar 10.000. Dabei stellen die Todesfälle nur die Spitze des Eisbergs dar: Während Hitzeperioden wird das Gesundheitssystem verstärkt in Anspruch genommen, es kommt zu vermehrten Krankenhauseinweisungen.<BR /><BR /><b>Kommen wir zurück zur Landschaft...</b><BR />Dr. Herrmann: Wir müssen uns jetzt auf den Weg zu großen Transformationen machen. Wir können nicht weiterhin beispielsweise alles mit und in unseren Siedlungsflächen zubauen. Bleiben wir bei der Hitze: Vor der müssen wir uns aktiv schützen. Das gilt ganz besonders für die Stadtbevölkerung. Nehmen wir Bozen mit seiner Kessellage. Wir müssen hier die Stadtplanung so anlegen, dass wir Kühleffekte bekommen. Wir müssen begrünen und beschatten, dafür sorgen, dass die Sonne nicht reinkommt und die Asphaltwüsten aufheizt. Wir müssen unsere Architektur danach ausrichten. Hier kann jeder für sich und jede Institution und jedes politisches Gremium seinen Beitrag leisten, aktiv werden, statt nur Zuschauer sein. Denn noch einmal: Hitzewellen sind eine echte Gesundheitsgefährdung. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878117_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Kann Landschaft alleine das schaffen?</b><BR />Herrmann: Wir müssen darüber hinaus noch viel mehr tun, allen voran informieren. Denn das ist kein Thema, das nur ein paar wenige – ältere, kranke – Menschen angeht. Bei Hitzewellen müssen wir anders, leichter essen und unseren Körper kühlen, etwa mit feuchten Tüchern. Wir müssen Aktivitäten im Freien einschränken. Es braucht Strategien in der Gesundheitsversorgung, denn hitzebedingte gesundheitliche Notfälle werden zunehmen. Jeder Betrieb sollte einen Hitzeschutzplan erstellen .... Es gibt viel zu tun. Aber leider fehlt hier wie beim Klimaschutz die – politische – Entschlossenheit. <BR /><BR /><b>Ihre Botschaft?</b><BR />Dr. Herrmann: Sagen wir es offen: Wir haben es versaut. Wenn unsere Kinder und Enkel eine Zukunft haben sollen, dann haben wir jetzt die Pflicht, alles zu tun, um zumindest das Schlimmste zu verhindern.<BR />