Konkret handelt es sich um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Brescia wegen des Verdachts der Korruption im Justizwesen gegen den ehemaligen Staatsanwalt von Pavia, Mario Venditti, sowie gegen Giuseppe Sempio, den Vater von Andrea Sempio (37), der erneut im Zusammenhang mit dem Mord an der Wirtschaftsstudentin Chiara Poggi im Jahr 2007 verdächtigt wird.<BR /><BR />In die Ermittlungsakte aufgenommen werden nun auch die Telefonverbindungsdaten der letzten sechs Jahre von drei inzwischen pensionierten Carabinieri, die damals zur Ermittlungseinheit der Staatsanwaltschaft Pavia gehörten und mit Venditti zusammenarbeiteten. Laut Anklage soll Venditti von der Familie Sempio Geld angenommen haben, um Andrea Sempio, den Freund des Bruders der ermordeten Chiara Poggi, zu entlasten.<BR /><BR />Die Ermittler begründen die Rückverfolgung bis 2019 mit den gesetzlichen Regelungen zur Speicherung und Nutzung von Telefondaten, die im Fall schwerer Straftaten - etwa Mord, Mafia-Zugehörigkeit oder Terrorismus - eine rückwirkende Datenerhebung über bis zu sechs Jahre erlauben. In gewöhnlichen Fällen beträgt die Speicherfrist dagegen nur 24 Monate.<BR /><BR />Der Grund für die Anforderung dieser älteren Daten besteht darin, vermutete Unregelmäßigkeiten bei der Zustellung einer Vorladung an Andrea Sempio im Jahr 2017 zu klären, sowie auffällige Kontakte zwischen der Familie Sempio und den damaligen Ermittlern zu überprüfen.<BR />Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Andrea Sempio, ein langjähriger Freund von Marco Poggi (dem Bruder des Opfers), vorab über die Fragen, die man ihm während seines Verhörs stellen wollte, informiert worden war. Die betroffenen ehemaligen Carabinieri weisen diesen Vorwurf entschieden zurück und haben bereits eigene Erklärungen dazu abgegeben. Venditti hatte das Verfahren gegen Andrea Sempio sowohl 2017 als auch 2020 eingestellt. Im zweiten Fall soll dies außergewöhnlich schnell erfolgt sein, was für einige Beobachter Anlass zu Verdacht gibt.