Wenn am Freitag kurz nach 13 Uhr der Schiedsrichter eine Fußballpartie auf dem Fußballplatz des Bozner FC anpfeift und damit ein kleines Turnier eröffnet, werden einige Spieler auf dem Platz stehen, die sonst nicht die Möglichkeit haben, sich in ihrem Leben frei zu bewegen und andere Spieler, die den Alltag genau dieser Spieler mitbestimmen. Es spielen: Häftlinge des Bozner Gefängnisses gegen Wachpersonal des Bozner Gefängnisses. Wir haben mit dem Organisator des Turniers gesprochen.<BR /><BR /><BR /><BR />Die Gemeinde Bozen übernimmt die Schirmherrschaft. Wir haben mit Dr. Nicola Gaetani über das Turnier, die Idee dahinter und über organisatorische Herausforderungen gesprochen. Er ist Verantwortlicher für den Bildungsbereich im Gefängnis, in dem über 100 Häftlinge untergebracht sind. Die Veranstaltung organisiert er mit seinem Kollegen Fortunato Angotti und der Sprachschule AlphaBeta, die im Gefängnis Bildungsangebote zur Verfügung stellt. <BR /><BR /><BR /><b>Wie kam es zur Idee für diese äußerst ungewöhnliche Initiative?</b><BR /><BR />Nicola Gaetani: Die Idee dazu hatten wir vor einigen Monaten. Es ist das erste Experiment dieser Art außerhalb der Gefängnismauern und wir glauben, dass es die erste einer Reihe solcher Veranstaltungen sein sollte, die wir auch in den kommenden Jahren organisieren möchten. Beim Turnier am Freitag möchten wir eine gute Figur machen. Das Wetter verspricht jedenfalls sonnig zu werden. Ein gutes Omen.<BR /><BR /><BR /><b>Haben Sie Unterstützung für die Idee erhalten?</b><BR /><BR />Nicola Gaetani: Ja, eine sehr breite. Wir arbeiten ja schon seit einiger Zeit am Turnier. Eingebunden sind sehr viele Akteure, darunter Institutionen, Verbände, Vereine, konkret der FC Bozen und GS Excelsior, und Private. Wir haben mit dem Justizministerium in Rom, der Gemeinde Bozen, der Aufsichtsgerichtsbarkeit, der Gefängnispolizei, der Anwaltskammer und dem italienischen Fußballverband zusammengearbeitet. Unterstützt werden wird aber auch von Unternehmen, etwa der Sparkassenstiftung, von Alpha Beta Piccadilly und von Lemayr. Andere stellen uns die Trikots und die Fußballschuhe, die sich die Häftlinge ja nicht kaufen können. Es gibt also sehr viele Unterstützer. <BR /><BR /><BR /><b>Welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Veranstaltung?</b><BR /><BR />Gaetani: Sport ist ein sehr wichtiger Teil der Arbeit mit den Häftlingen. Wir organisieren solche Veranstaltungen, um daran zu erinnern, dass das Gefängnis da ist, dass es eine Realität ist, dass die Häftlinge wie Menschen zu behandeln sind. Der Sport ermöglicht uns, alle auf die gleiche Ebene zu bringen und als Personen zu wachsen.<BR /><BR /><BR /><b>Wie viele Häftlinge nehmen am Turnier teil?</b><BR /><BR />Gaetani: 11 Häftlinge aus der Strafanstalt. Ein weiterer Häftling, der außerhalb des Gefängnisses lebt und arbeitet, dem also in Zusammenarbeit mit uns eine alternative Betreuung zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht wird, wurde ebenfalls für das Spiel einberufen. <BR /><BR /><BR /><b>Wählt die Gefängnisleitung die Teilnehmer unter den Häftlingen aus?</b><BR /><BR />Gaetani: Ja, denn natürlich hat nicht jeder Häftling die Möglichkeit, eine Sonderausgangserlaubnis zu bekommen. Ich habe versucht, jeden der einen Zugang dazu hat, einzubinden. <BR /><BR /><BR /><b>Konnten und können die Teilnehmer im Gefängnis trainieren, um sich vorzubereiten?</b><BR /><BR />Gaetani: Ja, die Häftlinge haben die Möglichkeit, Fußball zu spielen. <BR /><BR /><BR /><b>Wie viele Spiele werden beim Turnier ausgetragen?</b><BR /><BR />Gaetani: Wir können den Platz für 3 Stunden nutzen. Also gehen sich 6 Fußballspiele aus. <BR /><BR /><BR /><b>Wer pfeift die Spiele?</b><BR /><BR />Gaetani: Schiris der italienischen Schiedsrichtervereinigung. <BR /><BR /><BR /><b>Sind während des Turniers besondere polizeiliche Maßnahmen vorgesehen?</b><BR /><BR />Gaetani: Nein. Die Häftlinge, die beim Turnier mitspielen, werden nicht zum Fußballplatz eskortiert. Sie kommen in normaler Kleidung, es dürfte kaum möglich sein, sie von den Mitspielern der 3 anderen Mannschaften zu unterscheiden. Das Turnier beginnt um 13 Uhr, die 11 Häftlinge werden schon um 9 Uhr Ausgang haben. Wir möchten es ihnen ermöglichen, sich verantwortlich zu zeigen, etwa auch pünktlich zur Veranstaltung zu erscheinen. Sie sollen am Freitag zeigen, dass sie Verpflichtungen einhalten können. Übrigens kann jeder Interessierte als Zuschauer zu den Spielen kommen.<BR /><BR /><BR /><b>Sind einige der 11 Häftlinge bereits im offenen Strafvollzug?</b><BR /><BR />Gaetani: Ja, einige arbeiten tagsüber und kehren abends ins Gefängnis zurück. Andere erhalten am morgigen Freitag eine Sonderausgangserlaubnis. Das wurde mit der Aufsichtsgerichtsbarkeit abgeklärt, die unsere Initiative unterstützt. <BR /><BR /><BR /><b>Das Wachpersonal und die Häftlinge werden sich auf dem Spielfeld in einem völlig anderen Kontext begegnen. Wie schätzen Sie die Beziehung untereinander ein?</b><BR /><BR />Gaetani: Das Bozner Gefängnis ist klein. Das Verhältnis zwischen Wachpersonal und Häftlingen ist seit Jahren gut. Es herrscht ein respektvolles Verhältnis unter Berücksichtigung der jeweiligen Rolle. Die Polizisten sind ja immer die ersten Ansprechpersonen für die Häftlinge. Deshalb gibt es kein Problem damit, gegeneinander zu spielen. Rachegelüste wird es nicht geben. <BR /><BR /><BR /><b>Gibt es Sportturniere dieser Art in anderen Regionen bereits?</b><BR /><BR />Gaetani: In Bozen ist es auf jeden Fall das erste Turnier, in der Region wohl auch. Andere Turniere dieser Art außerhalb der Gefängnismauern sind mir nicht bekannt. Es gibt große Haftanstalten mit Fußballplätzen innerhalb des Areals, auf dem sicherlich Turniere veranstaltet werden können, aber eben im Gefängnis, nicht außerhalb.