<b>Von Martina Hofer</b><BR /><BR />Dieses eine epische Bild mit der Akropolis im Hintergrund. Dafür trug Alex Weitgruber sein Gravelbike vor einer Woche sogar 15 Minuten den Berg hinauf. „War dann eh schon egal“, lacht der Eppaner Unternehmer. Die Beine müde, der Hintern taub, aber das Projekt erfolgreich umgesetzt, genoss er die Genugtuung, wieder einmal den Zeitplan eingehalten, die Umsatzkurve maximiert und den Gewinn in Form von Endorphinen ordentlich ausgeschüttet zu haben. Denn mit dem Erreichen Athens am 16. Mai hat der 46-Jährige seine nunmehr zwanzigste europäische Hauptstadt mit dem Fahrrad bereist – ohne sich dafür Urlaub nehmen zu müssen. <h3> Nicht bis zur Pension warten</h3>Die Idee für diese ungewöhnliche Work-Bike-Challenge kam dem Überetscher Amateurradler bei seiner ersten Hauptstadttour nach Rom 2020. „Ich liebe den Sport einfach, doch kann ich es mir nicht leisten, zwei Monate im Jahr dafür auszufallen“, sagt er. Damals beschloss Weitgruber darum, mit seinem Büro auf zwei Rädern beides zu kombinieren – sein erfolgreich geführtes Millionenunternehmen und sein zeitintensives Hobby. „Der hat doch ein Rad ab!“, mögen sich manche nun denken. Weitgruber ist das einerlei: „Ich möchte nicht bis zur Pensionierung warten, um meine Träume zu verwirklichen. Ich liebe es, Unternehmer zu sein, aber genauso wichtig ist mir das Radfahren“, erzählt der Chef des Im<?TrVer> port-Export-Großhandels „Vetter“ mit Sitz in Lana. Dort anzutreffen aber ist er kaum. „Im Winter arbeite ich gern von der Langlaufloipe auf der Seiser Alm aus, im Sommer vom Rad“ – mal während er 1500 Kilometer nach London abspult, 2000 Kilometer nach <?Uni SchriftWeite="97ru"> Stockholm oder – wie 2024 – ganze<?_Uni> 3200 Kilometer nach Lissabon.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1173834_image" /></div> <BR />Seine Kunden sind den Fahrtwind am Telefon längst gewöhnt. „Die einen beneiden mich, die anderen sagen, ich spinne“, sagt Alex Weitgruber, der mit seinem Handelsbetrieb Supermarktketten bis Litauen mit Lebensmitteln beliefert. „Die Abläufe sind zu 90 Prozent digital. Im optimalen Fall spürt der Kunde gar nicht, wo ich gerade bin“, weiß der sportliche Firmenchef. Dazu gehöre jedoch viel Disziplin und vor allem Planung. Akribisch genau tüftelt er darum vor jeder längeren Radreise an Details. Ganz wichtig, ne<?TrVer> ben Machbarkeitsstudien, Proviant-Optimierung, Touren-Apps oder Fahrtwindanalysen: ein Vorab-Check, ob es wohl in jedem Land, das er durchquert, auch ein Netz zum Arbeiten gibt. <h3> Die Tollwut und wütende Lkw-Fahrer</h3>Vor unvorhersehbaren Dingen aber ist er trotzdem nie gefeit. So wurde ihm 2022 in Kopenhagen etwa sein geliebtes Rennrad geklaut. Heuer hingegen ging ihm etwas anderes „tierisch“ auf den Wecker, kurz nachdem er am 1. Mai in Eppan auf sein Gravelbike gestiegen war, um durch den Balkan nach Athen zu radeln: die Tollwutgefahr. „Bereits in Serbien riet man mir als Ungeimpftem, nicht wie geplant durchs Landesinnere zu fahren. So wählte ich schließlich die anspruchsvolle Strecke an der Küste“, ärgert es ihn ein bisschen, doch Weitgruber sagt auch, es sei seine erste Routenänderung während der bisher acht Radreisen gewesen. <BR /><BR />Geschützt vor bissigen Kötern aber hat ihn auch sein Plan B nicht. Denn mit den vielen Schafherden, die er unterwegs antraf, machte er auch Bekanntschaft mit aggressiven Herdenschutzhunden. „Ich habe eigentlich kei<?TrVer> ne Angst, aber die haben einfach nicht von mir abgelassen und waren äußerst aggressiv.“ In seiner Not warf ihnen Weitgruber schließlich mitgeführte Schoko-Proteinriegel vor die Füße. „Das hat geholfen, weshalb ich fortan immer Leckerlis dabei hatte“, erzählt er lachend. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1173837_image" /></div> <BR />Doch es waren nicht nur kläffende Vierbeiner und ungeplante Höhenmeter, die Weitgruber im Nachhinein als Herausforderung bezeichnet. Auch den Verkehr auf den Straßen des Balkans hatte er völlig unterschätzt.<BR />Anders als in Österreich – das erste Land, das er für die Tour gequert hat – gab es in Slowenien, Kroatien, Montenegro oder Albanien weder Radwege noch Radler. „Als Radfahrer wirst du richtig angefeindet. Immer mal wieder hat man mir den Mittelfinger gezeigt. Ich glaube einfach, sie sind diese Art der Verkehrsteilnehmer nicht gewohnt“, erzählt der Eppaner von dem Wagnis, entlang von Überlandstraßen ohne Begrenzungsstreifen zu pedalieren.<BR /><BR />Zweimal wurde er in Albanien sogar von einem Lkw an der Schulter gestreift. „Ich muss zugeben, es war das erste Mal, dass ich in all den Jahren und tausenden Kilometern auf dem Rad ein mulmiges Gefühl hatte.“ <BR /><BR />Schlussendlich aber sei es seine Erfahrung gewesen, die ihm immer wieder geholfen habe, den besten Ausweg zu finden – in Weitgrubers Fall führte der über Schnellstraßen, die er als weit si<?TrVer> cherer erlebt hat – und auf denen er auch schneller vorankam. Schließlich war sein Zeitlimit von 18 Tagen für die 1900 Kilometer eng gesteckt. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit um die 20 km/h galt es, 120 bis 190 Kilometer am Tag abzuspulen. Abgestimmt darauf nächtigte er in Ho<?TrVer> tels. „Das Zimmer sah immer aus wie eine Ladestation. Laptop, Handy, Powerbank und auch die Minidrohne mussten ja funktionstüchtig sein.“ <BR /><BR /><h3> Frische Kleidung statt griechischem Wein</h3>Trotz „Tour“-bulenzen aber schlug sich der selbsternannte „Wettergott“ (weil er bisher kaum Wetterkapriolen erlebt hat) durch und fuhr am vergangenen Freitag ohne „Platten“ in Athen ein. Dort freute er sich nicht auf das verdiente Glas griechischen Wein, schließlich lebt er seit zwei Jahren alkoholfrei, sondern auf ein frisches „Leibele“. Dies brachte am Samstag dann auch Ehefrau Isabel im Koffer aus der Heimat mit. <BR /><BR />Gemeinsam und ohne Fahrrad ging es für das Paar dann zum Ausspannen nach Zakynthos.<h3> Erstes Buch über Weitgrubers „Businesstrips“</h3>Eine lange Schonzeit aber hat sein Körper nicht. Bereits im September wird es mit dem Radl nach Prag gehen, bevor im Oktober Weitgrubers erstes Buch „Mein Büro auf zwei Rädern“ (i.B.) im <?Uni SchriftWeite="92ru"> Athesia-Tappeiner-Verlag erscheint.<?_Uni> Es soll seinen Alltag zwischen Business, Sport und Abenteuer aufzeigen. Mit einer guten „Work-Life-Balance“ habe sein Konzept (s<I>iehe www.alexweitgruber.com</I>) aber wenig zu tun, weiß Alex Weitgruber und gibt ehrlich zu: „Ich würde diese Art von Smart-Working nicht jedem empfehlen.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1173840_image" /></div> <BR />Denn alleine 150 Kilometer über holprige Straßen zu radeln, gegen beißende Hunde zu kämpfen und dabei Aufträge abzuarbeiten, habe wenig mit Urlaub, Sightseeing und Weltenbummelei zu tun. Vielmehr sei die Intention des Buches jene, den Menschen Alternativen zu Schreibtisch und Papier aufzuzeigen, ohne dabei die eigenen Ziele aus den Augen zu verlieren.<BR /><BR />Für sein eigenes großes Ziel, alle Hauptstädte Europas mit dem Rad zu bereisen, fehlen dem Unternehmer nun noch 24 der 44 Hauptstädte. Bis zur Rente soll ein Großteil davon jedenfalls geschafft sein, lacht der Eppaner. <BR /><BR />„Klar wäre der Umsatz höher, wenn ich als Chef acht bis zehn Stunden am Tag vor meinem Computer im Büro sitzen würde“, weiß er. Doch Alex Weitgruber rechnet den Umsatz nicht mehr in Euro auf, sondern in Lebenszeit und Erlebnissen. Und diese (Abenteuer-)Bilanz am Jahresende kann wohl kaum ein Unternehmer im Land toppen.