Wir haben uns über das ehemalige Juwel informiert, erzählen Ihnen, wie schön es einmal war, welch illustre Persönlichkeiten dort urlaubten und warum nichts mehr von der ehemaligen Pracht übrig ist.<BR /><BR />Der Historiker und ehemalige Bürgermeister von Lana, Christoph Gufler, hat sich eingehend mit dem ehemaligen Kurbad in Mitterbad in St. Pankraz im Ultental beschäftigt und hat uns im Interview von der einmaligen Geschichte des Ortes erzählt.<BR /><BR /><b>Können Sie die Geschichte des Kurbads Mitterbad und der dazugehörigen Kapelle kurz skizzieren?</b><BR />Christoph Gufler: Das Mitterbad bei St. Pankraz in Ulten ist eines der ältesten dokumentierten Heilbäder im Alpenraum. Seit 1418 als „Badl“ erwähnt, steigt es im 19. Jahrhundert „zum meistbesuchtesten Bad Deutschtirols“ (Ludwig Steub) auf, das „wegen seiner ausgezeichneter Heilkraft stärker besucht wird als jedes andere Bad im Lande“ (J.J. Staffler). Die Zeitschrift „Alpenfreund“ zählt um 1870 „2 große Speisesäle, 63 Zimmer, 1 Kaffeehaus mit Saal und Pianoforte, Promenadenplatz, Bismark-Promenade, 26 Badezimmer mit 1-3 Badewannen, 2 russische Dampfbäder, Fichtennadelbäder, Kapelle“ auf. Die zum Bad gehörende Kapelle St. Cosmas und Damian wird 1716 erstmals erwähnt. Zu den Badegästen zählten u.a. die Schriftsteller Heinrich und Thomas Mann, Peter Rosegger, Karl May, Franz Kafka, Christian Morgenstern, der Philosoph Rudolf Steiner, der Maler Franz von Defregger, die Schauspielerin und Kaiserfreundin Katharina Schratt, Bühnenstar Alexander Girardi, Sigmund Freud, Sebastian Kneipp und zahlreiche angehörige des europäischen Hochadels von den Hohenzollern bis zu den österreichischen und belgischen Herrscherhäusern. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878777_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wann und warum wurde das Kurbad geschlossen?</b><BR />Gufler: Nach dem 1. Weltkrieg begann der Stern des vorher so berühmten Heilbades langsam aber stetig zu sinken. Ab 1946 wird das Mitterbad von den Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzens von Paul geführt. 1971 wird der Badebetrieb eingestellt. Die ehemaligen Badehäuser bestehen zwar noch, befinden sich jedoch in baufälligen Zustand. Auch die Badkapelle neben der majestätischen Linde verfällt trotz der wiederholten Erhaltungsmaßnahmen der Pfarre St. Pankraz und des örtlichen Heimatpflegevereines immer mehr. Der Grund für den Niedergang sind unterlassene Modernisierumgsmaßnahmen, vor allem aber, dass solche Heilbäder aus der Mode kamen.<BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/panorama/panorama/das-besuchteste-bad-deutschtirols" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Hier gibt es weitere interessante und ausfühlriche Hintergrundinformationen von Christoph Gufler zur Geschichte Mitterbads und seinen illustren Gästen.</a><BR /><BR /><b>Wie empfinden Sie die Verwahrlosung und den Verfall vom ehemaligen Kurbad Mitterbad?</b><BR />Gufler: Wenn man bedenkt, dass das Mitterbad einst ein beliebter Treffpunkt der High Society von halb Europa war, kann man den heutigen Zustand nur bedauern. Das Mitterband stellt ein einmaliges Freistellungsmerkmal und einen großen Mehrwert für das Ultental und für ganz Südtirol dar. Durch eine qualitätsvolle Aufarbeitung und intelligente Kommunikation der historisch belegten Erfolge und der nach wie vor aktuellen Heilkraft, kann die Region einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Gebieten nützen und am Megatrend Gesundheit und Naturheilverfahren partizipieren. In der Tourismusgemeinde Naturns läuft z.Z. ein Projekt, das auf die Heilquelle eines weit weniger bekannten alten Bades aufbaut, womit sich der Ort u.a. in der „Süddeutschen Zeitung“ positioniert. <BR /><BR /><embed id="dtext86-58841429_gallery" /><h3> Das sagt der Bürgermeister von St. Pankraz</h3>Auch beim Bürgermeister von St. Pankraz, Thomas Holzner, haben wir uns informiert, wie es um die Besitzverhältnisse und Pläne für Mitterbad steht. <BR /><BR /><b>Herr Bürgermeister, tut es Ihnen nicht im Herz weh, dass ein solch geschichtsträchtiger Ort, den es in Ihrer Gemeinde St. Pankraz gibt, so verwahrlost ist?</b><BR />Holzner: Ja, es ist schon sehr schade, denn die Geschichte ist einzigartig und wirklich faszinierend. Wir als Gemeinde haben das aber nicht wirklich in der Hand. Denn seit 1972 befinden sich die Gebäude des ehemaligen Kurbads Mitterbad – dazu gehört das Hauptgebäude, das Bäderhaus und die Kapelle – einer privaten Erbgemeinschaft – Leute aus der Meraner Gegend. Wir haben als Gemeinde einige Gespräche geführt, wie es mit Mitterbad und der dazugehörigen Kapelle weiter gehen bzw ob es restauriert werden könnte. Doch passiert ist nicht viel bzw. nichts, die Erbgemeinschaft ist sich auch untereinander nicht einig. <BR /><BR /><b>Also gibt es keine Pläne die Gebäude und die Kapelle zu restaurieren und womöglich wieder zu nutzen? Zum Beispiel als Museum?</b><BR />Holzner: Bisher nicht. Letztes Jahr hatte es mal den Anschein als käme Bewegung in die Sache und als hätte die Erbgemeinschaft sich entschieden. Doch seitdem habe ich nichts mehr gehört. <BR /><BR /><b>Wer sich nach Mitterbad verirrt, findet auf dem Areal des einstigen Kurbades einige Infotafeln zur Geschichte des Ortes...Eine Initiative der Gemeinde?</b><BR />Holzner: Ja genau. Darauf haben wir uns vor etwa 15 Jahren mit einer der Personen aus der Erbgemeinschaft verständigt und diese bebilderten Infotafeln aufgestellt. An der sich mittlerweile in desolatem Zustand befindlichen Kapelle hat der Museumsverein Ulten eine Erinnerungstafel an den Kuraufenthalt der Kaiserin Sissi in den Jahren 1871, 1889 und 1897 angebracht. Die wunderschöne Linde am Vorplatz ist Naturdenkmal.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878672_image" /></div> <BR /><BR /><b>Das Areal befindet sich also in Privatbesitz und trotzdem kann jeder das Areal bzw. die stark baufälligen Gebäude betreten. Offensichtlich haben Jugendliche dort auch einen Ort zum Feiern und Abhängen gefunden... Warum ist das stark baufällige Gebäude nicht abgesperrt?</b><BR />Holzner: Wir haben als Gemeinde die Erbgemeinschaft gebeten, das Gebäude abzusichern. Sie haben dann zwar eine kleine Tafel mit „Betreten verboten“ angebracht, aber die gibt es nicht mehr. Das Gebäude und die Kapelle sind offen, frei und leicht zugänglich, was nicht ideal ist, angesichts des schlechten und auch gefährlichen Zustands.