Der tragische Fall geht auf das Jahr 2014 zurück. Die 88-Jährige war in die geriatrische Abteilung des Bozner Spitals eingeliefert worden und dort bereits 10 Tage lang betreut worden, als sich das Unglück ereignete: Sie stürzte kurz vor 3 Uhr nachts aus dem Krankenhausbett. Dabei schlug sie mit dem Kopf auf. Das diensthabende Sanitätspersonal war sofort zur Stelle und nahm sich der Frau an, es wurden auch gleich entsprechende Untersuchungen durchgeführt, doch alle Bemühungen waren vergebens: Die Patientin starb einige Stunden später. <BR /><BR />Die Hinterbliebenen der Frau reichten – vertreten durch Rechtsanwalt Wolfgang Burchia und die auf Schadensfälle spezialisierte Inkassogesellschaft „Giesse“ – Zivilklage gegen den Sanitätsbetrieb ein: Sie hoben hervor, dass der Tod der Frau auf ein epidurales Hämatom – eine Blutung zwischen Knochen und harter Hirnhaut – zurückzuführen gewesen sei, und zeigten sich überzeugt, dass es durch den Sturz entstanden sei. Und sie warfen dem Sanitätsbetrieb vor, das Bett der Patientin nicht gesichert zu haben. <BR /><BR />Der Sanitätsbetrieb argumentierte hingegen, dass man von der Verwendung von Bettgittern abgesehen habe, da dies im konkreten Fall nicht als zwingend notwendig eingestuft worden sei. Es habe kein Risiko eines Sturzes bestanden, die Patientin habe sich immer sehr ruhig verhalten. Auch wurde der Kausalzusammenhang zwischen dem Sturz und dem Tod der Frau in Zweifel gezogen. <BR /><BR /><b>„Fahrlässige Unterschätzung des Sturzrisikos“</b><BR /><BR />Richterin Giulia Rossi beauftragte ein Gutachterkollegium mit der Abklärung der Sachlage, und die Experten kamen zum Schluss, dass dem Sanitätsbetrieb – wie es im jetzt hinterlegten Urteil heißt – eine „fahrlässige Unterschätzung des Sturzrisikos“ angelastet werden könne und demnach eine fahrlässige Unterlassung von einschränkenden Maßnahmen, die verhindert hätten, dass die Frau aus dem Bett fallen könnte. <BR /><BR />Die Patientin habe gleich mehrere Voraussetzungen bzw. Risikofaktoren aufgewiesen, aufgrund derer man schon bei ihrer Einlieferung eine Sicherungsmaßnahme hätte vorsehen müssen. Entsprechend ministerieller Empfehlungen sind dies z. B. ein Alter über 65 Jahren, Inkontinenz, reduzierte Sehkraft, Verkrümmungen oder Krankheiten des Fußes, Abbau des geistiges Zustandes und im Fall der Verabreichung von 4 oder mehr Medikamenten. Bettgitter wären deshalb vorzusehen gewesen, so die Gutachter. Der Sanitätsbetrieb wurde zur Leistung von 134.997 Euro Schadenersatz verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig, die Zahlung steht noch aus. <BR /><BR />Laut Generaldirektor Florian Zerzer setze man im Sanitätsbetrieb alles daran, präventiv und sofort zu reagieren – unabhängig von einem Gerichtsurteil. „Wir haben Meldekreise, wo die Mitarbeiter auch anonym mögliche Fehler oder Beinahe-Fehler melden können. Auch sind eine Reihe von Mitarbeitern im Bereich Qualitätssicherung und Risikomanagement damit betraut, zu analysieren, was passiert ist und was man daraus lernen bzw. künftig anders machen kann“, so Zerzer.