Ist Glyphosat krebserregend oder nicht? Diese Frage steht im Mittelpunkt, wenn es um eine Zulassungsverlängerung auf EU-Ebene geht, die nun in eine entscheidende Phase tritt. Noch vor einem Jahr wurde die Zulassung kurzfristig bis zum 31. Dezember 2023 verlängert. Der Einsatz könnte jedoch ab 2024 <?Uni SchriftWeite="95ru"> verboten werden.<?_Uni> <BR /><BR />Wie weithin bekannt ist, wird das sehr wirkungsvolle, aber umstrittene Unkrautvernichtungsmittel in Südtirol vorwiegend im Obst- und Weinbau verwendet. Aber nicht nur. Auch in anderen Bereichen – z.B. im Straßendienst – findet das Herbizid immer noch Anwendung. Wie bewerten also jene, die Glyphosat verwenden, oder bis vor Kurzem verwendet haben, den Einsatz und ein mögliches Aus?<h3> Glyphosat im Obst und Weinbau</h3>„Glyphosat ist ein Standardherbizid, das verwendet wird, weil es eine sehr breite Wirkung hat – sei es gegen breitblättrige Unkräuter wie auch Gräser“, erklärt Robert Wiedmer, Koordinator und Bereichsleiter Obstbau beim Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau. „Aber“, betont Wiedmer, „die Verwendung ist ziemlich limitiert.“ Gesetzlich geregelt sei etwa detailliert die Höchstmenge der Liter pro Hektar (mit einem bestimmten Wirkstoffgehalt). Und: Zu den vielen Auflagen zähle auch, dass die Unkrautbekämpfung nur auf der Fläche der Reihen, wo die Bäume und Reben stehen, beschränkt werden muss. „Das darf maximal 30 Prozent der gesamten Fläche sein. Demnach sind nur mehr die Streifenbehandlungen möglich.“ Zeitlich werde Glyphosat um die Blütezeit und in der Nachernte eingesetzt.<BR /><BR />Generell spricht Wiedmer im Weinbau von einer „starken Reduktion“ des Glyphosat-Einsatzes in den vergangenen Jahren. Aber auch im Apfelanbau sei letzthin die Anzahl derer gestiegen, „die generell auf Herbizide verzichten und stattdessen eine mechanische Unterstockbearbeitung machen.“<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="908734_image" /></div> <BR /><BR />Die Haltung des Beratungsringes zum Einsatz von Glyphosat sei laut Widmer sehr differenziert, weil es eben auf die jeweilige Situation ankomme. „Wir schlagen verschiedenste Strategien vor, je nachdem, was sinnvoll ist.“ Das gelte aber für alle Pflanzenschutzmittel: „Man soll so wenig wie möglich, aber so viel wie notwenig einsetzen. Denn keiner spritzt unbedacht herum, dafür sind die Mittel einfach auch zu teuer.“<BR /><BR />Robert Wiedmer glaubt nicht daran, dass sich die EU in den nächsten Wochen gegen eine Verlängerung der Glyphosat-Zulassung ausspricht. Sollte es wider Erwarten dennoch dazu kommen, bedeute das nicht, dass das Herbizid ab 1. Jänner 2024 nicht mehr verwendet werden dürfe – es gebe dann wohl entsprechende Übergangs- und Aufbrauchfristen „mindestens noch für das ganze Jahr 2024“, so Wiedmer.<h3> Glyphosat bei Landesstraßen</h3>„Wir versuchen grundsätzlich, Alternativprodukte zu nehmen“, betont Philipp Sicher, Leiter der Landesabteilung Straßendienst. Das Problem bei den Alternativprodukten (z.B. Pelargonsäure) sei allerdings deren geringe Wirksamkeit. „Wir sind seit Jahren dabei, diese Alternativen zu testen. Manche mit mehr, manche mit weniger Erfolg.“ Aber die Verwendung von Glyphosat wurde in den vergangenen Jahren weitestgehend eingeschränkt. Gar nicht mehr eingesetzt werde das Herbizid auf offenen, horizontalen Grasflächen (etwa bei Leitplanken, Verkehrsschildern usw.). „Das wird alles ausgemäht. Wenn wir Glyphosat verwenden, dann in sehr reduziertem Umfang – und nur auf vertikalen Flächen“, so Sicher. Sprich, bei Mauerfugen, von der Maueroberkante bis zum Asphaltrand, weil dort Alternativmethoden bzw. -produkte nicht funktionierten. Im Vergleich zum Einsatz in der Landwirtschaft sei die Verwendung von Herbiziden im Straßenbereich „also marginal bzw. verschwindend gering.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="908737_image" /></div> <BR />Gerade auch deshalb würde sich kaum etwas ändern, sollte Glyphosat auf EU-Ebene keine Zulassungsverlängerung über 2023 hinaus erhalten. Nichtsdestotrotz geht Sicher – ebenso wie Wiedmer – davon aus, dass es zu einer weiteren Verlängerung kommt.<h3> Glyphosat in den Gemeinden</h3>„Wir als Gemeindeverwaltung verwenden schon seit mehr als fünf Jahren kein Glyphosat mehr – in sensiblen Zonen, wie Spielplätzen – noch länger“, erklärt der Brixner Stadtrat Peter Natter, der in der Bischofsstadt u.a. für den Bereich Umwelt und Freizeitanlagen zuständig ist. Gesetzt werde auf alternative Metoden (z.B. heißer Dampf).<BR /><BR />Mit dem Glyphosat-Verzicht ist die Stadtgemeinde Brixen übrigens nicht alleine im Land. Ihr gleich tun es z.B. die beiden einwohnerstärksten Städte Südtirols. In Bozen wird seit 2016 auf den Einsatz verzichtet, wie die zuständige Stadträtin Chiara Rabini auf Anfrage bestätigt: „Bereits seit 2012 hat unsere Gemeinde einen biologischen Wandel eingeleitet, besonders was den Gebrauch von Pestiziden anbelangt. Eine natürliche Folge war, sich auch vom Glyphosat abzuwenden.“ Und in Meran unterstreicht Anni Schwarz, die Verantwortliche der Sondereinheit „Klimaschutz und Klimawandelanpassung“: „Wir haben Glyphosat schon vor Jahren von allen öffentlichen Flächen verbannt.“ An die Bürger richtet Schwarz generell den Appell zu mehr Verständnis: „ Ein gewisses Maß an wilder Begrünung muss einfach erlaubt sein. Es hat auch vom Ökologischen her keinen Sinn, jeden noch so kleinen Grashalm auszureißen.“<h3> Glyphosat auf Bahntrassen</h3>Mit Unkraut auf ihren Flächen zu kämpfen haben nicht zuletzt auch Betreiber von Bahnstrecken. Der Glyphosat-Einsatz war dort bislang gang und gäbe. In Deutschland hat die „Deutsche Bahn“ (DB) jedoch für das Jahr 2023 einen kompletten Ausstieg beschlossen. Und in Südtirol?<BR /><BR />Mit einem Glyphosat-Verzicht früher dran war die „Südtiroler Transportstrukturen AG“ (STA), die etwa die Vinschger Bahnlinie betreibt. „Die STA verwendet seit einigen Jahren kein Glyphosat mehr, das früher zur Unkrautbekämpfung entlang der Vinschger Bahnlinie eingesetzt wurde“, erklärt STA-Präsident Martin Fill. „Die Einstellung erfolgte zum Zeitpunkt der ersten Warnungen vor einer möglichen krebserregenden Wirkung des Mittels vor mindestens sechs bis acht Jahren.“<BR /><BR />Die Unkrautbekämpfung bleibe jedoch eine Herausforderung. Derzeit werde auf Pelargonsäure und mechanische Entfernung gesetzt. „Wir haben auch mit dem Einsatz von Dampf experimentiert, aber mit extrem geringer Wirksamkeit. Das ist daher wirtschaftlich nicht rentabel“, so Fill.<h3> Glyphosat im Privatgebrauch</h3>Wer Pflanzenschutzmittel für den privaten Gebrauch – etwa für den eigenen Garten – verwenden möchte, kommt in Südtirol in Fachgeschäften an Glyphosat-Produkte. „In den Gartenmarkt-Filialen gibt es etwa Halbliterflaschen, <?Uni SchriftWeite="95ru"> die jeder kaufen kann“, sagt Michael<?_Uni> Puntaier, Verantwortlicher für die 19-Gartenmarktfilialen in Südtirol. Größere Mengen bekommen hingegen nur professionelle Anwender – z.B. Landwirte mit einem Befähigungsausweis. Die Nachfrage nach Glyphosat-Produkten sei nach wie vor vorhanden, so Puntaier. Es würden aber auch Alternativprodukte angeboten und nachgefragt, „weil allen klar ist, dass es Glyphosat über kurz oder lang nicht mehr geben wird.“