Im Interview zeigt er die Vor- und Nachteile dieser E-Scooter (oft auch E-Tretroller genannt) auf und sagt, warum Sharing-Dienste in Hinblick auf Green Mobility nicht das Gelbe vom Ei sind. <BR /><BR />Ein E-Scooter – oder auch Elektro-Tretroller (ital. monopattino elettrico) genannt – ist ein kleines einspuriges Fahrzeug, das einem Tretroller ähnelt, aber üblicherweise nicht durch Treten, sondern von einem Elektromotor angetrieben wird. Die Fortbewegung durch Treten ist dennoch möglich. Es gibt Ausführungen mit und ohne Sitz. Die Bezeichnung E-Scooter wird auch für Elektromotorroller und Elektromobile verwendet, die hier <b>nicht</b> gemeint sind. In den meisten europäischen Ländern liegt die erlaubte bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit für E-Scooter bei 25 km/h. In Italien, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Schweden, Griechenland und der Schweiz liegt die erlaubte Höchstgeschwindigkeit bei nur 20 km/h.<BR /><BR /><b>In vielen Städten gibt es sogenannte Sharing-Dienste für E-Scooter. Wie funktionieren die?</b><BR />Harald Reiterer: Hier müssen wir zwischen 2 Angebots-Modellen unterscheiden. Beim stationären Modell erfolgen die Ausleihe und Rückgabe der E-Scooter an festen Stationen, meist an Bahnhöfen oder zentralen Plätzen. Häufig werden die E-Scooter an diesen Stationen zudem wieder geladen. Bei dem E-Scooter-Sharing nach dem Free-Floating-Prinzip hingegen bestehen keine festen Stationen und die Ausleihe und Rückgabe kann im gesamten Bedienungsgebiet erfolgen. Die Nutzer finden den E-Scooter mit Hilfe der GPS-Funktion und einer Smartphone-App. Bei dem Free-Floating-Sharing werden die E-Scooter häufig am Abend durch den Anbieter eingesammelt, geladen und am nächsten Morgen an zentralen Orten aufgestellt.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="775412_image" /></div> <BR /><BR /><b>In Südtirol gibt es keines dieser Sharing-Modelle…Warum nicht?</b><BR />Reiterer: Wir haben uns die Frage gestellt: Ist es wirklich notwendig, dass in Südtirol solche E-Scooter im Verleih angeboten werden? Hilft dies wirklich, die Mobilität verträglicher und nachhaltiger zu gestalten? Sind diese Sharing-Modelle wirklich „green“? Und da kann ich nur sagen, dass zahlreiche Faktoren für ein Nein sprechen.<BR /><BR /><b>Und die wären?</b><BR />Reiterer: Zahlreiche Studien belegen, dass die Wege, die mit dem E-Scooter zurückgelegt werden, keine Auto-Wege sind, sondern sehr kurze Strecken, die meist ebenso gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigt werden hätten können. Vielfach werden E-Scooter also einfach aus Bequemlichkeit für ein paar Hundert Meter Strecke genommen. Dieses Phänomen ist einerseits schlecht für die Gesundheit und trägt andererseits auch dazu bei, dass die Umweltbilanz dieser E-Scooter nicht sonderlich gut ist, Sie helfen kaum den Autoverkehr zu vermeiden, sondern vielmehr das Zufußgehen und das Radfahren. Außerdem ist die Haltbarkeit dieser Verleih-E-Scooter sehr gering. <BR /><BR /><b>Weil die Leute nicht aufpassen?</b><BR />Reiterer: Ja, vorsichtiges, materialschonendes und bewusstes Fahren mit E-Scootern von Leihfirmen ist häufig Fehlanzeige. Mit den Leihrollern wird fröhlich über Stock und Stein, Kopfsteinpflaster, von Gehsteinkanten oder über Schlaglöcher gebrettert. Die Leute stellen ihn ja auch gleich wieder an irgendeiner Ecke ab – oft mitten auf den Gehwegen. Die Firmen berichten über eine maximale Halbwertszeit von 3 Monaten. Insider rechnen bei den Scootern mit einer Lebenserwartung von 8 Wochen. Außerdem werden die E-Roller schnell Opfer von Vandalismus. Sie werden in Flüsse geworfen oder aus Langeweile kaputt gemacht. 2 weitere Probleme also: E-Scooter müssen häufig ausgetauscht und die Lithium-Akkus entsorgt werden. Die Herstellung der Akkus ist übrigens auch sehr energieintensiv und die Gewinnung der hierfür benötigten Rohstoffe geht mit Umweltbelastungen einher. Das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Zudem müssen die E-Scooter ja je nach Sharing-Modell abends auch noch mittels Lastwagen eingesammelt und an die jeweiligen Standorte zurückgebracht werden… auch das ist nicht gerade umweltfreundlich. <BR /><BR /><b>Und als besonders sicher gelten E-Scooter auch nicht….</b><BR />Reiterer: Ja, leider kam es in der Vergangenheit immer wieder zu schweren und tödlichen Unfällen. Auch das ist ein Faktor, den man mitdenken muss. Die Fahrdynamik und Stabilität ist schlechter als bei allen anderen Kleinstfahrzeugen; die Füße und der Kopf sind beim Touchieren oder bei Stürzen extrem gefährdet. Der Nutzer ist nicht sicher mit dem Trittbrett verbunden, es bestehen Defizite beim Umgang mit der Technik.In Italien sind diese E-Scooter formell einem Rad gleichgestellt, mit ihnen darf man dort fahren, wo auch Radfahrer fahren dürfen, sprich auf der Straße und auf Fahrradwegen. Aufgrund der Unfälle wurden die Regeln angepasst. Außerhalb von Ortschaften darf man mit E-Scootern nun nicht mehr verkehren. Eine Helmpflicht, die auch ich für sinnvoll erachte, konnte bislang allerdings nicht umgesetzt werden. Wenn ich daran denke, dass diese E-Scooter häufig auch gerade in den Nachtstunden von angetrunkenen Personen als Spaßgerät benutzt werden, sollte hier definitiv nachjustiert werden.<BR /><BR /><b>Also abgesehen von der fraglichen Umweltbilanz, ist auch das einer der Faktoren, warum Sharing-Points für Südtirol nicht angedacht werden.</b><BR />Reiterer: Ja, aufgrund all dieser wenig positiven Faktoren und bisherigen Erfahrungen gibt es in Südtirol kein großes Interesse daran, auch wenn ich jetzt nicht pauschal für die einzelnen Städte sprechen kann, die eine Konzession an die Verleihfirmen vergeben könnten. Diese Sharing-Modelle bieten sich eher für Großstädte an, wo man entsprechende Angebote machen kann und der Dienst sowohl für den Nutzer attraktiv als auch für den Anbieter lukrativ ist. Das ist auf kleineren Gebieten schwierig. Denn wenn man von einem Standort aus startet und das Fahrzeug auch dort wieder zurückgeben muss, ist das nicht unbedingt das, was der Kunde will. Er will ja von A nach B und den E-Roller dann am Zielort abstellen und auschecken und es nicht – während er seine Erledigungen tätigt – behalten und für die ganze Zeit bis zur Rückgabe am Ausleihort bezahlen. Der Minutentarif ist nämlich relativ hoch.<BR /><BR /><b>Bisher haben wir nur von Nachteilen gesprochen, wo aber liegen die Vorteile der E-Scooter?</b><BR />Reiterer: E-Scooter als nachhaltiges Mobilitätsmodell sehe ich vor allem in der privaten Nutzung. Denn wenn einem der Scooter selbst gehört, geht man folglich auch sorgsamer, verantwortungsvoller und bewusster damit um, das heißt die Lebensdauer ist dementsprechend länger. Außerdem ist bei privaten Nutzern die Wahrscheinlichkeit, dass sie den E-Scooter auch als Alternative zum Auto nutzen, um einiges größer. Im Idealfall nutzen sie ihn, um öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen. Ein Vorteil ist ja hier, dass man die zusammenklappbaren E-Scooter im Zug und je nach Platzangebot auch im Bus ohne Aufpreis befördern kann. <BR /><BR /><b>Der Bereich Green Mobility der STA legt seinen Fokus aber doch auf andere Art von nachhaltiger Mobilität?</b><BR />Reiterer: Ja, genau. Wir promoten die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, das Zufußgehen und das Radfahren. Doch auch der motorisierte Individualverkehr soll hin zu emissionsarmen Lösungen weiterentwickelt werden, wobei die E-Autos eine zentrale Rolle spielen. E-Scooter propagieren wir aus oben genannten Gründen nicht. Falls es ein passendes Konzept für eine kombinierte Nutzung mit dem ÖPNV gibt, kann man über eine entsprechende Umsetzung nachdenken. In Bezug auf das Radfahren würden wir in Südtirol eher ein Bike-Sharing-System an verschiedenen Orten, zum Beispiel an manchen Bahnhöfen, unterstützen. Diesbezüglich fassen wir entsprechende Pilotprojekte ins Auge. Zudem gehen wir die Verbesserung der Radabstellanlagen an und werden in den nächsten Jahren abschließbare Abstellanlagen für das eigene Fahrrad bei bestimmten Zug- und Bushaltestellen schaffen.<BR /><BR /><BR /><b>*„Green Mobility“</b> ist eine Initiative des Landes Südtirol und wird von der STA - Südtiroler Transportstrukturen AG koordiniert. Das Projekt wurde mit dem Ziel geboren, Südtirol zur Modellregion für nachhaltige alpine Mobilität zu machen. Green Mobility beschäftigt sich mit allen Formen der nachhaltigen Mobilität, vernetzt sie miteinander, bereitet den Boden für Innovationen und lanciert neue Projekte. Schwerpunkte sind dabei die Bereiche Elektromobilität, Radmobilität und Mobilitätsmanagement.<BR /><BR />