„Klar ist es ein Versuch, aber ich glaube, dass er gelingen kann“, sagte Reiterer im Jänner 2022 beim Start seines mutigen Experiments zu s+ ( <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/mutiges-experiment-dieser-maler-hat-ab-jetzt-die-4-tage-woche" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">hier ist das vollständige Interview</a>). Auch wenn ihm am Ende des Jahres 20 Prozent des Einkommens fehle, könne er damit leben – dafür habe er mehr Zeit zum Leben. Ist sich diese Rechnung aufgegangen?<BR /><BR /><b>Herr Reiterer, arbeiten Sie noch in der 4-Tage-Woche?</b><BR />Bernhard Reiterer: Ja, selbstverständlich! Es hat sich wunderbar bewährt und daher mache ich auf diesem Weg ganz bestimmt weiter.<BR /><BR /><b>Freitag und das Wochenende frei: Gilt das also immer noch?</b><BR />Reiterer: Ich habe mir das immer genau aufgeschrieben. Im Laufe des vergangenen Jahres habe ich drei Mal an einem Freitag gearbeitet, und zwar weil es auf der Baustelle in der Abstimmung mit anderen Handwerkern nicht anders ging. Dafür habe ich mir dann am Montag frei genommen. Die 4-Tage-Woche gilt also weiterhin. <BR /><BR /><b>Sie haben vor einem Jahr gesagt, dass Sie auch damit leben können, wenn bei 20 Prozent weniger Arbeit auch 20 Prozent des Einkommens fehlen. Wie schaut es in der Kasse aus?</b><BR />Reiterer: Wie es mit dem tatsächlichen Gewinn ausschaut, muss sich bei der Steuererklärung zeigen. Jedenfalls habe ich 10 Prozent mehr Umsatz erzielt. Von Einbußen dürfte also kaum die Rede sein. <BR /><BR /><embed id="dtext86-57939345_quote" /><BR /><BR /><b>Ich vermute, Sie haben kurzerhand die Preise erhöht.</b><BR />Reiterer: Nein, der höhere Umsatz kam vor allem deswegen zustande, weil ich durch die 4-Tage-Woche mehr Zeit hatte, mich nach hochwertigen Aufträgen umzusehen und meine Kunden Qualität zu schätzen wissen. Mit Dekorspachtelarbeiten zum Beispiel müssen bei der Renovierung eines Bades nicht die alten Fliesen heruntergeschlagen werden, sondern ich kann sie mit Zement oder Kunstharz überarbeiten; das erspart Lärm, Dreck, Entsorgungskosten und Zeit. Es haben sich außerdem einige neue Partnerschaften mit Architekten und Bauplanern ergeben. Allein schon dafür hat es sich ausgezahlt! <BR /><BR /><BR /><b>Es schaut also nicht nur mehr freie Zeit heraus.</b><BR />Reiterer: Nein, vor allem bei der Arbeit selbst merke ich, dass ich gerastet und daher konzentrierter, leistungsfähiger und mit mehr Freude dabei bin. Ich bin jetzt Mitte 50, mein Beruf ist eine körperintensive Arbeit. Da tun 3 Tage Erholung am Stück sehr gut. Ich merke plötzlich, dass ich am Montag wieder mit Freude an die Arbeit gehe, vorher musste ich mich oft richtig aufraffen und durchkämpfen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="857276_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>Wie haben die Kundinnen und Kunden darauf reagiert, dass Sie am Freitag nur noch in Ausnahmefällen anrücken?</b><BR />Reiterer: Das war bisher überhaupt kein Problem. Meist lässt es sich ja so einteilen, dass die Arbeit am Donnerstag fertig ist. Die Kunden sind dann froh, wenn sie an einem Arbeitstag und übers Wochenende aufräumen und putzen können. Ich glaube, sie schätzen es auch, wenn irgendwann kein Handwerker und Ruhe im Haus ist. <BR /><BR /><b>Beim Start vor einem Jahr wollten Sie die zusätzliche freie Zeit für Camper-Fahrten mit Ihrer Frau, im Garten, am Berg und mit der Kunstmalerei nützen. Hat das geklappt?</b><BR />Reiterer: Ja, im Laufe des Jahres waren 5 Wochen Urlaub drin, dazu viel Zeit in Haus und Garten. Dieses Jahr war ein enormer Gewinn bei der Lebensqualität! Wir müssen ja nicht „buggeln“ und uns abrackern, um zu überleben. Inzwischen bin ich bei zwei verschiedenen Kunstgruppen dabei, es hat sich richtig viel entwickelt. Bei einem Kunstprojekt gestalte ich mit einem Kollektiv großformatige Portraits. Im März und April stellen wir sie aus, erst in München auf der Kunstmesse, dann in Tscherms im Kränzelhof. <BR /><BR /><b>Das klingt jetzt fast nach Freizeitstress.</b><BR />Reiterer: Nein, den Stress lasse ich hinter mir. Und wenn ich doch einmal in die Hektik hineinkomme, dann weiß ich, dass ich an mir selber liegt (lacht). <BR />