Gestern fand ein weiterer Prozesstag statt. Wie sich abzeichnet, werden die Gutachten der Rechtsmediziner eine ausschlaggebende Rolle spielen. Wir waren vor Ort.<BR /><BR />Auf Antrag des Leitenden Staatsanwaltes Axel Bisignano – in Absprache mit der Verteidigung – wurde die Aussage des Rechtsmediziners Dr. Dario Raniero auf den nächsten Prozesstag vorverlegt. Dr. Raniero hatte die Autopsie am Leichnam von Sigrid Gröber durchgeführt. Angehört werden dabei auch die Gutachter von Verteidigung (Dr. Piergiorgio Tubaro) und Nebenklägern (Dr. Guido Cavagnoli). <h3> Vor der Tür liegen gelassen</h3>Wie berichtet, wird Gruber zur Last gelegt, am Abend des 18. Februar 2023 in Meran auf seine Freundin Sigrid Gröber eingeschlagen und sie getreten zu haben. Dann habe er sie vor der Tür zu seiner Hausmeisterwohnung in der Hotelfachschule liegen gelassen. Laut Anklage hätten die Verletzungen, der Alkohol im Blut, die tiefen Temperaturen und Gröbers Vorerkrankungen zusammen einen akuten Sauerstoffmangel (Hypoxie) verursacht, an dessen Folgen die 39-Jährige nur Stunden später im Meraner Spital starb. <BR /><BR />Im Anklagesatz sind alle Verletzungen genau aufgelistet, darunter auch Rippenbrüche. Der Verteidigung zufolge seien diese aber durch Wiederbelebungsmaßnahmen entstanden. Auch sei zu klären, wie groß der Einfluss von Grubers Vorerkrankungen waren. <h3> Anklagesatz könnte umformuliert werden</h3>Sollte sich aus der Gegenüberstellung der 3 Rechtsmediziner ein neues Bild zur Todesursache ergeben, könnte der Staatsanwalt den Anklagesatz umformulieren. Das wiederum würde es der Verteidigung ermöglichen, ein verkürztes Verfahren zu beantragen – was für Gruber eine Reduzierung des Strafmaßes um ein Drittel bedeuten würde. <BR /><BR />Rechtsanwalt Martin Fill, der die Nebenkläger (die Hinterbliebenen von Sigrid Gröber) vertritt, steht hingegen am Standpunkt, dass der Straftatbestand sogar schwerer sei als von der Staatsanwaltschaft vorgehalten: Allein dadurch, dass Gruber seine Freundin hilflos und dürftig bekleidet in der Kälte zurückgelassen habe, habe er billigend in Kauf genommen, dass sie sterben könnte. <h3> Land als Nebenkläger zugelassen</h3>Indes haben Grubers Verteidigerinnen Alessandra D'Ignazio und Claudia Benedetti gestern ein Gutachten beantragt, um den Einfluss von Alkoholkonsum und Drogen auf das Verhalten und den Gesundheitszustand ihres Mandanten abzuklären. Sollte er an einem chronischen Alkoholproblem leiden, könnte sich dies mildernd auswirken. <BR /><BR />Das Bozner Schwurgericht ließ gestern das Land als Nebenkläger zu – erstmals in Südtirol in einem Fall von geschlechtsspezifischer Gewalt. Dabei macht das Land – vertreten von Rechtsanwalt Lukas Plancker – einen Schaden in Höhe von 50.000 Euro geltend. Der Antrag der Verteidigung, das Dekret auf ein sofortiges Hauptverfahren für nichtig zu erklären, wurde abgewiesen: Die Rechte des Angeklagten seien dadurch nicht beschnitten worden.