Der heutige Leiter des diözesanen Pilgerbüros und Pfarrer in Mareit und Ridnaun erzählt, wie er in Brixen eine päpstliche Wartezeit überbrücken konnte, dass es Überlegungen für einen zweiten Papsturlaub in Brixen gab und welches Erinnerungsstück er besonders in Ehren hält. <BR /><BR /><b>Wie haben Sie Papst Benedikt bei seinem Urlaub in Brixen erlebt?</b><BR />Thomas Stürz: Der Papst hat schon im Jänner 2008 ganz deutlich gemacht, dass für ihn ein Urlaub in Südtirol mit dem Aufenthalt im Priesterseminar gleichzusetzen ist. Benedikt hat trotz anfänglicher Sicherheitsbedenken die Tage in gelöster Weise durchlebt. Er hat abseits vom Protokoll auch Menschen getroffen, die er von seinen früheren Urlauben her gekannt hat. Er konnte in der so genannten Schwesternkapelle Gottesdienste feiern, so wie er es auch früher immer getan hat. Zudem war sein Bruder Georg im Priesterseminar, sodass es für ihn auch in dieser Hinsicht besondere Tage gewesen sind.<BR /><BR /><b>Was hat Sie an ihm besonders beeindruckt?</b><BR />Stürz: Beeindruckend war die Begegnung mit den Priestern, wo der Papst ganz locker und frei auf die Fragen geantwortet hat. Dort ist wirklich ganz der Professor durchgeklungen, der diese Begegnung sehr genossen hat. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="849815_image" /></div> <BR /><BR /><b>Gibt es eine Begegnung, die Ihnen besonders in Erinnerung bleibt?</b><BR />Stürz: Eine besondere Begegnung gab es am 3. August 2008. Die Sicherheitsleute haben den Papst viel zu früh aus dem Priesterseminar für das Angelusgebet auf dem Domplatz geholt. Der Papst saß eine Weile mit Bischof Wilhelm im Chorstuhl. Ich habe aber sehr bald gemerkt, dass sich die beiden nicht mehr viel zu sagen hatten. Bis 12.00 Uhr fehlte aber noch eine Menge Zeit. So bin ich zu den beiden hingegangen und habe den Papst gefragt, ob er denn die „Heiligen Leiber“, die Büsten der Diözesanpatrone und andere Heiliger in der Nordsakristei des Domes schon einmal gesehen hätte. Er verneinte und so lud ich ihn ein die Büsten mit mir zu besichtigen. Ich habe ihn zu den Vitrinen geführt, einzelne Dinge zu den Büsten erklärt und somit die Zeit überbrückt.<BR /><BR /><b>Was können Sie über den Alltag in den päpstlichen Urlaubstagen erzählen?</b><BR />Stürz: Ich war damals Kaplan der Gendarmeria Vaticana, die in der Cusanusakademie untergebracht war. Mit der Einheit habe ich Gottesdienste gefeiert, gegessen und auch die Freizeit verbracht. Gewohnt habe ich im Priesterseminar und habe dort auch verschiedene Besucher des Papstes gesehen, wie den Kardinalstaatssekretär Bertone oder den ehemaligen Staatspräsidenten Cossiga. Wir haben auch bemerkt, wie der Papst einmal ganz inkognito nach St. Andrä gefahren ist, wo er das Grab von Anton Agreiter besucht hat. Ansonsten gab es ja eine Reihe von geplanten Begegnungen, etwa mit den Priestern, die Verleihung der Ehrenbürgerschaft durch die Stadt Brixen, die 2 Angelusgebete, ein Treffen mit all jenen, die den Urlaub des Papstes möglich gemacht hatten, etwa Sponsoren, Polizei und Heereseinheiten. Der Besuch in Oies hingegen kam ganz kurzfristig und überraschend.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="849818_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Hatten Sie nach dem Urlaub noch Kontakt mit Erzbischof Gänswein und Papst Benedikt?</b><BR />Stürz: Kontakt zu Monsignore Gänswein habe ich noch am Abend des 16. August 2008 unmittelbar nach dem Tod von Bischof Wilhelm gehabt. Ich habe ihm vom plötzlichen Tod des Bischofs berichtet. Er hat mir dann auch geschrieben, „dass der Heilige Vater via CTV-Fernsehen bewegt“ die „würdigen und feierlichen Exequien“ für Bischof Wilhelm mitverfolgt hat. Zudem haben sich Papst Benedikt und Mons. Gänswein einige Gebetsbüchlein „Cantiamo al Signore“ aus der Diözese für die Hauskapelle gewünscht, die ich ihnen geschickt habe. <BR />Zusammen mit dem Verwalter des Priesterseminars Thomas Schraffl gab es im Jänner 2009 eine Begegnung mit Mons. Gänswein und am nächsten Tag mit Papst Benedikt, um auszuloten, ob der Papst noch einmal zum Urlaub nach Brixen kommen möchte. Es war allerdings klar, dass dies nicht mehr in Frage kommen würde. Dem Papst habe ich damals nur für die rasche Ernennung von Karl Golser zum Bischof der Diözese gedankt. Papst Benedikt hat darauf geantwortet: „Das ist schon der richtige Mann in diesem Moment!“<BR /><BR /><b>Haben Sie ein persönliches Erinnerungsstück von Papst Benedikt?</b><BR />Stürz: Ich habe verschiedene Fotos von Begegnungen mit dem Papst bei verschiedenen Anlässen in Rom und natürlich in Brixen. Was mich aber besonders freut ist ein Buchgeschenk des Papstes mit einer persönlichen Widmung an mich, gezeichnet am 29. September 2008 in Castelgandolfo. Das ist sicher eine sehr seltene und wertvolle Erinnerung. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="849821_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Welche Bedeutung für die Kirchengeschichte hatte Benedikt nach Ihrer Einschätzung?</b><BR />Stürz: Tatsache ist, dass der große Theologe es verstanden hat, in seinen Predigten komplizierte Inhalte in einfacher Sprache für die Gläubigen aufzubereiten. Das habe ich immer bewundert. Wer sich große Öffnungen und Fortschritte in Richtung Moderne von Papst Benedikt erwartet hat, hat falsche Hoffnungen in ihn gesetzt. Als Kenner der Kurie in Rom ist es ihm sicher gelungen, die (polnischen) Seilschaften zu unterbinden, die in der langen Zeit der Krankheit von Papst Johannes Paul II. das Sagen hatten. Als historisch bedeutend wurde schon öfters sein Rücktritt im Februar 2013 genannt. Noch bedeutender wäre dieser Schritt gewesen, wenn Benedikt nur mehr Altbischof von Rom gewesen wäre und als solcher in Rom oder in Bayern den Lebensabend verbracht hätte. Der papa emeritus im Vatikan war allerdings nicht nur für seinen Nachfolger eine überaus unglückliche Lösung.<BR /><BR />ZUR PERSON<BR /><BR />Thomas Stürz, Jahrgang 1970, kommt aus Montan und wurde 1995 in Brixen geweiht; nach der Zeit als Kooperator in Sterzing war er von 1999 bis 2008 Privatsekretär von Bischof Wilhelm Egger; seit 2015 ist er Referent für Pilgerfahrten und Tourismuspastoral der Diözese, er wirkt als Pfarrseelsorger in Mareit und Ridnaun im Wipptal. <BR /><BR /><BR /><BR />