Zwei Gipsstatuen mit dem Gesicht des bei einem Sprengstoffanschlag am 19. Juli 1992 ermordeten Staatsanwalts und seines ebenfalls getöteten Kollegen Giovanni Falcone, die im Zentrum Palermos aufgestellt worden waren, wurden am Samstag tagsüber von Unbekannten zerstört. Niemand meldete sich bei der Polizei, um bei der Suche nach den Tätern zu helfen.Präsident Giorgio Napolitano drückte seine „tiefe Entrüstung“ wegen des Vorfalls aus. „In Palermo gibt es Menschen, die sogar vor Statuen Angst haben“, sagte die EU-Parlamentarierin Rita Borsellino, Schwester des ermordeten Staatsanwalts nach Medienangaben vom Sonntag.Auf der Via D’Amelio, der Straße, auf der Borsellino und fünf seiner Leibwächter durch einen Sprengstoffanschlag getötet wurden, legten Freunde und Kollegen des Staatsanwalts sowie Dutzende Bürger Blumensträuße nieder. Die Witwe Borsellinos, Agnese, appellierte an die Politiker, ihren Mann und seinen unermüdlichen Einsatz gegen die Mafia nicht zu vergessen.In Erinnerung an Borsellino, der mit seinem ebenfalls im Jahr 1992 ermordeten Kollegen Giovanni Falcone zu einem Symbol des Kampfs gegen die „Krake“ Mafia geworden ist, finden am Sonntag in ganz Italien zahlreiche Gedenkfeiern statt. Borsellino, der 52-jährig starb, bemühte sich, die internationalen Verbindungen der Cosa Nostra aufzudecken. Eine entscheidende Rolle spielte er beim Aufbau des so genannten Anti-Mafia-Pools, einer Gruppe von Staatsanwälten, die Mitte der achtziger Jahre große Erfolge im Kampf gegen das organisierte Verbrechen erzielen konnte.Die Ermordung Falcones und Borsellinos markierte in Italien einen Wendepunkt in der Haltung der Bevölkerung zur Mafia. Hunderttausende demonstrierten unmittelbar nach Borsellinos Tod in den Straßen Palermos. Viele Sizilianer brachen ihr Schweigen und bekannten sich offen als Gegner der Mafia. Erpresste Geschäftsleute wehrten sich zunehmend, Zwangsgelder an die Organisation zu zahlen. Einige von ihnen mussten dies mit ihrem Leben bezahlen.Kurz nach Borsellinos Mord wurde eine neue Anti-Mafia-Gesetzgebung verabschiedet, die abtrünnigen Mafiosi beträchtliche Strafmilderungen garantierte. Dank der Kooperation reuiger Kronzeugen konnten die italienischen Behörden in den Jahren nach der Ermordung Borsellinos wichtige Erfolge im Kampf gegen die Cosa Nostra erzielen. Entscheidend erwies sich im Jänner 1993 die Verhaftung von Toto Riina, der Nummer eins der sizilianischen Mafia, der wegen dem Mord an Falcone zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Lebenslänglich hinter Gittern sitzt auch der Mafia-Boss Giovanni Brusca. Er hatte den Auslöser der Bombe gedrückt, die in Capaci den Mafiajäger tötete.apa