Der „Verdacht liegt nahe, das Russland daran nicht unbeteiligt ist“, sagte Stocker bei seiner Ankunft beim informellen EU-Gipfel in Kopenhagen. Er sprach von einer „Provokation, die sehr gefährlich ist, weil sie für eine weitere Eskalation den Raum“ biete. Man sollte sich nicht „in einer falschen Sicherheit wiegen“, warnte der Bundeskanzler.<BR /><BR />Stocker betonte: „Wir sind ein neutrales Land, alles was wir machen, ist am Boden der Neutralität“. Die Neutralität verbiete aber nicht, „gemeinsame Beschaffungen ins Auge zu fassen wie bei Sky Shield (Projekt zur Luftverteidigung und -abwehr, Anm.), und das halte ich für den richtigen Zugang“. <BR /><BR />Europa befindet sich „nach der Meinung vieler bereits in einem hybriden Krieg, wir werden täglich im Cyberbereich angegriffen“. Es sei aber „nicht die Zeit, in Angst und Unruhe zu versetzen“: Es sei „nicht neu“, dass westliche Demokratien angegriffen werden und wurden, dies brauche eine „robuste Antwort“: Europa müsse „zeigen, dass wir bereit sind, uns zu verteidigen“ und nicht nur den Willen, sondern auch die Fähigkeit dazu habe. Die Freigabe eingefrorener russischer Mittel für die Ukraine-Hilfe wäre nach Ansicht von Stocker eine „Möglichkeit“.<h3> Frederiksen betonte, dass sich Europa „in einem hybriden Krieg befindet“</h3>Frederiksen betonte, dass sich Europa „in einem hybriden Krieg befindet“. Es sei „ernst“; sie forderte „eine starke Antwort darauf“. Es gehe darum, ein „gemeinsames europäisches Ziel zu verfolgen“, und „die nationale Perspektive zu verlassen“: Der Krieg in der Ukraine sei ein Versuch Russlands, „uns alle zu bedrohen“, so die Dänin. Der Krieg müsse aus europäischer Perspektive betrachtet werden, forderte sie. Jeder müsse dies erkennen. Ein beim Gipfel diskutiertes Konzept der EU-Kommission legt den Schwerpunkt auf die Abwehr von Drohnen und hybriden Gefahren. „Wir im Baltikum haben bereits Erfahrungen mit Drohnen gemacht, Europa sollte sich darauf vorbereiten“, so die lettische Regierungschefin Evika Silina. Sie sei bereit, ihre Erfahrungen mit den europäischen Kollegen zu teilen.<BR /><BR />„Wir werden leider erneut über den Krieg gegen die Ukraine sprechen müssen. Wir wollen versuchen, neue Schritte zu gehen, auch im Hinblick auf die Verteidigung dieses Landes“, erklärte der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz. Er freue sich, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenkyj am Donnerstag am Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft teilnehme, und es Gelegenheit gebe, „sehr ausführlich auch über unsere weitere Unterstützung für die Ukraine in diesem Krieg“ zu sprechen. Merz dankte „der Deutschen Luftwaffe und der Deutschen Marine, dass sie mit dazu beitragen, dass dieser Europäische Rat sicher stattfinden kann“.<h3>Auszahlung einer Milliardensumme für den Bau von Drohnen in der Ukraine</h3>EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte die Auszahlung einer Milliardensumme für den Bau von Drohnen in der Ukraine an. Man stelle heute vier Milliarden Euro bereit, sagte sie in Kopenhagen. Zwei Milliarden Euro davon sollen in unbemannte Flugkörper investiert werden. „Wenn wir uns alle einig sind, dass die Ukraine unsere erste Verteidigungslinie ist, dann müssen wir die militärische Unterstützung für die Ukraine verstärken“, erklärte sie.<BR /><BR />Von der Leyen bekräftigte die Einigkeit des Staatenbundes. „Russland versucht, Spaltung und Angst in unseren Gesellschaften zu säen“, sagte sie in Kopenhagen. „Das werden wir nicht zulassen.“ Von der Leyen sagte, es obliege den dänischen Behörden, die Herkunft der Drohnen zu klären. Insgesamt sei jedoch ein Muster von Luftraumverletzungen zu sehen, „und dieses Muster kommt aus Russland“.<BR /><BR />Der französische Präsident Emmanuel Macron ruft angesichts der aktuellen Konfrontation mit Russland zu „sehr großer“ Vorsicht auf. „Wir müssen stark sein, um jegliche Aggressionen abzuwehren, aber wir müssen sehr vorsichtig bleiben und jede Eskalation vermeiden“, sagte Macron in Kopenhagen auf die Frage einer Journalistin, ob man sich auf einen Weltkrieg zubewege. <h3> Ermittlungen gegen einen Tanker der russischen Schattenflotte</h3>Seit mehreren Jahren sei Russland „ein sehr aggressiver Akteur“, sagte Frankreichs Staatschef außerdem. Dies sehe man im Rahmen von Cyberangriffen bei Wahlen, durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, beim Einsatz von nuklearer Bedrohung und nun bei Provokationen im Luftraum. All dies sei ein „hybrides Ganzes“ und bewege sich im Bereich der Konfrontation.<BR /><BR />Die Justiz in Frankreich gab unterdessen bekannt, dass sie Ermittlungen gegen einen Tanker der russischen Schattenflotte eingeleitet hat, der als Startplattform für die über Dänemark gesichteten Drohnen gedient haben könnte. Macron sagte, die Besatzung des Schiffes habe „schwere Fehler“ begangen, ohne nähere Angaben zu machen.<BR /><BR />Staaten im Osten und Norden der EU drängen auf eine deutlich schnellere Aufrüstung in Europa. Papiere verteidigten Europa nicht, sagte Litauens Staatspräsident Gitanas Nauseda am Rande des EU-Gipfels. Es gebe auf dem Papier zwar viele gute Initiativen, aber: „Dokumente erkennen die Drohnen aus Russland und Weißrussland nicht. Wir brauchen Taten.“ <h3> „Wir müssen uns noch besser vorbereiten“</h3>Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo sagte: „Wir sind fast in einem hybriden Krieg.“ Man habe viele Angriffe gegen die Europäische Union erlebt. Als Beispiele nannte er irreguläre Migration, Drohnen und Raketen auf EU-Territorium, Cyberangriffe sowie zerstörte Kabel und Pipelines. „Deshalb müssen wir uns noch besser vorbereiten“, so Orpo. <BR /><BR />Estlands Regierungschef Kristen Michal sagte: „Russland testet Europa, und Europas Antwort muss darin bestehen, verschiedene Fähigkeiten wie Luftabwehr und Drohnen auszubauen.“. Auch Lettlands Ministerpräsidentin Evika Silina drängte vor Beginn des Gipfels auf eine schnelle Aufrüstung.<BR /><BR />Die EU-„Chefs“ werden angesichts der Luftraumverletzungen Russlands in mehreren EU-Staaten darüber beraten, wie Europa auf gemeinsame Bedrohungen reagieren kann. Um den Ablauf und die Sicherheit des EU-Gipfels zu garantieren, wurde der dänische Luftraum für die gesamte Woche für Drohnen gesperrt. Das Polizei- und Militäraufgebot in der Hauptstadt ist enorm; auch aus anderen EU-Ländern wie Deutschland ist Unterstützung zur Drohnenabwehr angereist.<h3> „Europa muss mehr tun“</h3>Die EU-Kommission schlägt laut Medienberichten außerdem vor, eingefrorenes russisches Geld zur Finanzierung eines neuen Kredits in Höhe von 140 Milliarden Euro für die Ukraine zu verwenden. Derzeit dürfen nur die Zinserlöse aus den Vermögen genutzt werden. „Europa muss mehr tun“, so auch die derzeitige Vertreterin des Ratsvorsitzes. Die „Idee der Kommission ist gut“, es gebe zwar noch rechtliche Fragen zu klären, aber, die Idee der Verwendung eingefrorener Vermögenswerte insgesamt sei gut.<BR /><BR />Der luxemburgische Premier Luc Frieden sagte, es sei eine „schwierige juristische Frage“, man könne „nicht einfach Vermögen eines anderen Staates übernehmen“. Es gebe einige Vorschläge, die viele Fragen aufwerfen würden; er wolle zuerst darauf Antworten haben: Alle Vorschläge seien willkommen, aber sie müssten auch in der Praxis funktionieren. Seine lettische Amtskollegin begrüßte die Vorschläge der EU-Kommission.<h3> Auch die EU-Klimaziele sollen besprochen werden</h3>Auch die EU-Klimaziele sollen am Mittwoch besprochen werden. Ein konkreter Fahrplan dorthin wird aber erst beim formellen EU-Gipfel Ende Oktober auf der Agenda stehen. Die Entscheidung über das EU-Klimaziel 2040 hätte ursprünglich beim Treffen der Umweltministerinnen und -minister am 18. September fallen sollen; die auch von Österreich geforderte Verschiebung und Diskussion auf Ebene der EU-Staats- und Regierungschefs wurde von Umweltschützern heftig als „Verzögerung“ kritisiert.<BR /><BR />„Die EU braucht ein Klimaziel vor Belém, sonst droht nicht nur eine weitere internationale Blamage, sondern auch ein massives Risiko für die globale Klimaambition“, warnte die grüne EU-Abgeordnete Lena Schilling, sie verhandelt für das Europaparlament das Klimaziel 2040 mit.<BR /><BR />Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico sagte seine Teilnahme an dem EU-Gipfel in Kopenhagen ab. Sein Büro verwies auf gesundheitliche Gründe im Zusammenhang mit einem Attentat auf ihn im vergangenen Jahr. Die Slowakei und Ungarn zeigen ungeachtet des Ukraine-Kriegs eine größere Nähe zu Russland als andere EU-Staaten und beziehen weiterhin Öl und Erdgas aus dem Land.