Yousseff, 36 aus Marokko, wohnt seit Anfang November im Winternachtquartier für Obdachlose in Milland. Ein Besuch. <b>von Daniela Dorfmann</b><BR /><BR />Die Atmosphäre ist angenehm, man wird freundlich empfangen, im ehemaligen Pfarrheim Milland, das seit 1. November als Übernachtungsstätte für Menschen in Not dient. Martina, die Sozialarbeiterin, sitzt im Eingangsbereich am Bürotisch und hält die Liste mit den Gästen bereit, die sie laufend aktualisiert, wenn ein Gast hereinkommt. <BR /><BR />„Es ist wichtig, dass wir wissen, wer in der Unterkunft bereits angekommen ist, wer vielleicht erst später kommt und ob ein Platz für einen anderen Bedürftigen, der auf der Warteliste steht, frei wird“, erklärt sie.<BR /><BR />Auch Youssef, ein Mann aus Marokko, der vor einem Jahr nach Italien kam, ist froh, wieder eine Nacht in einem Bett verbringen zu können und eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen. Er wirkt erleichtert und zufrieden, dass seine Grundbedürfnisse nach Essen und Schlaf hier befriedigt werden. Youssef erzählt, dass er über Spanien und Frankreich nach Italien gekommen ist, alleine, aber zusammen mit vielen anderen, die alle dieselben Beweggründe haben, ihr Heimatland zu verlassen: „Es ist die Suche nach einem neuen Glück, einer neuen Liebe, einem besseren Leben“, teil er mit. <BR /><BR />Im Haus gibt es mehrere Zimmer, in denen 4 bis 7 Personen ihren Schlafplatz haben, 3 Gemeinschaftsbäder, eine kleine Küche und ein Zimmer für die Freiwilligen, in dem sie die Nacht verbringen. Die Räume sind einfach und komfortabel eingerichtet. „Wir bekommen viele Sachspenden, wie Federbetten, Bettwäsche und Kleidung, von Leuten der Umgebung und von Menschen, die von unserer Initiative gehört haben und einen Beitrag leisten wollen,“ erklärt Alexander Nitz.<h3> Ahmed Hirsi-Aden, 26 aus Somalia</h3>Mit einem freundlichen und ruhigen Gesichtsausdruck sitzt Ahmed Hirsi-Aden, ein 26-jähriger Mann aus Somalia, im Eingangsbereich des Winterquartiers und berichtet von seiner Reise nach Europa: „Als ich 13 war, starb mein Vater. 2 Jahre später verließen meine Mutter, meine 2 Schwestern, mein jüngerer Bruder und ich unser Heimatland Somalia. Wir waren in unserem Land nicht mehr sicher und wollten nach Europa, um uns dort ein neues Leben aufzubauen. Als erstes ließen wir uns in Äthiopien nieder, wo wir 3 Jahre lang lebten, dann machte ich mich, zusammen mit 3 Freunden, über den Sudan und Libyen auf den Weg nach Italien. 2016 bin ich hier angekommen, nur ich, ich hatte Glück, meine Freunde haben es nicht geschafft.<BR /><BR />Seit ich in Europa bin, habe ich schon viele verschiedene Arbeiten gemacht“, erzählt Ahmed weiter, „ich habe als Erntehelfer, als Tellerwäscher, als Hausmeister und als Reinigungskraft gearbeitet und durch meine Arbeitsplätze hatte ich auch meistens eine Wohn- und Schlafmöglichkeit. Nach der Saison, als die meisten Gastbetriebe zusperrten und die Erntezeit zu Ende war, bin ich und viele andere auf der Straße gelandet.“<BR /><BR />Durch ein Ansuchen beim Infopoint, einer Anlaufstelle für Personen in schwierigen Lebenslagen in Bozen, hat er und 19 andere Männer bis Ende April im Winterquartier einen Platz zugewiesen bekommen. „Die Obdachlosen können sich täglich ab 14 Uhr im Aufenthaltsraum der Struktur aufhalten und die Toilette benutzen. Später werden die Zimmer von Martina oder mir aufgesperrt und die Gäste bekommen ein warmes Abendessen. Es wird uns von der Pluribar, einem anderen Projekt des b*coop, geliefert“, informiert Nitz.<h3> 30 Freiwillige helfen mit </h3>Jeden Abend kommen ein oder 2 Freiwillige der Umgebung vorbei, um die Nacht im ehemaligen Pfarrheim zu verbringen und durch ihre Präsenz dem oft vorherrschenden Gefühl der Einsamkeit entgegenzuwirken. <BR /><BR />„Der Dienst der rund 30 Freiwilligen, Frauen und Männer, erweist sich tagtäglich als wertvolle Unterstützung“, sagt Nitz. „Die meisten von ihnen sind von Anfang an dabei. Wir haben versucht, sie gut in das Projekt einzuführen, und es gibt regelmäßige Supervisionen. Uns ist wichtig, dass der Freiwilligeneinsatz gut begleitet ist. Dazu gibt es eine WhatsApp-Gruppe, in der wir unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter über wichtige Ereignisse und Neuigkeiten informieren.“<h3> Mit Zuversicht ins neue Jahr </h3>Im Eingangsbereich des Hauses herrscht inzwischen reger Verkehr: Immer mehr Gäste finden sich in der Struktur ein, holen sich ihr Abendessen, waschen sich und gehen auf ihre Zimmer. Auch Ahmed hat wieder auf der Eckbank gleich hinter der Eingangstür Platz genommen und auf die Frage, wie er sich die nächsten Jahre vorstellt, antwortet er mit einem zukunftsorientierten Lächeln im Gesicht: „Mein Wunsch ist es, als Mechaniker zu arbeiten. Außerdem möchte ich Deutsch lernen, ich möchte eine gute Frau finden, und ich möchte eine Familie gründen.“ Vorhaben und Ideen, die für jeden nachvollziehbar sind und deren Verwirklichung wünschenswert ist. <BR /><BR />Ob das Land Südtirol oder der restliche Teil Italiens, ein anderes europäisches Land oder doch sein Heimatland Somalia der richtige Ort dafür ist – Ahmed wird es in den nächsten Jahren herausfinden.