In den Tiefen der Erde gibt es ein Wechselbad der Gefühle. Trotz ihrer Lage gelingt es den Rettungskräften, Ottavia Piana zu trösten und zum Lachen zu bringen. Umgekehrt sporne auch sie ihre Helfer an, schreibt „La Repubblica“: „Gehen wir weiter, ich halte noch zehn Minuten durch. Aber dann brauche ich bitte eine kurze Pause...“. <h3> „Mein Vater wird mir eine Predigt halten“</h3>Durch die spezielle Helmvorrichtung, die sie trägt, blitzen ihre Augen immer wieder hervor – manchmal scherzend: „Ich will nach Hause. Mein Vater wird mir bestimmt eine Predigt halten.“ Dann wieder wechselt ihr Ton zu einem bedrückten: „Wir sind an der Stelle schon einmal vorbeigekommen. Beim Rückweg war jemand vor mir. Dann ist ein Stück Fels abgebrochen. Damit habe ich nicht gerechnet, es tut mir leid, ich hatte einfach Pech.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1108980_image" /></div> <BR /><BR />In diesen schweren Stunden, in der Dunkelheit der „Abisso Bueno Fonteno“, sagte die 32-jährige Höhlenforscherin dem ersten Arzt, der sie erreichte: „Ich gehe nie wieder in eine Höhle.“ Ob ihre Familie und die vielen Helfer, die in das abgelegene Dorf geströmt sind, um sie zu retten, ihr das glauben, bleibt offen.<BR /><h3> 2 schwere Kilometer liegen noch vor ihnen</h3>Noch trennen sie 2 Kilometer von der Außenwelt, der Hälfte des Weges zurück ans Tageslicht. Die Rettungskräfte arbeiten pausenlos, auch nachts, in Schichten, die bis zu 18 Stunden dauern. <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/schwierige-hoehlenrettung-und-3-suedtiroler-helfen-tatkraeftig-mit" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Auch 3 Männer der Südtiroler Berg- und Höhlenrettung im CNSAS sind an der Rettungsaktion beteiligt: Roland Wenter, Renato Tessari und Florian Weihrauter.</a><BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1108983_image" /></div> <BR /><BR />Um die engen Passagen der Höhle zu erweitern, setzen sie Mikro-Sprengladungen ein. Durch schmale Gänge, in denen kaum ein Körper Platz findet, robben sie mit einer Trage auf dem Rücken vorwärts. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1108986_image" /></div> <BR /><BR />Vor ihnen liegt ein 50 Meter tiefer Abgrund, aus dem sie Ottavia hinaufziehen müssen. Unterwegs bauen sie mobile Erholungsstationen auf, um der Verletzten Pausen zu ermöglichen. Erschöpft, mit Schlamm bedeckt, kehren sie ins Einsatzzentrum zurück, das in der Nähe eines kleinen Dorfs mit 500 Einwohnern errichtet wurde – einem Ort mit einem Kirchturm und Blick auf den Iseosee.<BR /><BR />Hier ein Video aus der Höhle.<BR /><BR /> <video-jw video-id="ORX8Dvw3"></video-jw> <BR /><BR /><BR />Alan De Simone, einer der technischen Köpfe der Rettungsaktion, erklärt den Weg: Mit dem Jeep dauert die Fahrt 15 Minuten durch Serpentinen, gefolgt von einem 20-minütigen Fußmarsch durch den Wald. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1108989_image" /></div> <BR />Um in die Höhle zu gelangen, muss man kriechen. Dies ist der Eingang des „Abisso“, ein Ort, den Ottavia erkunden wollte. 6 Grad Celsius, 99 Prozent Luftfeuchtigkeit – das unerforschte Stück der Höhle hatte sie fasziniert. <h3> Bereits 2023 musste Ottavia gerettet werden</h3>Trotz eines Unfalls im Jahr 2023, bei dem sie sich ein Bein brach, kehrte sie zurück. „Das ist echte Leidenschaft“, sagt Alan. Ein anderer Helfer ergänzt: „Höhlenforschung bedeutet, das Unbekannte zu entdecken.“<BR />Giorgio Pannuzzo, einer der Begleiter, erinnert sich an die dramatischen Stunden damals: „Wir waren zehn Leute, aufgeteilt in drei Gruppen. Jemand legte sich unter sie, um sie vor der Kälte zu schützen. Das größte Risiko war die Unterkühlung. Ottavia ist stark und gibt nicht auf. Es ärgert mich, wie manche sie kritisieren. Sie ist erfahren, vorsichtig und vorbereitet – keine Unbesonnene, die leichtsinnig handelt.“<BR /><h3> „Schlafen? Dafür ist später noch Zeit“</h3>Am Rettungsstützpunkt bleibt kaum Zeit zum Essen. Einfache Mahlzeiten werden vor Computern und Funkgeräten eingenommen. Eine Stimme ertönt: „Sprengung freigegeben.“ Die Mikro-Sprengladungen ebnen den Weg Zentimeter für Zentimeter. Doch die Höhle bleibt tückisch, der Weg lang. Die Rettungskräfte, wie Stefano Mancardi, sind müde: „Schlafen? Dafür ist später noch Zeit.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1108992_image" /></div> <BR /><BR />„Ottavia ist unglaublich stark“, sagen ihre Freunde. Sie befand sich in der Höhle im Rahmen des „Progetto Sebino“, einer wissenschaftlichen Initiative, die von Kommunen und Universitäten unterstützt wird, um das riesige Höhlensystem zu kartieren. Erste Untersuchungen der Carabinieri haben bislang keine strafrechtlichen Aspekte ergeben. Trotzdem könnten weitere Überprüfungen zur Sicherheit der Höhlenforschung folgen.