Im Rahmen eines Forschungsauftrages des Museum Ladin fand er gemeinsam mit seinem Kollegen Stefan Planker vor genau 25 Jahren – im Juli 2000 – die Überreste der Burg Stetteneck – nicht dort, wo man sie vermutet hatte, sondern tief unten im Annatal, auf dem sogenannten Pincanhügel.<BR /><h3> Eine Spurensuche, die mit einer Sage begann</h3>Lange hatte man angenommen, dass die mittelalterliche Burg Stetteneck – auf Ladinisch Ciastel dl Balest – hoch oben am Balestberg gestanden hatte. Doch dort fand sich nie ein Hinweis auf ihre Existenz. Erst die alte Dolomitensage des Schriftstellers Karl Felix Wolff „das Schloss am Abgrund“ brachte Prinoth auf eine andere Fährte. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195062_image" /></div> <BR /><BR />In „Das Schloss am Abgrund“ ist von einer Burg am Rande einer Schlucht und von den „Herren von Pincan“ die Rede. Diese Hinweise führten das Forscherduo an den heute bewaldeten Pincankamm unterhalb des Balestbergs – und tatsächlich: Dort kamen bei ersten Grabungen Mauerreste zum Vorschein, die jahrhundertelang unter der Erde verborgen lagen.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195065_image" /></div> <h3> Ein Sensationsfund nach Jahren des Suchens</h3>„Es war ein unglaublicher Moment“, erinnert sich Herwig Prinoth. „Ich hatten jahrelang geforscht, gesucht, gehofft – und dann endlich dieser Fund: Mauerreste, ein romanisches Burgtor, Teile der Ringmauer und sogar der Bergfried. Eine vollständige Burganlage aus dem 13. Jahrhundert – mitten im Wald, völlig überwachsen und vergessen.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195068_image" /></div> <BR /><BR />Die Entdeckung sorgte für großes Aufsehen. Seit Jahrzehnten war in Südtirol keine mittelalterliche Burg mehr entdeckt worden.<h3> Wer waren die Herren von Stetteneck?</h3>Die Geschichte der Burg lässt sich bis ins Jahr 1256 zurückverfolgen. In einer Urkunde taucht ein Gebhard von Stetteneck auf, vermutlich der Bauherr der Anlage. Die Stettenecker waren ein altes Ministerialengeschlecht im Dienst des Bischofs von Brixen und des Grafen von Tirol. Gebaut wurde die Burg wahrscheinlich um 1230. Der Sage nach war Gebhard ein Raubritter, der Kaufleute auf dem uralten Handelsweg Troi Paian mit hohen Zöllen zur Kasse bat – oder sie gleich gefangen nahm, um Lösegeld zu erpressen. Wissenschaftlich beweisen lässt sich das nicht, doch wie Prinoth sagt: „In vielen Legenden steckt ein wahrer Kern.“<BR /><BR />Gebhards Tochter Adelheid war wohl die letzte Bewohnerin der Burg. Sie heiratete Reginbert von Säben und verließ Stetteneck. Die Anlage verfiel – und wurde später aus dem Gedächtnis gelöscht. Das letzte Dokument über die Burg datiert auf das Jahr 1324: Darin untersagt ein Richter aus Villanders ausdrücklich, Restaurierungsarbeiten an der Burg fortzusetzen. Soldaten wurden sogar zur Ruine geschickt, um das Verbot durchzusetzen – zu einem Preis von zehn Mark Berner, so viel wie ein Kriegspferd kostete.<h3> Was ist mit der Burg passiert?</h3>„Wir wissen nicht genau, was dann geschah“, sagt Prinoth. „Aber vieles spricht dafür, dass die Burg in dieser Zeit zerstört wurde.“<BR />Tatsächlich fanden sich bei den Ausgrabungen verkohlte Balken und Brandspuren. Zudem war die Burg aus weichem Gipsstein errichtet – ein Material, das mit der Zeit verwittert. Auch ein Erdbeben könnte zum Verfall beigetragen haben, wie ihn die Sage andeutet.<h3> Wie sah Stetteneck einst aus?</h3>Ursprünglich stand an der Stelle der Burg ein Spähturm – eine Art mittelalterliches Frühwarnsystem. Später wurde eine Ringmauer errichtet und schließlich eine längliche Burganlage von etwa 40 Metern Länge und maximal 14 Metern Breite erbaut. Besonders auffällig: Der Turm war aus weißem Gipsstein – weithin sichtbar.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195071_image" /></div> <BR /><BR />Auch wenn nur wenige Gegenstände gefunden wurden, deuten diese auf einen gewissen Wohlstand hin: dünne Gläser von Öllampen, eine verzierte Ofenkachel, ein Spielstein aus einem Mühlespiel, Scherben, Tierknochen, Armbrustbolzen, Feuersteine zum Feuermachen. Kleine Dinge mit großer Aussagekraft.<h3> Und heute?</h3>25 Jahre nach der Entdeckung liegt die Burganlage noch immer im Dornröschenschlaf. Zwar wurden die Mauerreste restauriert, doch ein Zugang für Besucher fehlt bisher. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1195074_image" /></div> <BR /><BR />„Es gibt Pläne, die Burg der Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, sagt Prinoth. „Aber bislang ist wenig passiert.“ Dabei wäre die Zeit reif – gerade im touristisch stark erschlossenen Grödnertal. „Vielleicht schafft es die neue Gemeindeverwaltung. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.“<h3> Eine Entdeckung mit Symbolkraft</h3>Für Prinoth bleibt die Wiederentdeckung von Stetteneck ein Lebensmoment – und ein Stück Identität für das Tal. „Es ist die einzige archäologische Fundstelle, die auf Grundlage einer Dolomitensage entdeckt wurde. Allein das macht sie besonders.“<BR /><BR />Die vergessene Raubritterburg lebt wieder – zumindest in der Geschichte.