„Wenn es kritisch wird für Mutter und Kind, dann kommt es auf die hervorragende Zusammenarbeit einer sehr guten Geburtshilfe und einer exzellenten Neugeborenen-Intensivstation an“, betont Gynäkologie-Primar Dr. Martin Steinkasserer im Interview.<BR /><b><BR />Wie viele Kinder kommen im Bozner Krankenhaus im Jahr auf die Welt?</b><BR />Dr. Martin Steinkasserer: Im vergangenen Jahr waren es etwas mehr als 1.500. Die Zahlen sind über die vergangenen Jahre stabil, ja sogar leicht ansteigend.<BR /><BR /><b>Und wie viele Frühchen zählt man im Jahr?</b><BR />Dr. Steinkasserer: Als Schwerpunktzentrum bekommen wir alle Frühgeburten vor der 34. Schwangerschaftswoche in Südtirol. Bei Geburten nach der 34. Schwangerschaftswoche, aber noch vor der Vollreife des Babys entscheidet das jeweilige Krankenhaus über die Überstellung. Besonders kritisch sind alle Frühgeburten vor der 32. Schwangerschaftswoche. Davon hatten wir im vergangenen Jahr rund 50. Extreme Frühgeburten sind zum Glück sehr selten, Frühchen um die 23. Woche haben wir maximal zehn bis 15 in einem Jahr.<BR /><BR /><b>Wie stehen die Überlebenschancen für so früh geborene Babys?</b><BR />Dr. Steinkasserer: Bei solch extremen Frühchen ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie es nicht schaffen, hoch. Das liegt daran, dass sich die wichtigen Organe noch entwickeln müssen: Lungen, Darm, Gehirn, Gefäße – das ist alles noch nicht ausgereift für ein Leben außerhalb des Mutterleibes. Die Medizin schafft hier heute schon vieles, aber nicht alles. <BR /><BR /><b>Gibt es eine Grenze des Möglichen?</b><BR />Dr. Steinkasserer: Vor 20 Jahren lag die Grenze des Vorstellbaren weit über der heute realistischen Grenze. Im Laufe der Jahre konnte man sie immer weiter nach unten senken. Und heute kann man es schaffen, sogar Frühchen mit einem Geburtsgewicht unter 500 Gramm durchzubringen. Garantie gibt es keine, aber es kann gelingen. Das ist sehr erstaunlich. Man muss sich vorstellen, wie klein diese Frühchen sind: eine Handvoll Mensch. <BR /><BR /><b>Kündigen sich Frühgeburten an?</b><BR />Dr. Steinkasserer: Wir haben das ganze Jahr über mit Geburten und Schwangerschaften zu tun und natürlich kennen wir die Risikofaktoren für Frühgeburten. Das reicht von einem verfrühten Blasensprung über Infektionen der Mutter bis hin zu einer unzureichenden Versorgung des Ungeborenen durch die Plazenta, was man zum Beispiel auf einem Ultraschall gut sehen kann. In solchen Fällen ist es wichtig, die werdende Mutter bereits im Spital zu haben. Denn die Chancen für ein Frühchen stehen deutlich besser, wenn es am richtigen Ort zur Welt kommt, nämlich in einem spezialisierten Krankenhaus.