Dienstag, 6. Juni 2023

Die „zensierte“ Schülerrede: Vorfall sorgt für viel Aufsehen

Zum Tag der Republik sollte Nathan Previdi, ein 16-jähriger Schüler, eine Rede halten. Diese wurde vom Schulamt abgeändert, wofür es heftige Kritik gehagelt hat. Nun hat sich Abteilungsdirektorin Verdorfer entschuldigt und auch Bildungslandesrat Philipp Achammer hat sich zu Wort gemeldet.

Nachdem seine Rede abgelehnt wurde, veröffentlichte sie Nathan Previdi auf YouTube. - Foto: © Screenshot

Am Tag der Republik am vergangenen Freitag sollte Nathan Previdi – Schüler des klassischen Gymnasiums „Walther von der Vogelweide“ und Sieger des landesweiten Quiz zur politischen Bildung – eine Rede über die Gefahren für die Demokratie bei einer Veranstaltung des Regierungskommissariat halten. Es geht in seiner Rede um den Klimawandel, den zunehmenden Neofaschismus und die Spaltung der Gesellschaft in arm und reich.

Die Vorbereitung dieser Rede wurde laut Previdi von der Schule begleitet. Dabei sei sie zunächst von einem Mitarbeiter der pädagogischen Abteilung „bis zur Unkenntlichkeit umgeschrieben worden.“ Erst als der Schüler darauf bestanden habe, seine eigene Rede im Original vortragen zu dürfen, wurde diese so an das Regierungskommissariat weitergeleitet. Diese Rede wurde am vergangenen Donnerstagvormittag vom Regierungskommissar abgelehnt: Mit der Begründung, dass sie einen „zu politischen Anstrich“ habe.

„Wir dachten, sie würden sich auf stilistische und grammatikalische Änderungen beschränken, aber das war nicht der Fall. Was wirklich einen bitteren Beigeschmack hinterlässt, ist die Tatsache, dass die geänderte Rede mit von meinem Sohn geschriebenen Passagen dann von einem anderen Schüler vorgetragen wurde“, so PrevidisMutter Viola Daubenspeck gegenüber der Nachrichtenagentur Ansa.

„Die beschriebene Vorgehensweise spricht nicht wirklich für eine funktionierende Demokratie, die ja gerade an diesem Tag und an so einer Veranstaltung hochgehalten wird. Anscheinend dürfen Jugendliche für gefällige Sonntagsreden herhalten, werden aber mundtot gemacht, sobald sie Probleme direkt ansprechen“, beklagt Previdi in einem Schreiben an die Redaktion.

Seine ursprüngliche Rede hat Previdi schließlich auf YouTube veröffentlicht.Dort haben sie sich inzwischen über 7500 Menschen angesehen.

Die Direktorin am Bozner Gymnasium „Walther von der Vogelweide“, Martina Adami, hat laut Medienberichten inzwischen beim Regierungskommissariat eine Anfrage gestellt, um die Hintergründe der Ablehnung des Textes zu erfahren.

Vorfall schlägt hohe Wellen

Inzwischen hat dieser Vorfall hohe Wellen geschlagen und für teils heftige Kritik gesorgt: Für Anpi Bozen ist dies „ein ernster, inakzeptabler Vorfall, der deutliche Erklärungen, eine sofortige Entschuldigung und den Rücktritt oder zumindest einige Schritte zurück von den übereifrigen Zensoren erfordert.“

Auch das Regierungskommissariat Bozen schaltete sich am Tag darauf ein und erklärte, dass die Initiative, die Schüler in die Feierlichkeiten zum 2. Juni einzubeziehen, vom Regierungskommissariat gefördert wurde. „Den schulischen Einrichtungen wurde die Aufgabe übertragen, die entsprechenden didaktischen Aktivitäten in Eigenregie durchzuführen und die Beiträge über den 'historischen Wert der Demokratie' anzubieten, wobei sie über den Inhalt frei entscheiden können und die Möglichkeit haben, im Unterricht erarbeitete Passagen oder Texte vorzulesen und schließlich die Schüler zu bestimmen, die sie bei der Feier vortragen sollen“.

Die Meinungsfreiheit sei ein Verfassungsrecht. Art. 21 schütze das Recht jedes Bürgers, seine Meinung frei zu äußern. Sie dürfe nicht zum Zwecke politischer Anpassung zensuriert werden. Dies stellt der Vorsitzende des Clubs der ehemaligen Mandatare der SVP, Franz Pahl, in einer Aussendung fest. Die Einmischung in Previdis Redetext bezeichnete er als „unangemessen.“

„Junge Menschen dürften nicht daran gehindert werden, sich auch zur Geschichte und zur Verfassungswirklichkeit kritisch zu äußern“, heißt es abschließend in der Presseaussendung des SVP-Clubs.

Inzwischen hat sich laut Medienberichten die Direktorin der Pädagogischen Abteilung, Gertrud Verdorfer, bei dem 16-Jährigen offiziell entschuldigt. Der Verlauf, den diese Geschichte genommen habe, tue ihr leid. In einem Schreiben ließ Verdorfer verlauten, dass es „explizit nicht in Ordnung sei“, dass der Text „offenbar in seinem Mittelteil massiv verändert und umgeschrieben wurde und dieser neue Text ohne Rücksprache an das Regierungskommissariat übermittelt wurde“. Zwar stehe es dem Regierungskommissariat frei, eine Rede abzulehnen, allerdings habe sie nichts Anstößiges an der Rede des Schülers finden können.

Am Dienstag hat auch Bildungslandesrat und SVP-Obmann Philipp Achammer Stellung zu dem Vorfall bezogen: „Wer wirklich daran interessiert ist, die Meinung junger Menschen zu hören, der hat auch kein Problem mit kritischen Worten.“

Demokratie lebe davon, dass sich Menschen kritisch einbringen. „Und wir sollten froh sein, wenn gerade Jugendliche dies tun.“ Gleichzeitig bedankte sich der Landesrat für die „unmissverständliche Klarstellung“ der Direktorin der Pädagogischen Abteilung Gertrud Verdorfer.

stol

Alle Meldungen zu:

Stellenanzeigen


Teilzeit






Teilzeit





powered by
Kommentare
Kommentar verfassen
Bitte melden Sie sich an um einen Kommentar zu schreiben
senden