Das politische Interesse hat die 2-fache Mutter von ihrem Elternhaus mitbekommen. Pichler ist Organisationsentwicklerin und Projektleiterin, ehrenamtlich engagiert sie sich im Bildungsausschuss Schenna. Im Interview ermutigt sie Frauen, sich politisch zu engagieren und erklärt, warum es mehr Frauen in politischen Gremien braucht.<BR /><BR /><b>Frau Pichler, warum ist es wichtig, dass sich mehr Frauen politisch engagieren?</b><BR />Annelies Pichler: Ich bin überzeugt, dass Gremien, die mit Männern und Frauen besetzt sind, um einiges besser arbeiten. Diese Gremien sind reflektierter, weil aus beiden Blickwinkeln Ideen und Meinungen kommen. Ich will ganz gewiss nicht Männern ihre Qualitäten absprechen, allerdings können wir Frauen mit unseren Qualitäten punkten. Leider fehlt uns oft der Mut, überhaupt verantwortungsvolle Positionen zu übernehmen. Männer erlebe ich oft als mutiger und entscheidungsfreudiger, auch auf die Gefahr hin, Fehler zu machen. <BR /><BR /><b>Von welchen weiblichen Qualitäten sprechen Sie?</b><BR />Pichler: Ich denke, dass wir Frauen mit Kompetenz und Klarheit überzeugen, kommunikationsfähig sind und auf gute Argumente setzen. Außerdem agieren wir mit Empathie und Humor. Zudem betonen wir das Gemeinwohl, versuchen die Menschen für neue Ideen und Nachhaltigkeit zu gewinnen. <BR /><BR /><b>Apropos Nachhaltigkeit: Sie sind nicht nur Bürgermeisterin, sondern auch Nachhaltigkeitsbeauftragte Ihrer Gemeinde. Was wird in dieser Hinsicht konkret angepackt?</b><BR />Pichler: Zusammen mit den Bürgerräten haben wir ein Dorfkonzept entwickelt, das sich an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen orientiert. Allerdings gebe ich zu, dass die Beschäftigung mit dieser Thematik frustrierend ist, weil man keine schnellen Erfolge sieht. Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass sich die Dinge nicht von heute auf morgen ändern lassen, sondern ein tiefgreifender Bewusstseinswandel mit entsprechenden Verhaltensänderungen notwendig ist. Es liegt in der Verantwortung von uns Politikern und Verwaltern, immer wieder darauf aufmerksam zu machen. <BR /><BR /><b>Was war Ihr Antrieb, es in der Politik zu versuchen?</b><BR />Pichler: Ich komme aus einer Familie, in der oft und gerne politische Themen diskutiert wurden. Ich selbst habe mich auch in der Schul- und Studienzeit gerne mit gesellschaftlichen Themen auseinandergesetzt, allerdings dachte ich nie, dass ich schließlich in der Gemeindepolitik landen könnte. Dafür habe ich zwischen Arbeit und Familie schlichtweg keinen Platz gesehen. <BR /><BR /><b>Warum ist es dann aber doch so gekommen?</b><BR />Pichler: Ja, weil es eben doch gehen kann! Man muss die Wege und Ressourcen dafür finden, und wie gesagt ist dazu auch Mut erforderlich. Gerade am Tag der Frau möchte ich Frauen ansprechen und ermutigen, diesen Weg zu gehen. Für mich war essenziell, dass meine Familie dabei voll hinter mir steht. <BR /><BR /><b>Gibt es gemäß Ihren Erfahrungen noch Vorbehalte gegenüber Frauen in leitenden politischen Ämtern?</b><BR />Pichler: Das hängt ein wenig davon ab, wem man gerade gegenübersitzt. Ich persönlich merke so gut wie gar keine Vorbehalte mehr, allerdings ist die erhebliche Unterrepräsentation von Frauen in politischen Funktionen ein klares Indiz dafür. <BR /><BR /><b>Was muss getan werden, damit sich in dieser Hinsicht etwas ändert?</b><BR />Pichler: Wie bereits erwähnt, bin ich überzeugt, dass wir reflektierter und besser auftreten, wenn die Gremien paritätisch besetzt sind. Damit das gelingen kann, ist die gesamte Gesellschaft gefordert – und das betrifft eben auch die Männer. Als Frauen müssen wir auch noch stärker auf den Wir-Gedanken setzen. Damit meine ich vor allem das Bewusstsein einer Dorfgemeinschaft. Es geht um das Miteinander, ich selbst fühle mich in unserer Gemeinde als eine von rund 3000 Einwohnern. Ohne diese Bürgernähe könnte ich mir die Arbeit als Bürgermeisterin gar nicht vorstellen. Es wäre dann kaum denkbar, gute Entscheidungen im Sinne der Gesamtheit zu treffen. Davon einmal abgesehen bin ich der Auffassung, dass wir bei all dem nicht versuchen sollen, die Männer zu kopieren, sondern Frau bleiben und als solche überzeugen.<BR /><BR /><b>Generell hört man immer wieder, dass Gemeindepolitik ein besonders schwieriges Pflaster sei. Können Sie dem zustimmen?</b><BR />Pichler: Diese Feststellung kann ich nur bestätigen. Man ist sehr exponiert, bekommt die Rückmeldungen auf sehr direkte Art und Weise, wird ganz konkret mit den Einzelfällen konfrontiert. Mit all dem muss man umzugehen lernen. Mir wurde oft der Rat mitgegeben, mir ein dickes Fell zuzulegen. Ich kann damit aber nicht recht viel anfangen, denn ich finde es wichtig, die Dinge mit der nötigen Empathie anzugehen. <BR /><BR /><b>Als Bürgermeisterin ist man die erste Adresse für Klagen und Probleme aller Art ...</b><BR />Pichler: Das Amt bringt es nun mal mit sich, dass wir Bürgermeister und Bürgermeisterinnen eine sehr große Verantwortung tragen. Wir bekommen gefühlt für sehr vieles, was Unzufriedenheit erzeugt, die Schuld in die Schuhe geschoben. Wir müssen vor Ort für vieles geradestehen, was wir gar nicht beeinflussen können – so ist das eben. Aber das Amt bringt natürlich auch viele schöne Seiten mit sich.<BR /><BR /><b>Was mögen Sie besonders an Ihrem Amt?</b><BR />Pichler: Wir können vor Ort an vielen Dingen arbeiten und diese umzusetzen versuchen. Gerade in der Gemeindepolitik tut man etwas für sein unmittelbares Umfeld, für die Anliegen der Leute im Dorf. Dabei bekommt man sehr wohl auch positive Rückmeldungen.<BR /><BR />Interview: Alex Zingerle <BR />