Wie durch ein Wunder bekam sie im Mai dieses Jahres eine Spenderniere, mittlerweile ist sie wieder voller jugendlicher Energie und Lebensfreude. Folgerichtig erzählt sie hier selbst ihre Geschichte.<BR /><BR />Wenn man Anna heute gegenübersitzt, vermag man sich kaum vorzustellen, was für eine Leidensgeschichte sie und ihre Eltern unmittelbar hinter sich haben. Die 15-Jährige berichtet geradezu leidenschaftlich über jedes Detail, das ihr widerfahren ist, schildert Symptome mit den medizinischen Fachbegriffen genauso wie die emotionale Achterbahnfahrt der vergangenen eineinhalb Jahre. <BR /><BR />Unablässig sprudelt es aus ihr heraus, es ist wohl ein Mechanismus, das Erlebte zu verarbeiten. Doch sie betont auch mehrfach: „Ich möchte, dass die Leute die Notwendigkeit einer Organspende verstehen. Ohne großes Zutun wird man so zum Lebensretter.“ Sie weiß, wovon sie spricht. Die von einem Totspender erhaltene Niere stellte einen Wendepunkt im Leben der Jugendlichen dar, als es so schien, dass sich alle Mächte gegen sie verschworen hätten. Dieser Wendepunkt ist erst 5 Monate her.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="821465_image" /></div> <h3> Besser nicht zu viel googeln</h3>Es war noch vor dem Abschluss der Mittelschule, als Anna immer wieder mal Unwohlsein verspürte, sich schlapp fühlte und konsequenterweise auch entsprechende ärztliche Untersuchungen wie Blutproben und Ultraschall vornehmen ließ. Im Beisein mit ihrer Mutter Ilse erzählt sie: „Die Probleme kamen schubweise, ich entwickelte eine fast schon panische Angst vor dem Essen. Nachdem man bei den Befunden aber keine organischen Ursachen feststellen konnte, mutmaßten die Ärzte, es müsse wohl etwas Psychisches sein.“ <BR /><BR />Es folgte der Sommerurlaub, vermehrt machten sich Gliederschmerzen und eine rätselhafte Niedergeschlagenheit bemerkbar. Seltsam, dachten sich die Eltern, bisher hatte sie doch so gut wie nie irgendwelche gesundheitlichen Probleme. Sämtliche Coronatests fielen negativ aus. Als sich ihr Zustand weiter verschlechterte, wurde sie im Bozner Krankenhaus ein weiteres Mal eingehend untersucht. <BR /><BR />Es war der 12. August 2021: Anna sah, wie die „Ärztin geschockt in den Computer starrte“. Sie habe bereits mit dem Schlimmsten gerechnet, das ihr bisher zu Ohren gekommen war: Leukämie. Als die Ärztin aber meinte, dass mit den Nieren etwas nicht stimmen könne, weil der Kreatinin-Wert fast 10 Mal so hoch sei wie er sein sollte, dachte sie sich, dass wohl alles nicht so schlimm sein dürfte. Gerade jetzt aber begann die akute Phase. „Meine Füße schwollen plötzlich extrem stark an, auch die Lippen entzündeten sich, und es fühlte sich an, als ob ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle bekäme“, blickt sie zurück. <h3> Entzündung der Blutgefäße</h3>Umgehend wurde sie in die Kinderklinik von Padua eingewiesen, dort wurden Entzündungen im gesamten Körper und eine Niereninsuffizienz festgestellt. Man gab ihr Antibiotikum und Cortison und entnahm eine Gewebeprobe der Niere (Nierenbiopsie). Schließlich folgte die Diagnose: Anna litt an der seltenen Autoimmunerkrankung namens Granulomatose mit Polyangiitis, auch als „Morbus Wegener“ bekannt. Hierbei handelt es sich um eine Entzündung der Blutgefäße. In den betroffenen Organen kommt es durch die Bildung von Gewebeknötchen zu Durchblutungsstörungen, das Gewebe wird in der Folge nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.<BR /><BR /> Besonders gefährlich wird es, wenn die Lunge oder die Nieren betroffen sind. Jedes Jahr erkranken in Mitteleuropa etwa 0,9 von 100.000 Einwohnern daran, Kinder allerdings selten. „Die Ärzte meinten, wir sollten besser nicht zu viel nach dem Krankheitsbild googeln, weil jeder Fall für sich selbst zu beurteilen ist. Besser ist, nach vorne zu schauen“, erinnert sich die Mutter und beide fügen hinzu: „Das war mit Sicherheit ein guter Rat.“ <h3> Der Erfolg bleibt aus</h3>Bei Anna war die Erkrankung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, ihr Körper war voll von Antikörpern, das Gewebe der Nieren stark beschädigt. Umgehend musste sie sich dreimal in der Woche einer Plasma-Pherese (Blutplasmatrennung) und einer Dialyse (Blutreinigungsverfahren) unterziehen. Es folgten weitere Therapien, darunter auch eine leichte Chemotherapie, doch nichts brachte den erhofften Erfolg. <BR /><BR />„Wir wollten uns nie entmutigen lassen, aber es gab keine Signale der Zuversicht. Es war eine sehr, sehr schlimme Zeit“, sagt Ilse mit einem Schluchzen in der Stimme. Sie erzählt, wie ihr Alltag immer düsterer wurde, die schlechten Nachrichten schienen einfach nicht abzureißen, ihrer Tochter drohte ein totales Nierenversagen. Selbst das Kochen artete zu einer Wissenschaft aus, weil Dialyse-Patienten eine komplizierte Diät befolgen müssen. Anna fährt schnell dazwischen und meint: „Ach Mama, komm schon, schließlich hat sich das Blatt doch noch zum Guten gewendet.“ <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="821468_image" /></div> <h3> Am 17. Mai änderte sich alles schlagartig</h3>Schließlich war der Zeitpunkt für eine Nierentransplantation gekommen. Die Ärzte hatten sich frühzeitig dafür stark gemacht, dass Anna wegen ihres kardiorenalen Syndroms in die entsprechende Liste eingetragen wurde. Allerdings vergehen mindestens 6 Monate, in der Regel sogar mehr als ein Jahr, ehe man als Betroffener eine Spenderniere zugewiesen bekommt. Deshalb hatte sich Vater Josef zu einer Nierenspende entschlossen. Auch wenn der Altersunterschied zwischen Vater und Tochter zwangsläufig beträchtlich ist, so fiel das Ergebnis nach einem wahrhaftigen Untersuchungsmarathon positiv aus: Er könnte spenden.<BR /><BR /> Dann aber kam der 17. Mai dieses Jahres. In ihrer mitreißenden Art schildert Anna: „Tata war dabei, seine allerletzte Untersuchung zu machen, als wie durch ein Wunder die Meldung kam, dass plötzlich eine Niere von einem Totspender bereitsteht. Einerseits hatte ich schon Angst, dass es schiefgehen könnte, aber andererseits hatten die Ärzte grünes Licht gegeben und ich freute mich richtig auf die bevorstehende OP.“ Als sie nach 6 Stunden von der Narkose aufwachte, sagte die Krankenschwester, dass alles gut geklappt hatte. Anna wollte mit ihr sofort über die Funktionsweise der Niere diskutieren. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="821471_image" /></div> <BR /><BR />Seit dem Zeitpunkt der Nierentransplantation ist es mit ihrem Befinden wieder stark aufwärts gegangen, allen Einschränkungen und Folgeuntersuchungen zum Trotz. „Ich merke, wie sich mein Körper endlich wieder weiterentwickelt, dass ich wieder so gut wie alles essen darf und ich mehr oder weniger an allen Aktivitäten teilnehmen kann“, sagt sie und fügt hinzu: „Dafür bin ich wahnsinnig dankbar, dem Krankenhauspersonal, meinen Freunden, meinen Eltern und dass meine Gebete erhört wurden“, sprudelt es aus der 15-Jährigen heraus. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="821474_image" /></div> <BR />Ihre wichtigsten Freunde waren ihr stets eine große Stütze, der Nachhilfelehrer habe sich auch als guter Zuhörer erwiesen, und das Krankenhauspersonal in Padua und Bozen sei fachlich wie menschlich großartig gewesen. Ihre Mutter pflichtet ihr bei: „Es gibt Situationen, in denen man sich beinahe aufgibt und auch an den Worten der Ärzte zu zweifeln beginnt. Aber im Rückblick bin ich von ihrem Einsatz und ihren unbändigen Willen zur Hilfe tief beeindruckt, unser Kampf war letztlich auch ihr Kampf.“ <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="821477_image" /></div> <BR /><BR />Anna weist auf die Bedeutung von Organspenden hin: „Die Warteliste ist lang und es kann jeden treffen. Wenn man in der Situation ist, dann ist man einfach nur heilfroh um ein Organ. <BR /><BR />Als Organspender hilft man über den Tod hinaus, man wird zum Lebensretter.“ Sie selbst fühle sich ihrem Spender stark verbunden, doch das Gesetz sieht vor, dass sie ihm oder ihr erst nach 2 Jahren einen anonymen Brief schreiben darf. Die neue Niere habe ihr tatsächlich ein neues Lebensgefühl beschwert, davor sei sie sich „wie im Käfig“ vorgekommen. <BR /><BR />Mittlerweile besucht sie die 2. Klasse des Klassischen Lyzeums in Bozen, natürlich muss sie die notwendigen Medikamente nehmen und sich regelmäßigen Kontrollen unterziehen, sehr wohl weiß sie um die Besonderheiten einer fremden Niere in ihrem Körper. All das rückt aber angesichts der dramatischen Entwicklungen in den vergangenen Monaten in den Hintergrund. Endlich kann sie ein einigermaßen normales Leben führen, endlich ihre Jugend genießen. <BR />