Japans Ministerpräsident Naoto Kan bezeichnete die Lage am Dienstag als „unvorhersehbar“. Das Land rechnet inzwischen mit gigantischen Kosten bis 26 Milliarden Euro durch die Dreifach-Katastrophe vom 11. März. Im Boden um das Kraftwerk Fukushima Eins war am Vortag hochgiftiges, radioaktives Plutonium entdeckt worden. Ein weiteres ungelöstes Problem ist das strahlende Wasser in den Kellern und Gräben der Atom-Ruine.Ministerpräsident Kan will neben dem eigentlichen Staatshaushalt einen Sonderetat von umgerechnet etwa 17 bis 26 Milliarden Euro aufstellen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo meldete. Japan ist schon jetzt hoch verschuldet. Mit dem neuen Geld sollen die Kosten für die Folgen nach Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe bezahlt werden. Die in Fukushima Eins gemessene Plutonium-Menge sei gering und für Menschen nicht gefährlich, erklärte der Stromkonzern Tepco. Dennoch führte die Nachricht vom Plutoniumfund an der Börse in Tokio zu Kursverlusten. Der hochgiftige Stoff wurde in Bodenproben festgestellt, die der Betreiber Tepco am 21. und 22. März nehmen ließ.Regierungssprecher Yukio Edano sagte dazu, die Lage sei „sehr ernst“, der Plutoniumfund sei ein Hinweis auf „einen gewissen Anteil schmelzender Brennstäbe“. Woher das Plutonium stammt, ist bisher nicht zweifelsfrei geklärt.Der deutsche Atomexperte Michael Sailer warnte im Deutschlandfunk, der Fund von Plutonium bedeute, dass die Brennstäbe „entweder knapp unter der Kernschmelze oder in der Kernschmelze“ seien. Der Chemiker ist Mitglied der Reaktorsicherheitskommission des Bundes, Sprecher der Geschäftsführung des Öko-Instituts und ein bekannter Kritiker der Kernenergie.Problem: Hochgradig radioaktives WasserIm beschädigten Kraftwerk selbst macht radioaktiv verstrahltes Wasser in Wassergräben und den Turbinenhäusern der Reaktoren den Einsatz lebensgefährlich. Es stand zeitweise bis zu einen Meter hoch in den Kellern der Turbinenhäuser von vier der sechs Reaktorblöcke in Fukushima Eins. Eine Hauptaufgabe der Einsatzkräfte war am Dienstag das Abpumpen des verseuchten Wassers aus dem Keller des Turbinengebäudes von Block 1.Doch die Arbeiter wissen nicht, wohin mit der für Menschen hochgiftigen Flüssigkeit in den Turbinenhäusern der Blocks 2 und 3, wie Kyodo meldete. Es fehlte an Tanks. Am gefährlichsten ist das verstrahlte Wasser in einem Graben von Block zwei zum Turbinenhaus. Dort wurde am Wochenende die bisher höchste Strahlendosis von 1000 Millisievert pro Stunde gemessen. Die natürliche radioaktive Strahlung liegt dagegen nur bei 2 Millisievert pro Jahr.Der Chef der US-Atomregulierungsbehörde (NRC), Gregory Jaczko, sprach nach einem Treffen mit japanischen Regierungskollegen und Atomexperten in Tokio von einer „anhaltend ernsten Herausforderung“.Die Japaner wollen jetzt verstärkt ausländische Fachleute heranziehen, um die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen. Außenminister Takeaki Matsumoto erklärte nach einem Kyodo-Bericht, Tokio sei „sehr bereitwillig“, Technologie und Wissen anderer Nationen bei der Lösung der Krise zu nutzen.Mittlerweile wurden auch westlich und südwestlich von Japan – also entgegen der vorherrschenden Windrichtung – in Südkorea, Hongkong und China geringe Mengen von radioaktivem Jod-131 in der Luft gemessen.Die Zahl der nach dem Erdbeben und dem Tsunami vom 11. März offiziell für tot erklärten Opfer stieg am Dienstag auf 11 082. Weitere 16.717 Menschen werden nach wie vor vermisst. dpa