<b>Morgen jährt sich zum 10. Mal der Tod von Alexander Mayr, ihres Cousins und Vorgängers als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Atzwang. Wie präsent ist das Unglück bei Ihnen noch?</b><BR />Franz Mayr: Sehr präsent. Und ich gehe davon aus, dass es das bei meinen Kameraden auch ist – vor allem bei den 3, die bis zum Schluss bei Alexander geblieben sind. So lange, bis ihn die Mure komplett verschüttet hat. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an ihn und an das, was passiert ist, denke. Die Bilder von damals tauchen immer wieder auf. Aber ich frage mich sehr, sehr oft, wieso das passieren musste.<BR /><BR /><b> Wie ist es Ihnen persönlich damals ergangen?</b><BR />Mayr: An den ersten 3, 4 Tagen sehr schlecht. Ich habe mir gedacht, ,So das war's, das ist jetzt das Ende der Atzwanger Feuerwehr‘. Das Gegenteil war der Fall. Als wir uns 2 Tage nach dem Unglück im Spital von Alexander verabschiedet haben, standen wir vor der Bahre, auf der er lag, und da fragte ich einen Kameraden, der mit mir dort war: ,Und jetzt?‘. Da meinte der nur ,Wir machen natürlich weiter‘. Und so war es auch. Bis heute hat keiner der Wehrmänner, die damals dabei waren, den Dienst quittiert. Auch wenn ich das befürchtet habe und es auch sehr gut verstanden hätte. Aufhören war aber nie ein Thema – offensichtlich für keinen von uns.<BR /><BR /><b>Und dann haben Sie den Posten Ihres verstorbenen Cousins übernommen.</b><BR />Mayr: Das war nie meine Absicht, seine Position zu übernehmen. Ich wollte nie Kommandant werden. Kurz vor Alexanders Beerdigung hatte ich ja noch das Gefühl, dass dies das Aus der Atzwanger Wehr sein könnte. Aber als man mich gefragt hat, habe ich ja gesagt. <BR /><BR /><b>Sind die Kameraden noch näher zusammengerückt, als sie es ohnehin schon waren?</b><BR />Mayr: Genau so ist es. Wir hatten 2 Nachbesprechungen mit Erwin Steiner, Georg Pedratscher und Marlene Kranebitter von der Notfallpsychologie bzw. -seelsorge, bei der wir über das Geschehene geredet haben. Und auch Feuerwehrkurat P. Reinald Romaner und die damalige Spitze von Bezirk und Landesverband sind uns beigestanden. Es stand auch das Angebot, dass man sich für weitere Betreuung und Gespräche mit den Notfallpsychologen melden kann.<BR /><BR /><b>Das heißt, das Trauma, das so ein Unglück hinterlässt, ist überwunden?</b><BR />Mayr: Nein, das glaube ich nicht. Vor allem in den Tagen um das Datum, zu dem sich das Unglück jährt, kommt das Ganze wieder hoch, beschäftigt einen. Ich bin mir sicher, dass auch bei den anderen Alexanders Tod noch sehr präsent ist – auch 10 Jahre danach. Nur zeigen sie es halt nicht. <BR /><BR /><b>Sprechen Sie und Ihre Kameraden dieser Tage über das Geschehene?</b><BR />Mayr: Um die Jahrestage herum ist das Unglück, bei dem Alexander ums Leben gekommen ist, natürlich immer Thema. Offensichtlich trägt das zwar, wie gesagt, jeder mit sich herum. Aber geredet wird im Normalfall darüber nicht. Vielleicht kommt das dann mit dem Alter. Man sagt ja, je älter man wird, umso mehr spricht man über seine eigene Jugend.<BR /><BR /><b>Und was hat dieser Schicksalsschlag mit der Dorfgemeinschaft gemacht?</b><BR />Mayr: Die ist auch näher zusammengerückt. Das Schöne ist, dass wir weder von Alexanders Frau, noch von seiner Ursprungsfamilie oder von jemand anderem im Dorf irgendeinen Vorwurf bekommen haben. Im Gegenteil: Die Feuerwehr hat heute in Atzwang und Umgebung vollen Respekt und Rückhalt. Das motiviert schon sehr. <BR /><BR /><b>Heute steht am Eingang zur neuen Feuerwehrhalle, die nach Alexander Mayr benannt ist, ein Schrank mit seinem Foto, seinem Feuerwehrhelm und seinem Mantel, den er damals beim Einsatz getragen hat. Als eine Art Mahnmal?</b><BR />Mayr: Ja, es ist sicher eine Art Mahnmal. Vor allem bei den immer häufiger werdenden Unwettereinsätzen. Das erinnert daran, was im Einsatz passieren kann. Und vor allem für jene, die in Führungsposition sind und dafür verantwortlich sind, dass die Wehrmänner auch wieder gesund vom Einsatz zurückkehren.