Graben, graben, mit bloßen Händen. Graben, graben, bis die Finger wund sind in dem Meer aus Schutt und Steinen. Graben, bis die Stille schreit und die Hoffnung verstummt. <BR /><BR />Wie viele Opfer das Jahrhundertbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet gefordert hat… Man weiß es noch nicht genau. Zwischen 19.000 und 20.000 Tote sollen es bislang sein. Zehntausende sind noch verschüttet, im besten oder im schlimmsten Fall lebendig begraben unter Tausenden Gebäuden, die wie Kartenhäuser in sich zusammengefallen sind. <BR /><BR />Stimmen, die aus den Trümmern sickern, Stimmen, die rufen, bitten, betteln, flehen. Hier sind wir, hier, HIER… Helft uns, helft uns doch! Graben, graben, mit bloßen Händen, weil NICHTS da ist, womit man graben könnte. Und mit jeder Stunde wird die Aussicht auf Rettung geringer. <BR /><BR />So schrecklich kalt der Winter. Eine Kälte, die bis ins Mark kriecht und sich in der Seele einnistet, wo die Stimmen der Verschütteten nicht verstummen. Wo die Stimmen der Verschütteten ewig weiterflehen, weil man sie nicht retten kann. Wie geht man um – als Helfer – mit diesem Elend, wenn man vor Ort ist und an jegliche Grenze stößt. <BR /><BR />WIE erträgt man die flackernden Augen der Mütter, die in Steinwüsten herumirren und nach ihren Kindern suchen. WAS sagt man dem Vater, der sein totes Neugeborenes so zärtlich in den Armen hält, als würde er es in den Schlaf wiegen. Das Gesichtchen weiß wie Schnee von dem Staub, der alles bedeckt. Wie erträgt man diese schreiende Stille, jetzt, nachdem die Stimmen unter den Trümmern verstummt sind… <BR /><BR />Rund 60.000 Helfer sind angereist, 36 Länder, darunter natürlich auch Italien und Österreich, haben Einsatzkräfte geschickt, mit Suchhunden, mit Geräten, mit Medikamenten und diesem unerschütterlichen Willen, nicht aufzugeben. Was das heißt, jemanden dem Tod zu entreißen, war einem jungen Retter ins Gesicht geschrieben, der eine Frau unversehrt geborgen hat. Er hat geweint – aus Freude. Für mich ist er ein Held wie alle, die unermüdlich helfen und dabei alles geben, selbst wenn es aussichtslos erscheint.<BR />