Nicht allen fiel es gestern leicht, die richtigen Worte zum soeben veröffentlichten Missbrauchsbericht zu finden – verständlicherweise. Zum einen macht das Bild des Schreckens und unsagbaren Leids sprachlos, zum anderen will man nicht unbedingt der für Freitag angekündigten Stellungnahme von Bischof Ivo Muser vorgreifen. <BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/sexueller-missbrauch-in-suedtirols-kirche-59-opfer-41-beschuldigte-priester" target="_blank" class="external-link-new-window" title="Sexueller Missbrauch in Südtirols Kirche: Die Opfer, die Täter, die Fakten">Wie berichtet</a>, hat die beauftragte Münchner Rechtsanwaltskanzlei in einer einjährigen Sisyphusarbeit 67 Fälle von sexuellem Missbrauch mit 59 Betroffenen und 41 Priestern in der Täterrolle dokumentieren können. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1120695_image" /></div> Auf der anderen Seite bekundeten beim gestrigen Rundruf von „StolPlus“ aber auch viele Kirchenvertreter klar ihre Position, die durchwegs einhellig ausfiel: Endlich habe sich die Diözese der Aufarbeitung gestellt, nun müsse man daraus auch die richtigen Lehren ziehen. Das Gutachten wird als Grundlage für die weiterführende öffentliche Debatte dienen, ein Tabuthema scheint gebrochen. Die Zeit dafür sei überreif gewesen, heißt es unisono.<h3> Diözesanpriester</h3><div class="img-embed"><embed id="1120698_image" /></div> „Hinschauen, zurückblicken und mit anderen Augen nach vorne sehen“: Dieses Motto der Diözese greift Priester <Fett>Don Paolo Renner</Fett> auf, um auf die Wichtigkeit der Aufarbeitung des Berichts über sexuellen Missbrauch in der Kirche hinzuweisen. „Von diesen Vorfällen zu hören, schmerzt sehr“, sagt Don Renner. „Die Kirche muss aus ihren Fehlern der Vergangenheit lernen.“ Laut dem Priester dürfe man allerdings nicht glauben, das Problem sei gelöst, wenn man die Kirche nun in die Ecke treibt. „Das Vorgefallene ist keineswegs zu entschuldigen, aber die meisten Missbrauchsfälle finden nach wie vor außerhalb der Kirche statt“, betont Don Renner. An einer allgemeinen Bewusstseinsbildung – in erster Linie bei Kindern und Jugendlichen – dürfe kein Weg vorbeiführen. „In der Kirche selbst hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan“, informiert Don Renner. „Die Ausbildung zum Priester etwa ist deutlich vielschichtiger. Auch Felder wie jenes der Psychologie werden abgedeckt, die Teamarbeit wird gefördert.“ <h3> Pastoralrat</h3><div class="img-embed"><embed id="1120701_image" /></div> <Fett>Günther Beghella</Fett>, Leiter des Pastoralrates der Diözese, ist vom Bericht nicht überrascht. „Sexueller Missbrauch passiert besonders in geschlossenen Systemen wie Militär, Familie und eben auch in der Kirche“, sagt er. „Man wusste, dass die Kirche bestimmte Vorfälle verschleierte. Geistliche wurden plötzlich versetzt oder auf Mission geschickt.“ Die Kirche habe einige große Fehler gemacht. Auch sei nicht alles so „goldig“, wie es im Missbrauchsbericht steht. „Die Diözesanleitung hat sich lange dagegen gesträubt, einen solchen Bericht in Auftrag zu geben. Er sei zu teuer, hieß es“, kritisiert Beghella und dankt Gottfried Ugolini, dem Beauftragten der Diözese für Prävention von sexuellem Missbrauch und Gewalt, für sein Engagement. Jetzt müsse die heutige Kirchenleitung Fehler eingestehen und überlegen, was geändert werden müsse, fordert Beghella. „Wenn Kinder und Jugendliche im Umfeld der Kirche missbraucht werden, muss sie schneller reagieren und intervenieren.“<h3> Männerbewegung</h3><div class="img-embed"><embed id="1120704_image" /></div> „Nach allem, was der Bericht ans Tageslicht gebracht hat, ist nun auch konsequentes Handeln notwendig“, bezieht <Fett>Georg Oberrauch</Fett>, Vorsitzender der Katholischen Männerbewegung (kmb), Position und veranschaulicht diese mit einem schlüssigen Vergleich: „Man darf sich jetzt nicht scheuen, die fällige Wurzelbehandlung durchzuziehen.“ Konkret: Die Kirche müsse sich wieder ihrem ursprünglichen Auftrag zuwenden, der Verkündigung der Frohbotschaft Jesu. Diese Kernaufgabe habe man vernachlässigt und stattdessen Besitztümer und Strukturen gepflegt. Vom Ausmaß des nun dokumentierten Missbrauchs in Südtirol war Oberrauch nicht überrascht, auch für die nun erfolgte Aufarbeitung hat er durchaus kritische Worte parat: „Die Diözese hat in dieser Hinsicht lange gezögert, positiv zu erwähnen ist indessen der Einsatz von Gottfried Ugolini und seinem Team.“ Erst durch viel Überzeugungsarbeit sei dieser Weg beschritten worden. Wie es nun weitergeht, hänge im Wesentlichen von den Verantwortlichen in der Diözese ab.<h3> Frauenbewegung</h3><div class="img-embed"><embed id="1120707_image" /></div> <BR />Als „unheimlich wichtig“ stuft die Studie <Fett>Irene Vieider,</Fett> Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung (kfb), ein, weil es „einen großen Unterschied macht, ob man bloß über Vermutungen spricht oder Dinge auf wissenschaftliche Art und Weise aufgearbeitet werden“. Zunächst einmal machen sie die ersten Erkenntnisse aus dem Bericht sehr betroffen, wenngleich sie selbst vom Ausmaß der Fälle nicht sonderlich überrascht gewesen sei. „Am wichtigsten ist jetzt, dass die systemischen Mängel beseitigt werden, damit solche Dinge in Zukunft möglichst nicht mehr vorkommen“, sagt Vieider. Und falls sie doch vorkommen, dass zum Schutz der Frauen und Minderjährigen schnell gehandelt werden könne. Vor allem erhofft sich Vieider eine Kehrtwende in der Kirche, was die Beteiligung von Frauen betrifft. Frauen und Männer sollten gleichberechtigt in Leitungsfunktionen miteinander wirken, in dieser Hinsicht sei weit mehr Entschlossenheit vonseiten der Kirche angebracht, meint Vieider. Als Frauenbewegung leiste man in dieser Hinsicht einen wertvollen Beitrag. <h3> Jungschar</h3><div class="img-embed"><embed id="1120710_image" /></div> „Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in unserer Diözese ist dringend notwendig und der Schutz von Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen von zentraler Bedeutung“, erklärt <Fett>Alexandra Felderer</Fett>, erste Vorsitzende der Katholischen Jungschar Südtirol (KJS). Mit Interesse und tiefster Betroffenheit verfolgte sie die Pressekonferenz, bei der der Bericht über sexuellen Missbrauch von Minderjährigen in der Diözese vorgestellt wurde. „Nun sind wir dabei, das Gutachten genau durchzusehen“, berichtet sie. Der Bischof soll die Gelegenheit erhalten, sich zu den Inhalten des Gutachtens zu äußern und konkrete Schritte und Veränderungen aufzuzeigen. „Als größte Kinderorganisation in Südtirol sehen wir es als unsere Pflicht an, uns aktiv für den Schutz von Kindern einzusetzen und an der Aufarbeitung und Prävention zu beteiligen.“ Seit Jahren arbeite man intensiv zum Thema Kinderschutz. „Wir haben konkrete Maßnahmen entwickelt, umgesetzt und bauen diese kontinuierlich aus, um einen sicheren und geschützten Rahmen für Kinder zu gewährleisten“, so Felderer. <h3> Jugend</h3><div class="img-embed"><embed id="1120713_image" /></div> <BR />„Bischof Ivo Muser soll die Möglichkeit erhalten, sich zum Missbrauchsbericht zu äußern“, sagt der erste Landesleiter von Südtirols Katholischer Jugend (SKJ), <Fett>Simon Klotzner</Fett>, in einer ersten Stellungnahme. Man sei dabei, das Gutachten zu studieren und befürworte die darin vorgeschlagenen zukünftigen Maßnahmen. „Ohne eine genaue Kenntnis des gesamten Gutachtens wollen wir uns aber nicht weiter dazu äußern. Das haben auch die beteiligten Anwälte bei der Pressekonferenz mehrfach empfohlen“, sagt Klotzner. Man hofft aber, dass der Bischof Schritte und Veränderungen aufzeigen wird, mit denen die Diözese zu einem sicheren Ort für minderjährige und schutzbedürftige Menschen wird. Die aktuelle Diözesanleitung, insbesondere Bischof Ivo Muser und Generalvikar Eugen Runggaldier, hätten im Bereich Prävention und Aufarbeitung bereits Schritte gesetzt, und „wir hoffen, dass dieser Weg auch in Zukunft fortgesetzt wird“, so der erste SKJ-Landesleiter. SKJ selbst, so Klotzner, habe bereits vor einiger Zeit Schritte im Bereich der Prävention ergriffen und werde diese weiter ausbauen. <h3> Familienverband</h3><div class="img-embed"><embed id="1120716_image" /></div> <BR />Die Präsidentin des Katholischen Familienverbandes Südtirol (KFS), <Fett>Angelika Mitterrutzner</Fett>, bezeichnet das Veröffentlichen des Berichts über sexuellen Missbrauch in der Kirche als einen äußerst mutigen Schritt. „Ich habe mir erwartet, dass es auch in Südtirol zu solchen Fällen gekommen ist, aber das Ausmaß hat mich erschüttert“, sagt sie. Der Bericht sei der erste Schritt in die richtige Richtung, aber „es darf nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben, jetzt beginnt die ehrliche Aufarbeitung der Vorkommnisse“, so Mitterrutzner. „Ich bin mir sicher, dass von nun an wesentlich genauer auf die Problematik geschaut wird.“ Laut der KFS-Präsidentin spielt vor allem Prävention eine bedeutende Rolle, um Missbrauchsfälle in Zukunft zu verhindern. „Dahingehend muss die Kirche nun Schritte setzen, um nicht weiterhin das Gesicht zu verlieren“, unterstreicht Mitterrutzner. „Denn viele Menschen, die sich vom Glauben abgewendet haben oder dies in Erwägung ziehen, sehen den veröffentlichten Bericht als Bestätigung für ihren Entschluss.“ <h3> Anlaufstellen: Kontakte für Betroffene, Zeitzeugen, Familienangehörige und Beschuldigte</h3>Hier findet man Rat und Hilfe:<BR /><BR /><Aufzählung_Quadrat> <?Schrift SchriftWeite="98ru"> <Fett>Ombudsstelle der Diözese für Missbrauchsfälle innerhalb der Kirche:</Fett><BR />348/37 63 034 oder E-Mail: ombudsstelle.sportello@bz-bx.net <BR /><?_Schrift></Aufzählung_Quadrat> <Aufzählung_Quadrat>E-<Fett>Mail-Adresse der Diözese für Fragen zum Gutachten</Fett>: gutachten2025 @bz-bx.net <BR /></Aufzählung_Quadrat> <Aufzählung_Quadrat> <Fett>Telefonseelsorge</Fett>: <BR />0471/05 20 52 (rund um die Uhr erreichbar) Online-Beratung: https://telefonseelsorge.bz.it/ Chatberatung: Montag bis Donnerstag von 18 bis 21 Uhr </Aufzählung_Quadrat> <Fett> <Aufzählung_Quadrat>Männerberatung: <BR /><Mager>0471/32 46 49 oder <BR />E-Mail (mb@caritas.bz.it ) </Mager> </Aufzählung_Quadrat> </Fett><BR /><Aufzählung_Quadrat> <Fett>young&direct</Fett>: <BR />online @young-direct.it WhatsApp: 345/08 17 056 <BR />Jugendtelefon (0471/15 51 551) Skype: young.direct <BR />Mo. -Fr. 14.30 -19.30 Uhr <BR />Mo. - Fr.: 14.30 - 19.30 Uhr Mo. - Fr.: 14.30 - 19.30 Uhr </Aufzählung_Quadrat><BR /><Aufzählung_Quadrat> <Fett>Psychologisches<BR /> Krisentelefon</Fett>:<BR /> 800 101 800<BR /> (rund um die Uhr <BR />erreichbar) <Rechte_Copyright></Rechte_Copyright> </Aufzählung_Quadrat>