<BR /><b>Von Thomas Parth und Alexander Paschinger</b><BR /><BR />Roy Knaus wird nachdenklich, wenn er auf das Unglück vor 20 Jahren am Rettenbachferner angesprochen wird. „Ein tragischer Unglückstag“, wertet er den 5. September 2005 im Gespräch mit tt.com. Jene Tage wird er nie vergessen. Das Datum schon gar nicht: Jahre später kam sein erster Sohn genau an diesem Tag zur Welt. „Damit werde ich noch öfter als viele andere und immer wieder an diesen Tag erinnert.“<BR /><BR />Dann sind seine Gedanken oft bei den sechs Kindern, die damals ihr Leben verloren haben. Wann immer der 49-Jährige in der Gegend um Sölden selber fliegt, „bin ich jedenfalls viel bewusster unterwegs. Ich werde immer wieder daran erinnert, was hier vor so vielen Jahren geschehen ist.“<BR /><BR /><BR />Im ersten Moment damals, „da musste ich meinen Piloten schützen. Es war auch eine versicherungstechnische Frage.“ Man habe früher das Risiko beim Überfliegen einer Bahn nicht so eingeschätzt, wie man es hätte tun müssen. „In der Parabel über das Seil zu fliegen – es war einfach falsch“, denkt er heute. „So etwas wird nicht mehr gemacht.“<BR /><BR />Damals habe die Konkurrenz mit dem Finger gezeigt – „aber die haben das auch nachweislich gemacht“. Und auch die Bergbahnen hätten keine Pause im Betrieb eingelegt, schildert Knaus, der mit 18 Jahren Österreichs jüngster Berufspilot war.<h3> „Sie wollten keinen Kontakt“</h3>Er sei „einfach allein gewesen. Mein damaliger Pilot wird das für sich sicher auch so empfunden haben.“ Zu den Hinterbliebenen des Unglücks „hatten wir damals keinen Kontakt aufgenommen. Sie wollten das auch nicht – und das haben wir akzeptiert.“<BR /><BR />Das Unglück ließ ihn freilich nie wirklich los: „Ein paar Jahre später haben wir uns schriftlich bei den Familien entschuldigt. Für den Unfall und unser damaliges Verhalten“, erzählt der Unternehmer. Er habe dabei versucht zu erklären, worum es ihm gegangen war: einerseits um sich schützend vor den Unglückspiloten zu stellen, aber eben auch um die Versicherungsfrage.<BR /><BR />Für die Firma selbst hatte mit dem Unglück vom 5. September eine schwierige Zeit begonnen: „Wir haben in der Folge sogar Aufträge verloren“, erzählt Roy Knaus.<BR /><BR />Aber es ging wieder aufwärts: 2007 wurde die Firma von Knaus in Heli Austria umbenannt. Mittlerweile „sind wir das größte Helikopter-Unternehmen in Österreich – und gesund“. Es gibt acht Standorte in Österreich, zwei in Südtirol mit 35 Flugmaschinen. 170 Ganzjahresarbeitsplätze bietet die Firma, mit Notärzten und Flughelfern sind es sogar an die 300. Und man ist auch in Island und Chile tätig.<h3> „Tief ins Gedächtnis eingebrannt“</h3>Die Abläufe des 5. September 2005 hätten sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt, erklärt Söldens Bürgermeister, Ernst Schöpf. Er erinnere sich an einige Begebenheiten, die aus der Vergangenheit aufblitzen.<BR /><BR />„Etwa an Skirennläufer Thomas Dreßen, dessen Vater unter den Toten des Gondelunglücks war“, zeigt Schöpf auf. Man habe versucht, den Kontakt zu den Familien aufrecht zu halten, so auch zur Familie Dreßen. „Dass es Jahre später zum Kopfsponsoring von Thomas gekommen ist und dass gerade er in Kitzbühel mit Sölden auf dem Helm gewonnen hat, schließt in gewissem Sinne den Kreis einer Skifahrerkarriere“, glaubt Schöpf: „Von unserer Seite war das kein normales Sponsoring, sondern hatte stets eine emotionale Komponente.“<BR /><BR /><BR />Wie stark die Skirennläufer-Familie zusammenhält, beweise auch, dass in den folgenden Untersuchungen des Unglücks nicht auf Erfolgshonorar-Anwälte gesetzt wurde, sondern dass man auf eine sachliche, unaufgeregte Aufarbeitung vertraut habe. „Obwohl es Angebote sogenannter Staranwälte gegeben hat“, so Schöpf.<h3> Empathische Momente</h3>Söldens Bürgermeister blickt auf eine Begebenheit mit Ski-Ikone Hermann Maier zurück. Kurz nach der Gondelkatastrophe habe man angedacht, das Weltcup-Opening in Sölden 2005 abzusagen. „Man hat die Diskussion, frei nach dem Motto ,the show must go on„, rasch beendet“, weiß Schöpf: „Hermann Maier hat sich, einen Tag vor dem Opening, mit Kindern der betroffenen Skiclubs getroffen.“ Schöpf erinnert sich an ein „sehr empathisches Aufeinandertreffen der Skifahrergenerationen“. <BR /><BR />Vorangegangen war ein schwerer Motorradunfall Maiers, wobei er gar eine Beinamputation zu befürchten hatte. „Einen Tag nach dem Treffen mit den Kindern hat Hermann den Riesentorlauf in Sölden gewonnen.“ Für Ernst Schöpf ein besonderer Moment, der ihn zu einem Teil mit der Tragödie abschließen ließ.<h3> Ein Metallsplitter löste den Betonkübel vom Haken</h3>5. September 2005: Am spätsommerlichen, sonnigen Montag herrschte am Rettenbachferner Hochbetrieb: Zum einen befanden sich viele Skifahrer vor Ort, zum anderen wurden im oberen Abschnitt der Schwarze-Schneid-Bahn Bauarbeiten durchgeführt.<BR /><BR />Gegen 13 Uhr: Das damalige Hubschrauberunternehmen Knaus war damals im Einsatz. Gegen 13 Uhr überflog ein Helikopter mit einem 750-Kilo-Betonkübel die Bahn, als sich der Behälter löste.<BR /><BR />Das Unglück: Der Kübel riss eine Gondel in die Tiefe, das Seil geriet in Schwingung und aus einer zweiten Kabine wurden Personen auf das Geröllfeld geschleudert.<BR /><BR />Die Opfer: Neun Personen fanden den Tod, sieben weitere wurden teils schwer verletzt. Unter den Toten befanden sich eine Frau und zwei Männer sowie vier Mädchen und zwei Buben im Alter zwischen zwölf und 14 Jahren. Alle stammten aus Deutschland und gehörten einem Skiclub an.<BR /><BR />Die Ursache: Am Steuerhebel des Hubschraubers befindet sich ein Knopf, um den Haken zu lösen. Ein Metallsplitter, der durch Abrieb entstanden war, löste laut Gutachten den Mechanismus aus.<BR /><BR />Rechtliche Folgen: Der Pilot wurde u. a. wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Sölder Bergbahnen wurden in einem Zivilprozess zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet.