„Es fielen viele Schüsse, Uniformierte liefen mit Pistolen durch die Wiesen. Auch Rauch stieg auf“, erinnert sich Sepp Laner im Gespräch mit s+. Er befand sich damals auf einer Anhöhe oberhalb des Ortes des Geschehens. Aus nächster Nähe erlebte er den Schusswechsel zwischen dem Serienmörder Ferdinand Gamper und den Ordnungshütern mit. Mit dem Showdown in Riffian ging eine nach wie vor beispiellose Mordserie in Südtirol zu Ende. <BR /><BR /><BR /><i>Von Michael Andres</i><BR /><BR />Es waren 23 Tage, die Südtirol in Atem hielten ( <a href="https://www.stol.it/artikel/panorama/mordserie-in-meran-23-tage-die-suedtirol-in-atem-hielten" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">eine interaktive Grafik zu den Ereignissen gibt es hier</a>). Heute vor exakt 25 Jahren endete die Meraner Mordserie. Der Täter, der damals 38-jährige Ferdinand Gamper hatte insgesamt 6 Menschen getötet, ehe er sich – im Kugelhagel von Polizei und Carabinieri – selbst richtete. <BR /><BR /> An jenem 1. März 1996 kam es in Riffian zu einem finalen Showdown. Gegen 9 Uhr erschoss Gamper beim Locherhof oberhalb des Riffianer Sportplatzes seinen Nachbarn, den pensionierten Baggerfahrer Tullio Melchiori. Angehörige schlugen Alarm, Polizei und Carabinieri eilten zum Tatort. Gamper hatte sich im Stadel, der ihm als Behausung diente, verschanzt. Als Carabinieri-Unteroffizier Guerrino Botte sich dem Stadel näherte und die Tür öffnen wollte, erschoss Gamper auch den Ordnungshüter. Dann eröffnete der Serienmörder von Meran erneut das Feuer. <BR /><BR />Die Ermittler setzten Tränengas- und Brandgranaten ein. Kurz nachdem die erste Tränengasbombe geworfen war, hörten sie im Inneren des Stadels einen Schuss. Durch die Brandgranaten hatte der hölzerne Aufbau des Stadels Feuer gefangen. Erst nach den gröbsten Löscharbeiten konnten die Ermittler weiter vordringen. Sie fanden Gamper am Boden liegend in einem Kellerraum: Er hatte sich mit einem Schuss in den Mund selbst getötet. Damit ging eine in Südtirol nach wie vor beispiellose Mordserie zu Ende. <BR /><BR />Auch für Journalisten und Reporter war es eine aufreibende Zeit. Sepp Laner, heute Chefredakteur der Bezirkszeitung „der Vinschger“, berichtete 1996 als „Dolomiten“-Redakteur regelmäßig über die Mordserie. Beim finalen Showdown in Riffian war der Journalist sozusagen hautnah mit dabei. s+ hat mit Laner gesprochen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="617861_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie erlebten Sie den 1. März?</b><BR />Sepp Laner: Das stärkste Bild, an das ich mich erinnere, ist der Leichnam von Tullio Melchiori. Ich befand mit auf einer Anhöhe oberhalb des Ortes des Geschehens und versuchte, Fotos zu machen. Es fielen viele Schüsse, Uniformierte liefen mit Pistolen durch die Wiesen. Auch Rauch stieg auf. Alle Details über die Geschehnisse dieses 1. März wurden später auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Für mich und weitere Kollegen endete dieser Tag und mit ihm auch der Albtraum am Computer.<BR /><BR /><b>Hatten Sie Angst?</b><BR />Laner: Nicht wirklich. Ich ahnte und wusste, dass die Sicherheitskräfte bald die Oberhand gewinnen würden. Natürlich blieb ich auf dem Bauch liegen und versuchte, keinen Mucks zu machen. Ein bisschen Knieflattern hatte ich schon. Das merkte ich später auch an den verschwommenen Fotos.<BR /><BR /><b>Sie haben als damaliger „Dolomiten“-Redakteur regelmäßig über die Mordserie berichtet. Wie erlebten Sie die Situation in Meran?</b><BR />Laner: Es war eine Ausnahmesituation für alle, auch für uns Journalisten. Schon der anfängliche Doppelmord hat die ganze Stadt geschockt. Als wenige Tage nachher in Sinich ein weiterer Mann erschossen wurde, war sofort von einem Serienmörder die Rede. Das hat die Situation noch einmal verschlimmert. In Meran, und nicht nur, wurde nur mehr über die Morde gesprochen. Nach der Festnahme von Luca Nobile, der verdächtigt wurde, die drei Morde begangen zu haben, kam es zu einem kurzeitigen Aufatmen, das aber nur solange dauerte, bis auf dem Pfarrplatz ein weiterer Mann erschossen wurde, und zwar erneut mit derselben Waffe. Ein Ende fand der ganze Albtraum erst mit dem traurigen Finale in Riffian.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="617864_image" /></div> <BR /><BR /><b>Wie haben die Meraner reagiert?</b><BR />Laner: Das Gefühl, das bei vielen vorherrschte, war die Angst. Es war ein lähmendes und allumfassendes Gefühl. Man konnte die Angst buchstäblich spüren, besonders, als nach dem Mord auf dem Pfarrplatz eine freiwillige Ausgangssperre empfohlen wurde. Viele trauten sich vor allem am Abend nicht mehr aus dem Haus. Über dem Stadtzentrum kreisten Hubschrauber. Auch ein Schweigemarsch wurde organsiert. Als es hieß, der mutmaßliche Täter sei blond und groß gewachsen, fühlten sich viele blonde und große Männer auf der Straße besonders beobachtet. Neben Dutzenden Sicherheitskräften in Uniform waren auch viele Beamte in Zivil unterwegs. Hinzu kamen Journalisten aus ganz Italien, aus Deutschland und anderen Ländern. Meran war damals für einige Wochen nicht mehr Meran.<BR /><BR /><b>Einen damaligen „Dolomiten“-Bericht, wo unter anderem Sepp Laner vom Ort des Geschehens berichtet, gibt es hier.</b><BR /><div class="img-inline inline-file"><hr><a target="_blank" href="https://s3-images.stol.it/pdf/2021/02/dolomiten-19960302-s17.pdf"><img class="uk-img-preserve" src="https://s3-images.stol.it/pdf/2021/02/dolomiten-19960302-s17.jpg" /></a><br><a target="_blank" href="https://s3-images.stol.it/pdf/2021/02/dolomiten-19960302-s17.pdf" title="Dolomiten - 1996.03.02 - s.17"><span class="uk-icon" uk-icon="icon: cloud-download;"></span> Dolomiten - 1996.03.02 - s.17 <small>(pdf)</small></a><hr></div><BR /><BR /><BR /><BR />